insomnium shadowsdyingsunDa war er also, der erste Line-Up-Wechsel seit dem ersten Album der Finnen. Nach Veröffentlichung ihrer fünften Scheibe "One For Sorrow" verließ Ville Vänni die Formation und wurde durch Markus Vanhala ersetzt, der auch noch bei den Landsleuten von OMNIUM GATHERUM in die Saiten greift. Ob es nun ein Problem ist, wenn ein Gitarrist bei zwei ähnlichen Bands aktiv ist, muss sich zeigen. Neben der stilistischen Nähe ist auch das Bandalter, der bisherige Output und der Erfolgslevel nahezu identisch. INSOMNIUM schafften 2006 mit "Above The Weeping World" den Durchbruch auf kleiner Ebene und sind seitdem eine vielgebuchte Vorband und gern gesehener Gast auf Festivals. Mit dem letzten Album knackte man erstmals die deutschen Charts, nun soll es mit "Shadows Of The Dying Sun" in kleinen Schritten weiter nach oben gehen.

Dass die Truppe bislang noch nicht weiter oben auf der Erfolgsleiter ist hat sicherlich seine Gründe. Zwar heimst man genauso wie die im epischen Melodic Death beheimateten GHOST BRIGADE oder eben OMNIUM GATHERUM immer gute Kritiken ein, doch kommerziell zahlt sich das nicht unbedingt aus. Was mir immer fehlte war der Mut, vieles spielte sich zu sehr in der stilistischen Schnittmenge ab, ohne die extremen Ränder zu tangieren.
Wie ich schon beim Review zum vierten Longplayer "Across The Dark" anmerkte, pendelt man sich zu sehr zwischen Pathos und Rasanz, zwischen Hitpotential und Anspruch ein, ohne wirklich eine Seite zu bedienen. Das erinnert mich an die Menschen, die sich ein SUV zulegen und meinen, sie hätten mehrere Autos in einem. Sicherlich steckt in diesen Vehikeln von allem, von Off-Roader bis Familiyvan etwas drin, aber prinzipiell hat man gar nichts wirklich. Auf "One For Sorrow" lotete man die Grenzen ein wenig mehr aus, hatte aber mit einem etwas undifferenzierten Sound zu kämpfen.

Obwohl sich an den Produktionsparametern wenig geändert hat, ist dieses Manko auf dem neuen Werk beseitigt. Und das tut "Shadows Of The Dying Sun" gut, denn so können sich die großen Melodien besser entfalten. Melodien, welche die Weite Finnlands ebenso in sich tragen wie die Melancholie der endlosen Winternächte in diesen Gestaden. Das große, epische Element, die wunderbaren Klangflächen war stets eine der Säulen im Sound von INSOMNIUM. Doch bislang kam man nicht auf den Punkt, viele Stücke wirkten wie ein langes Intro, zu dem sich leider kein Höhepunkt fand. Auch „The Primeval Dark" legt eher zögerlich los, die Harmonien sind verhallt im Hintergrund, während die Grunts eher Klangfarbe als führend daher kommen.

Richtig zündet „Shadows Oft he Dying Sun" erst mit „While She Sleeps", bei dem schnelle Leads den Zug nach vorne verspüren. Trotz aller Rohheit sind die grollenden Vocals von Niilo Sevänen dennoch sehr melodisch und songdienlich. Noch griffiger fällt die erste Single „Ephemeral" aus, die ungewöhnlich direkt und kompakt ist und gerade mal die Vier-Minutengrenze knackt. "While She Sleeps" mündet gegen Ende noch in einen äußerst ruhigen Part, der in ein warmes, gefühlvolles Solo mündet, wie man es eher aus dem Neoprog her kennt.
Dabei werden Motive verarbeitet, die in den härteren Passagen des Songs schon vorkommen. Zu diesem Stilmittel greifen die Finnen öfter, was den Wiedererkennungswert und den eigenen Charakter der Songs stärkt. Ähnliche Kontraste zeigen sich in "Revelation", wenn der schleppende Gesang die forsche Gangart konterkariert. Doch auch im weiteren Verlauf wird öfter so arrangiert. Der ausufernde "The Promethean Song" beginnt mit flirrender schwarzer Härte, stellt dann im Mittelteil die Folkeinflüsse sehr deutlich heraus.

Am stärksten werden die Gegenpole bei zwei Songs in der Mitte des Albums ausgelotet. Zuerst ist das düstere "Black Heart Rebellion" mit seinen Blasbeats die womöglich härteste Nummer, welche INSOMNIUM je aufgenommen haben Bei "Lose The Night" handelt es sich direkt im Anschluss um eine Ballade, die ein wenig an "Silent Waters" von AMORPHIS erinnert. Ähnlich zart präsentiert sich noch am Ende der Scheibe der sphärische Titelsong.
Damit gerät "Shadows Of The Dying Sun" zum zwingendsten Werk im Schaffen der Truppe. Knackiger, nachvollziehbarer und eingängiger als ihre alles andere als schwachen Vorgänger, können die Vier nun hier endlich ihre kompositorische Reife voll ausspielen. Für die Stadien wird das nicht reichen, aber die erste Headlinertour durch die Clubs dürfte drin sein. (Pfälzer)

Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 57:06 min
Label: Century Media
Veröffentlichungstermin: 25.04.2014

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