Heart - Jupites Darling/Red Velvet Car (Re-Release)

heart 2erboxDie Kanadier scheinen endlich wieder komplett auf dem Damm zu sein, denn so umtriebig waren HEART seit ihrer Hochphase vor 25 Jahren nicht mehr. Zwei Alben innerhalb von zwei Jahren und gut ein Jahr später eine DVD eines aktuellen Gigs sind mehr als in den letzten 20 Jahren davor. Nachdem ihr Melodic Rock der späten Achtziger nicht mehr gefragt war, verprellten die Wilson-Schwestern viele Fans mit dem arg kruden "Desire Walks On". Als niemand mehr damit rechnete, erschien 2004 "Jupiters Darling", mit dem sie auch in Europa tourten. Die Scheibe wurde nun als Teil eines Doppel-CD-Sets wiederveröffentlicht, auf dem anderen Rundling befindet sich der Nachfolger "Red Velvet Car", auf den die Anhänger immerhin sechs Jahre warten mussten. Dieser leitete den neuen kreativen Höhenflug ein, der die Truppe hoffentlich auch auf dem alten Kontinent landen lässt.

Auf der ersten Scheibe in dem Pack gehen HEART nach außerordentlich und auch weniger geglückten Experimenten zurück zu ihren Anfängen in den Siebzigern. Die Mischung aus Blues, Folk, Americana, Singer/Songwriter und Hardrock, welche sie auf Werken wie "Little Queen" oder "Dog & Butterfly" zelebrierten prägt auch erstmalig seit "Bebe Le Strange" wieder die Musik der Kanadier über die komplette Albumlänge. Schon das folkige "Make Me" gibt die Richtung vor, während das folgende "Oldest Show In The World" den rockigen Gegenpart bildet. Zwischen genau den beiden Polen pendelte die Truppe stets hin und her.

Schon beim Opener zeigt Gitarristin Nancy Wilson ihre Künste auf der Zwölfsaitigen, die sie hier wunderbar verspielt erklingen lässt. Auch Stücke wie "I Need The Rain" oder "Led To One" leben von diesen akustischen Klängen, die mehr als einmal an das dritte Album des britischen Luftschiffes denken lassen. Ihre Arrangierkunst beweisen die zwei Schwestern und ihre musikalischen Begleiter auch bei "Fallen Ones", welches bei den Bonustracks auch stromlos dargeboten wird und in beiden Fassungen seinen Reiz besitzt. An ihre AOR-Phase erinnert kaum noch etwas, höchstens der eingängige Hardrocker "Vainglorious". Dazu gesellen sich viele verschiedene Einflüsse wie etwa das orientalische Flair von "Down The Nile".

In die Problemzone schliddert "Jupiters Darling" allerdings aufgrund der ausufernden Quantität, hier wäre weniger mehr gewesen. Aufgrund der vielen stilistischen Auswüchse wirkt das alles ein bisschen unentschlossen, man hat den Anschein, dass hier alles auf den Longplayer gewuchtet wurde, was in den letzten elf Jahren komponiert wurde. Aus dem heterogenen Bild klingen auch verschiedene Stimmungen, was die Theorie noch weiter untermauert. Es wäre besser gewesen, das Material, welches für sich genommen gut ist, über die Jahre auf mehreren Veröffentlichungen zu verteilen. Auf die komplette Länge vermag es nicht zu fesseln, was für mich, der Langeisen bevorzugt am Stück hört, nicht gerade angenehm ist.

Da zeigt sich beim vor gerade mal vier Jahren erschienenen Dreher doch ein anders Bild. Die Songanzahl wurde um ein Drittel reduziert, was der Vielfalt keinen Abbruch tut. Dadurch wirkt "Red Velvet Car" kompakter, mehr auf den Punkt gebracht und in seiner Gesamtheit stärker, weil die Songs für sich besser wirken können. Hier springt der Funke über, der scheinbar auch wieder das Feuer in der Formation entfacht hat. Wie schon bei der ersten Scheibe des Doppelpacks lassen es HEART ruhiger angehen, "There You Go" könnte von den Gitarren und der Rhythmik her von den DIRE STRAITS stammen. Dafür kracht "WTF" dann los, atmet aber in der Mitte auch etwas durch, was ein Zeichen für die Ausgefeiltheit der Kompositionen ist. Bei dem Stück macht sich erneut die Nähe zu LED ZEPPELIN bemerkbar, wie auch beim folgenden Titelsong. Hier verzaubert einem schöner akustischer, im Refrain auch geigenverhanger Blues.

Nancy Wilson demonstriert hier ihre Fähigkeiten an den sechs Saiten, die sich vor allem im Gefühl und nicht in technischen Kabinettstückchen offenbaren. Überhaupt scheint Akustik Trumpf zu sein auf dem Album, auch wenn es beileibe nicht ruhig ist, wie etwa das flotte "Wheels" zeigt. Vor allem der akustische Bass von Ric Markmann erzeugt eine ungeheure Tiefe und Wärme, welche heutzutage vielen Produktionen fehlt.
Auch der Rest ist von diesen Beiträgen geprägt, ob beim sehr folkigen "Queen City" oder "Sunflower", welches sehr gut in die Flower Power-Zeit gepasst hätte. Ganz besonders profitiert "Safronia´s Mark", das ein wenig Achtziger-Vibes versprüht, aber durch die Mandoline ganz neue Aspekte erhält. Die Stimmung auf "Red Velvet Car" lässt auch das düstere "Death Valley" noch wohlig wirken. Und am Ende macht das getragene "Close To The Sun" den wunderbaren Rausschmeißer.

Die beiden Rundlinge erscheinen als Doppel-CD in klassischer Jewel Case-Hülle. Beide Originalfrontcover bleiben erhalten, ebenso sind die kompletten Booklets abgedruckt. Diese findet man in einem Wendebooklet wieder, bei dem man ab der Mitte die andere Seite auf dem Kopf stehend wieder findet. So kann jeder sein Lieblingsartwork vorne hin drehen. Da vor allem die zweite Scheibe sehr empfehlenswert ist und das Set im Midprice-Sektor auf den Markt kommt, sollten hier nicht nur Sammler und Fans zugreifen. (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 18 / 12
Spielzeit: 69:31 min / 45:05 min
Label: Eagle Records
Veröffentlichungstermin: 17.01.2014

 

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