Nightwish - Showtime, Storytime

nightwish showtimestorytimeDass so ziemlich alles, was NIGHTWISH anfassen, zu Gold wird, das haben sie in der Vergangenheit hinlänglich bewiesen. Deshalb könnte man dieses Review eigentlich ganz schnell beenden und ein „gelungen“ drunter schreiben. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Denn NIGHTWISH haben ein ähnliches Problem wie König Midas. Gold kann man nicht essen. Im Falle von NIGHTWISH betrifft das einen der wichtigsten Posten in der Band: Den Gesang.

Hatte man als Fan gerade das Trauma der ersten Tour mit einer wirklich grauenvoll singenden/schreienden Anette Olzon überwunden, ja sich sogar an die Schwedin gewöhnt, so folgte auf der letzten Tour der nächste Hammer. Von Tarja hatte man sich ja immerhin mit einem Paukenschlag inklusive medialer Schlammschlacht verabschiedet. Anette Olzon hingegen wurde klammheimlich auf laufender Tour abserviert. Irgendwie scheinen NIGHTWISH ein Problem mit ihren Sängerinnen und im Umgang mit selbigen zu haben.

Und so lange die Suche nach einer Nachfolgerin für Tarja Turunen gedauert hat, so schnell hatte man einen Ersatz für Anette Olzon und zauberte binnen weniger Stunden Floor Jansen, bekannt von niederländischen Formation AFTER FOREVER, aus dem Hut. Damit stellt „Showtime, Storytime“ nicht nur ein weiteres Livealbum, eine weitere Best Of der Finnen dar, sondern ist der erste Tonträger auf dem man Floor Jansen als Sängerin von NIGHTWISH hören kann.

Man mag mir jetzt vorwerfen, daß ich etwas voreingenommen bin, denn ich mochte AFTER FOREVER nie. Aber mal sehen, was Floor so drauf hat. Mitten in „I Wish I Had An Angel“ lustig jauchzen mit Marko Hietala kann sie schon mal. Und ich sag's jetzt einfach mal wie es ist: Floor Jansen kann mich nicht überzeugen. Aber hey, als ich Anette Olzon zum ersten Mal live mit NIGHTWISH gesehen habe, da haben sich mir die Fußnägel gerollt und ich hatte öfter mal 'nen Würgereiz – trotzdem mochte ich sie auf Platte und der letzten Tour. Man kann und darf als Sänger ja auch durchaus mal einen nicht so guten Tag haben bzw. sich weiter entwickeln.

Ich muß Floor Jansen zugestehen, daß sie deutlich besser zu den alten (Tarja-) Songs paßt und sie natürlich höher als Anette singen kann. Bei „She's My Sin“ oder „Bless The Child“ kommt sie sogar verdammt nah an Tarja. Trotzdem fällt auf, daß sie in den Höhen einige Schwächen zeigt und dort ziemlich oft zum Schreien neigt. Daß das nicht sein muß, zeigt sie bei „Ghost Love Score“, das sie auch wieder richtig gut singt – weil sie in den Höhen nicht ganz so laut, aber dafür eben sauber singt. Auch fehlt mir bei manchen Songs, wie z.B. „Nemo“ die Emotion, die eine Tarja Turunen in die Songs legen konnte.

Ich komme daher zu dem Fazit, daß ich Tarja Turunen noch immer für die beste NIGHTWISH-Sängerin halte. Trotzdem denke ich, daß ich auch mit Floor Jansen leben kann. Wenn sie denn bitte aufhört, in den Höhen zu schreien oder wie z.B. bei „Ghost River“ versucht, besondere Brutalität in ihre Stimme zu bringen. Klingt einfach scheiße.

Aber daran sieht man auch, daß dies eine richtige Liveaufnahme ist und nichts glattgebügelt oder herausgeschnitten wurde. Auch von der Band sind mal kleine Schnitzer drin, Floors Versprecher vor „Nemo“ ist mit drauf und auch Marko singt nicht immer so gut wie er es eigentlich kann. Aber dafür ist es eben live. Das hört man und das ist auch gut so, denn glattgebügelte Livealben sind so ziemlich das sinnbefreiteste seit der Erfindung von Astrokondomen.  

Meine persönlichen Highlights auf der Scheibe sind Marko Hietalas wunderbar romantische Ansage für „Romanticide“, in der er in einem anschaulichen Beispiel mittels Currywurst erklärt, was man sich unter „Romanticide“ so vorzustellen hat (herrlich!) sowie „Amaranth“, bei dem das Publikum ohne besondere Aufforderung ganze Passagen mitsingt und damit für Gänsehautatmosphäre sorgt.

Insgesamt ist „Showtime, Storytime“ das Album geworden, das man von NIGHTWISH erwartet. Nahezu perfekt, eine gute Gelegenheit, Floor Jansen als Sängerin kennenzulernen und natürlich die Audioversion zur gleichnamigen DVD. Ob man jetzt lieber die DVD oder nur die Scheibe haben muß, das muß natürlich jeder für sich selbst entscheiden. (Anne)


Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 16
Spielzeit: 95:40 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 29.11.2013

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