airbag thegreatestshowAuf die Band wurde ich vor Jahren nur aufmerksam, weil deren Promo im Verteiler lag. New Artrock aus dem unerschöpflichen Pool skandinavischer Bands, veröffentlicht von Karisma Records, die zu der Zeit einige starke Acts am Start hatten. Trotz des etwas merkwürdigen Namens konnten mich AIRBAG mit ihrem Debüt "Identity" voll überzeugen. Obwohl die Herren schon länger zusammen spielen, dauerte es eine gewisse Anlaufphase bis dieses erschien. Zwei Jahre später schoben sie "All Rights Removed" nach, das sich vor allem durch längere Songs unterschied. In welche Richtung werden die Norweger auf "The Greatest Show On Earth" gehen?

Schon die ersten Töne des kurzen Instrumentals "Surveillance Part 1", dessen zweiter und dritter Teil am Ende des Albums folgen, machen deutlich, dass sie sich immer noch im Grenzbereich zwischen klassischen Artrock und der zeitgemäßen Variante aufhalten. Doch auf ihrem neuesten Werk nutzen sie auch das Stilmittel von Klangwänden, wie sie prägend für den Postrock sind. Immer mehr Schichten türmen sie aufeinander, errichten riesige Gebilde, um sie dann urplötzlich einzureißen.
Bei "Redemption" erhebt sich schon der Refrain zu einem solchen Ungetüm, bevor man etwas unsanft herunter gestoßen wird ins Tal der Stille. Daraus erhebt sich ein schweres, monolithisches Riff aus dem Fundus von PORCUPINE TREE, welches den Basslauf des ruhigen Beginns aufnimmt. Doch keine Sorge, AIRBAG verlassen die Komfortzone des Wohlklangs weiterhin nicht, nehmen den Hörer immer noch sanft gefangen. Am Ende fällt man nicht von der Mauer, sondern gleitet auf den Schwingen einer hochemotionalen Leadgitarre hinab.

Mit den etwas kantigeren Gitarreneinsätzen verbreitern sie ihre Dynamikpalette nur noch weiter, auf der anderen Seite steht fast völlige Leere und Ruhe. Dann, wenn die Musiker nur noch zwischen ein paar vereinzelten Tönen irrlichtern. Eigentlich wirkt das gesamte Werk wie eine Reise, es bricht herkömmliche Songstrukturen komplett auf. Die Entwicklung war schon auf dem Vorgänger zu beobachten und wurde hier konsequent weiter verstärkt.
Im Gegensatz zum songorientierten Erstling gibt es keine betörenden Art Popmelodien mehr, überhaupt halten sich die Gesangsbeiträge von Asle Torstrup in einem kleinen Rahmen, die instrumentale Seite der Formation wird immer mehr zur tragenden Säule. Das gilt allerdings nur für die melodieführenden Instrumente, denn auch die Rhythmusmuster sind arg reduziert. Manchmal flackern nur ein paar elektronische Spuren durch die Szenerie, alles wurde der Atmosphäre untergeordnet.

Auf der Reise durch "The Greatest Show On Earth" begegnet man Bergen von verträumten Melodien, die oft fast selbstverloren wirken. Die Band scheint sich dessen aber ganz genau bewusst zu sein, stilisiert dieses gedankenverlorene zum Ausdrucksmittel. Es ist völlig egal, wo man einsteigt oder wo es endet, man wird direkt hineingesogen und mitgenommen. Songtitel sind irrelevant, die Dynamik schwillt an und fällt zusammen, in den ruhigen Momenten weiß man nicht, ob der Song endet oder sich noch einmal aufbäumt, doch das ist vollkommen unwichtig, der Trip geht einfach weiter.

Weiter durch psychedelische Muster, durch weite Landschaften und wunderschöne Klangmalereien, mehrmals kreuzt man das floydsche Paralleluniversum und befindet sich die ganze Zeit im Schwebezustand. Und doch bewegt sich immer etwas, viele kleine Details sorgen für zusätzliche spannende Momente, sorgsam eingestreute Motive wie Orgel - oder Synthietupfer geben dem ständig mäandernden Fluss ihren Lauf. Diese verändern den Soundstrom mal mehr, mal weniger, werden zum Führungsthema oder nur zur Randnotiz, die man passiert. Was als nächstes kommt ist schwer zu sagen, aber man wartet gespannt drauf, und dennoch fühlt man keine Anspannung, sondern nur Leichtigkeit. Wenn dann nach ein paar verhallten Pianonoten alles zu Ende ist, fühlt man sich, als wache man aus einem Traum auf und hat erstmal Probleme sich in der Wirklichkeit wieder zurecht zu finden. (Pfälzer)

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 6
Spielzeit: 50:22 min
Label: Karisma Records
Veröffentlichungstermin: 18.11.2013

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