Heart - Original Album Classics

Heart - OAC-1Frauen im Rockbereich sind heute immer noch klar die Minderheit, in den Siebzigern war die Quote sogar noch geringer. Die Wilson-Schwestern haben damals für ihre Geschlechtsgenossinnen einige Türen geöffnet und gezeigt, dass das die holde Weiblichkeit durchaus in der Lage ist selbstständig große Musik zu erschaffen. Seit Beginn der Siebziger sind Sängerin Ann und Nancy an der Gitarre unterwegs und haben bis heute 14 Studioalben veröffentlicht. Da die beiden Kanadierinnen nach längerer Pause in den letzten Jahren wieder verstärkter aktiv sind, war es zeit sich ihrer Karriere genauer zu widmen. Das kann man nun in Form dieser Fünf-CD-Box der "Original Album Classics"-Reihe tun, welche die Zeit von Mitte der Siebziger bis Anfang der Achtziger umfasst.

Wie üblich in bei diesen Boxen werden die einzelnen Scheiben jeweils in Cardsleeves verpackt. Das Debüt "Dreamboat Annie" befindet sich nicht in dieser Zusammenstellung, welche im Gegensatz zu anderen Produkten der Reihe keine chronologisch hintereinander folgen Alben beinhaltet. So macht das Zweitwerk "Little Queen" hier den Anfang, der bei dem 1977er-Dreher ein wenig irreführend ist. Die Staccatos und der Sirenengesang, welche den Opener "Barracuda" zu einem Klassiker gemacht haben, geben keinen Hinweis auf den Rest des Werkes. Den dieses fällt deutlich ruhiger aus, LED ZEPPELIN waren ja seit jeher die großen Vorbilder, hier vor allem die Phase ihres dritten und vierten Longplayers. Akustische Gitarren stehen im Vordergrund und hier kann Nancy Wilson unverfälscht zeigen, was sie an ihrem Instrument drauf hat. In Liedern wie "Love Alive", "Sylvan Song" oder dem Titeltrack zelebrieren HEART eher ihre Mischung aus Folk und Blues und lassen bis auf "Kick It Out" den Hardrock komplett außen vor. Ergänzt wird die Scheibe in der Box von "Too Long A Time" und dem live eingespielten, gekonnten Cover von "Stairway To Heaven", welches sich in den Stoff ideal einfügte.

Nach dem im selben Jahr veröffentlichten "Magazine", mit dem es rechtliche Probleme mit dem Label gab, folgte 1978 der vierte Longplayer. Hier ging es ein wenig rockiger zu, aber die beiden Albumhälften von "Dog & Butterfly" boten jeweils ein völlig anders musikalisches Bild. Während es bei der ersten, "Dog" betitelten Seite um die elektrifizierten, kraftvollen Songs handelt, bietet die sinnigerweise "Butterfly" getaufte Kehrseite die ruhigen und akustischen Folkausflüge. Hier konnten vor allem der sanfte Titelsong sowie "Mistral Winds" überzeugen, welches abermals mit einer klaren Luftschiff-Schlagseite daher kam. Unter den härteren Titeln waren das lässige "Hijinx" interessant, während das melodische "Straight On" zum Hit wurde. Als Bonustracks gibt es eine Liveversion des flotten "Magazine"-Titels "Heartless", dessen federnder Basslauf heraus sticht. Dazu gesellen sich noch das bluesige "Feels" und das kurze Folkinstrumental " A Little Bit". Sämtliche Zusatzsongs dieser Box gab es aber bereits auf den 2004er Re-Releases.

Nachdem 1980 das Gründungsmitglied Roger Fisher ausgestiegen war, übernahm Howard Leese dessen Part, was sich auch auf die musikalische Ausrichtung auswirkte. Er war es, der die vielen Folkeinflüsse einbrachte und auch die Mandolinenparts speilte, die nun fehlten. So war es nicht verwunderlich, dass man nun deutlicher nach vorne agierte als auf den Vorgängerscheiben, "Bebe Le Strange" dürfte als das rockigste Werk in die Geschichte der Band eingehen. Dafür sorgten schon der eröffnende groovige Titelsong und vor allem "Break", das fast schon mit dem, zu der Zeit populären Punk kokettierte.
Die Hitsingle "Even It Up" wartete mit lässigem Südstaaten-Swamp auf, "Raised On You" mit einer dominierenden Pianolinie und im bluesigen "Down On Me" packt Nancy Wilson endlich mal eine feine Leadgitarre aus. Für Fans der frühen HEART-Werk gibt es ein paar ätherische Folkstücke wie "Silver Wheels" und die LED ZEPPELIN-Homage "Rockin´Heaven Down". Als Zugaben befinden sich noch das ebenfalls rockige Studioouttake "Jackleg Man" sowie eine Live-Version von "Break" auf dem Silberling.

Die Pianolinien, die erstmals auf dem Vorgänger auftauchten, fanden dann bei "Private Audition" verstärkt Verwendung, sowohl das Titelstück als auch "One Word" sind auf diesen aufgebaut. Auch sonst vollzog sich 1981 der musikalische Wandel weiter, die immer größere Verbreitung des Stadionrock kam auch bei HEART an. "City´s Burning" treibt für einen Eröffnungstrack gewohntermaßen gut nach vorne, doch schon das folgende "Bright Light Girl" hat einen starken Pop-Appeal und dezente Sixties-Anleihen, was auch "This Man Is Mine" zutrifft. "The Situation" und "Fast Times" mit seinen Synthies schielen eindeutig in Richtung JOURNEY, STYX und Konsorten. Sind diese Nummern allerdings gelungen, so stören die arg kitschigen Streicher in "Hey Hey Darlin" und dem Rausschmeißer "America" doch ein wenig. Lediglich "Perfect Stranger", eine dieser typischen ruhigen Folklieder erinnert an die ersten Scheiben.

Mit der neuen Rhythmustruppe um Drummer Denny Carmassi (Ex-MONTROSE, -SAMMY HAGAR) und Mark Andes veränderte sich 1983 die Musik weiter. Die bange Frage, welche sich Altfans beim Release von "Passionsworks" stellten, war ob für sie noch etwas auf der Scheibe zu finden sein wird. Überraschenderweise sogar mehr wie auf dem Vorläufer, wie etwa bei "Johnny Moon" oder "Together Now". "Blue Guitar" und "Love Mistake" schlagen in eine ähnliche Kerbe, wenn auch mit kommerziellerem Anstrich. Den Löwenanteil haben hier aber die Melodic Rocksongs wie der treibende Opener "How Can I Refuse" und der Stadionrocker "Sleep Alone" mit dem bislang knalligsten Chorus der Bandgeschichte. Von einer tollen Dynamik ist die Johne Waite-Komposition "Allies" geprägt, ruhige Pianoklänge explodieren im großen Refrain. Am Ende ziegen die dominanten Synthesizer und elektronischen Drums in "Ambush", dass HEART endgültig in den Achtzigern angekommen waren.

Die beiden letzten Platten dieser Zusammenstellung kommen ohne Bonustrack daher. Beide fielen seinerzeit, speziell bei "Passionworks" unverständlicherweise bei der Hörerschaft durch. Das Problem war damals vor allem die Unentschlossenheit zwischen Verharren in der eigenen Vergangenheit und der Hinwendung zum melodischen Hardrock, was die Werke aber qualitativ nicht wirklich stört. Erst als man sich in der zweiten Hälfte der Achtziger konsequent dem AOR verschrieb, kehrte der Erfolg zurück. Nicht nur dass, die Verkaufszahlen der, in der Box befindlichen Siebziger-Klassiker wurden sogar getoppt und auch in Europa konnte man endlich in die absolute Top-Riege vorstoßen. Doch dies ist eine andere Geschichte! (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 12 / 11/ 12 / 11 / 11
Spielzeit: 52:09 min / 50:25 min / 44:09 min / 40:34 min / 42:23 min
Label: Epic / Sony
Veröffentlichungstermin: 13.09.2013

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