Loverboy - Original Album Classics

loverboy originalalbumsIm Gegensatz zu vielen anderen Vertretern der großen Zeit des AOR, waren LOVERBOY noch nicht in den Siebzigern aktiv. Während STYX oder JOURNEY ihre Karrieren langsam aufbauten, starteten die Kanadier direkt durch. Schon mit dem sich auf dem Debüt befindenden "Turn Me Loose" landeten sie einen Megahit, den sie trotz vieler weiterer Top-Singles nie mehr steigern sollten. Nach fünf Alben in den Achtzigern trennte sich die Formation 1988, fand aber zehn Jahre später mit weitaus geringerem Erfolg wieder zusammen. Seitdem lässt man es vor allem Veröffentlichungstechnisch ruhig angehen, im letzten Jahr erschien mit "Rock´n´Roll Revival" eine Compilation mit Neueinspielungen, was belegt, dass man vornehmlich von der Vergangenheit lebt. Die wurde nun in Form der allseits beliebten "Original Album Classics" neu aufgelegt.

In dieser Box befinden sich die ersten fünf Alben in Cardsleeves, deren Cover dem Originalartwork nachempfunden ist. Den Anfang macht hier das selbst betitelte Debüt von 1980, welches zumindest noch ein wenig vom vorher gehenden Jahrzehnt inspiriert wurde. Die Pianolinie in "Prissy Prissy" hätte so von den ersten beiden TOTO-Scheiben stammen können, und auch das leicht funkige "Lady Of The 80´s" weist Seventies-Anleihen auf. Doch der ureigene Stil von LOVERBOY schält sich auch hier schon heraus, wenngleich noch nicht völlig ausgereift. Der Erstling wird vom treibenden "The Kid Is Hot Tonite" eröffnet, das seinerzeit ein weiterer Hit wurde.
Doch nichts im Vergleich zur absoluten Überhymne, welche den Stil der Truppe nachhaltig prägen sollte. Diese prägnanten Riffs, der pumpende Bass sollten ebenso den Weg weisen wie der hymnische Stadionchorus. Weiterhin dürften noch das melancholische "Always On My Mind" oder "D.O.A." mit seinen markanten Synths interessant sein. Mike Reno, Paul Dean und Co. hatten bei "Loverboy" das Glück mit Bruce Fairbairn (AC/DC, AEROSMITH, BON JOVI), Bob Rock (METALLICA, BON JOVI, MÖTLEY CRÜE) und Mike Fraser (RUSH, POISON, AEROSMITH) ein Produzententeam aus lauter Könnern hinter sich zu haben, das ihnen einen perfekten Sound hinzauberte.

Ein Jahr später erschien dann mit "Get Lucky" bereits das Referenzwerk der Band schlechthin. Erneut saß das Trio, welches in den Achtzigern zu den gefragtesten Adressen gehörte an den Reglern. Das Album ist das erfolgreichste und dichteste in ihrer Discographie, warf mehrere Hits ab, wenn auch keiner so nachhaltig durch die Decke ging wie "Turn Me Loose". Der Opener "Working For The Weekend" wird mit seiner Synthesizerlinie auf ewig an zweiter Stelle stehen, wenn der Name LOVERBOY fällt. Doug Johnson vermochte sein Instrument sehr führend einzusetzen, während viele ähnliche Acts die Keyboards nur zur Untermalung oder zum Weichspülen benutzten.
So entstand dieser typische Stil, welcher sich von der Konkurrenz absetzte und der Band die Relevanz verlieh sich gegen die etablierten Bands zu behaupten. Hier zeigten sich die spärlichen, aber effektvollen, teils schon arroganten Arrangements in ihrer Perfektion. "When It´s Over", "Lucky Ones" und "Take Me To The Top" allesamt Hits sind Musterbeispiele für die typischen schweren, stoischen Stampfer, die in großen Refrains münden. Und "Jump" rockt obendrein noch unwiderstehlich nach vorne, so stark präsentierte sich die Formation nie mehr.

Von den ganz klassischen Songs findet man auch auf dem Nachfolger von 1983 mit "Strike Zone" und "Meltdown" noch einige. Die großen Hits von "Keep It Up" waren allerdings erneut der Opener, das von flotten Synthesizern getragene "Hot Girls In Love" sowie "Queen Of The Broken Hearts", welches aber "Working For The Weekend" ein wenig zu sehr zitierte. Mit dem effektbeladenen "Chance Of A Lifetime" kommt man zudem ein wenig in die Nähe der Landsleute von SAGA.
Völliges Neuland betrat man ungewöhnlicherweise mit der ersten Ballade "It´s Never Easy", normalerweise gehört das ja zum Standardprogramm von Melodic Rockacts. Beim Stadionrocker "Prime Of Your Life" verwässerten auch erstmals ein wenig die Keyboards den ansonsten starken Song. Damit war der Weg in eine seichtere Richtung vorgezeichnet, dennoch eine sehr runde Angelegenheit, die Fairbairn im Alleingang an der Seite von Gitarrist Paul Dean betreute.

Zu dem Problemfall mutierte dann "Lovin´Every Minute Of It", dessen eröffnender Titelsong recht effekthascherisch wirkt. Dank typischer Trademarks und des wuchtigen Refrains wurde die Nummer 1985 dennoch ein Erfolg. Doch auch die harten Rocker wie "Steal The Thunder" und "Friday Night" konnten nicht über ein paar Schwächen hinweg täuschen. Auch der Produzent hatte seinen Hut genommen, wurde allerdings mit Tom Allom (JUDAS PRIEST, KROKUS, Y&T) sehr gut ersetzt.
Tiefpunkte waren sicherlich die New Wave-Anbiederung "Lead A Double Life" und die beiden Balladen. "This Could Be The Night" nahm "Heaven In Your Eyes" vom "Top Gun"-Soundtrack vorweg und war typisches Radiofutter, mehr noch "Destination Heartbreak" mit seinen weiblichen Backgroundgesängen. Zwar konnte der tolle Stadionhymne "Dangerous" noch einiges heraus reisen, es bleibt für mich die schwächste LOVERBOY-Scheibe.

Die Truppe musste nun etwas ändern und tat das 1987 auch, indem sie Bruce Fairbairn zurück holte und wieder ein wenig knackiger zu Werke ging. Doch nicht nur das war auf "Wildside" anders, denn sie verabschiedeten sich ein Stück weit von ihrem typischen Stil und setzten auf eine flüssigere Melodieführung. Davon profitiert schon der Opener, die Bon Jovi/Sambora-Komposition "Notorious", die ebenso wie "Walk On Fire" mit Mundharmonikaeinsatz überrascht. Richtig gelungen sind die Fanfare "Break It To Me Gently" und die Stadionhymne "Love Will Rise Again". Das pumpende "Can´t Get Much Better" knüpft sogar an beste Zeiten an.
Andere Songs bringen einen für LOVERBOY bislang unbekannten Groove herein, das Titelstück und "That´s Where My Money Goes" warten sogar mit Bläsereinsätzen auf. Wie in den Zeiten üblich wurde die Ballade des Albums hinten angehängt, mittendrin hätte der Dramaturgie besser getan. Ein Jahr später trennten sich die Jungs, was eigentlich sehr schade war, denn bislang war man mit einem stabilen Line-Up unterwegs. Vor allem unter dem Hintergrund, dass man sich musikalisch wieder steigern konnte, was allerdings den stark nachlassenden Erfolg nicht kaschieren konnte.

An Bonusmaterial bietet diese Box sehr wenig, nur auf "Lucky Ones" finden sich ein paar Extras. Da dürften vor allem die akustischen Demos interessant sein, zeigen sie doch, dass der Kompositionsstil der Band auch in einem völlig anderen Kontext klar zu erkennen ist. Die übrigen Demotracks sind nur rohere Versionen späterer Albumtitel. Warum man es nicht geschafft hat, die Ballade, welche bislang nur auf dem Filmsoundtrack erhältlich war auf die Scheibe zu wuchten, muss man allerdings nicht verstehen, ist das Lied doch einer ihrer größten Hits. Aber das ist das Einzige, was hier fehlt, eigentlich reicht diese Box von einer der größten AOR-Acts völlig aus und ist mehr als nur ein Sammlungseinstieg. (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 9 / 13 / 9 / 9 / 11
Spielzeit: 40:13 min / 52:49 min / 38:39 min / 38:20 min / 48:43 min
Label: Columbia / Sony
Veröffentlichungstermin: 13.09.2013

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