W.E.T. - Rise Up

wet_riseupEin wenig seltsam mutet die Buchstabenkombination W.E.T. schon an, bei genauerem Hinsehen entpuppt diese sich als Anfangsbuchstaben der Stammcombos der kreativen Kräfte. Der Kern der Truppe besteht aus dem Keyboarder Robert Säll von WORK OF ART, dem Gitarristen und Bassisten Erik Martensson von ECLIPSE, sowie dem Sänger Jeff Scott Soto, der seine meisten Platten mit TALISMAN eingespielt hat. Während die beiden Instrumentalisten sich bislang eher als Komponisten für andere Acts einen Namen machten, schwang der Frontmann schon bei so illustren Acts wie JOURNEY oder YNGWIE J. MALMSTEEN das Mikro. Ihr selbstbetiteltes Debüt stufte ich 2009 noch unter kurzlebiges Projekt ein, weswegen ich mich nicht weiter dafür interessierte. Nachdem mir viele Genreanhänger von dessen Qualität vorgeschwärmt haben, wollte ich mal sehen, was ich verpasst habe und nahm das Zweitwerk „Rise Up" genauer unter die Lupe.

Und es scheint einiges zu sein, was mir da entgangen ist. Bei der Fülle an Melodicrockbands aus Skandinavien und Südeuropa heutzutage darf man skeptisch sein, aber schon der Opener zeigt, dass hier Könner am Werk sind. Das flotte „Walk Away" hätte auch qualitativ problemlos auf „Raised On Radio" der amerikanischen AOR-Großmeister, denen Soto kurzzeitig vorstand gepasst. Das Ganze wurde wie das komplette Album mit ein wenig Zuckerguss überzogen, aber die Produktion hat dennoch mächtig Dampf.

Vom Eingangsriff noch ein wenig knackiger kommt „Learn To Live Again" um die Ecke, doch die Qualitäten offenbaren sich erst in den knalligen Arrangements der Strophen und den mehrstimmigen Vocals im Chorus. Das ist der Stoff, aus dem in den Achtzigern Megaseller gemacht wurden, trotz der weichgespülten Sounds rockt das Ding ohne Ende. Das schreit nach 160 auf der Landsraße, nach Stadion, nach purer Lebenslust. Was für ein Smasher!

Gerade in der vielstimmigen Gesangsarbeit, in die sich vor allem noch Erik Martensson einbringt, liegen die Stärken der Truppe. Nachzuhören in dem lässigen „What You Want" oder dem von Leadfills getriebenen Rocker „The Moment". Auch bei dem schwerfälligeren, von Keyboardschwaden geprägten „On The Run" oder dem melancholischen „Shot" explodieren die Refrains förmlich.
Richtig rauchen tut „Rise Up" lediglich beim programmatisch betitelten „Bad Boy", hier dröhnt die Orgel, der Schmutz des Highway wird greifbar. Säll, Martensson und der zweite Gitarrist Magnus Henriksson scheinen auch beim Thema Harmonielehre gut zugehört zu haben. Sie spielen sich die Melodien schön zu, achten dabei aber genau darauf nichts zu überfrachten, die Konzentration auf das Wesentliche erzeugt dabei noch mehr Wirkung.

Dabei würde alleine schon die Gesangsleistung von Jeff Scott Soto reichen, was er in der Strophe des Titeltracks an Phrasierungen hinzaubert, ist große Klasse. Und wenn dann noch das Riff vorm ersten Chorus losdonnert, fühlt man sich an EUROPE zu besten Zeiten erinnert. Natürlich darf man von W.E.T. keinen großen musikalischen Tiefgang erwarten, hier steht der Spaß im Vordergrund, wie beim sonnigen, an TYKETTO erinnernden „Broken Wings". Durch den Umstand verlieren lediglich die zwei Balladen „Love Heals" und „Still believe In Us" ein wenig, die hätten eine Schippe Emotionalität vertragen können.

Das ist allerdings der einzige Kritikpunkt an dieser Scheibe, neben der Tatsache, dass das Rad keinesfalls neu erfunden wurde. Aber wen interessiert das angesichts von so großartigen Liedern, die kurz und knapp ohne Schnörkel auf den Punkt kommen. „Rise Up" läuft unbekümmert rein wie frisch Gezapftes, ein Fingerzeig des Sommers, dass der wirklich sehr graue und triste Winter endlich verschwinden soll. Den idealen Soundtrack dafür haben wir schon. Jetzt muss ich nur noch meine Versäumnisse nachholen und hoffen, dass das nicht das letzte Werk dieser Jungs ist. (Pfälzer)

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 47:29 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 22.02.2013

Kategorie: CD-Reviews