Stratovarius - Nemesis

Mehrfach-Wertung der Redaktionstratovarius_nemesisSo, nun ist es also soweit. Das erste STRATOVARIUS-Album ohne Jörg Michael steht in den Startlöchern. Gut, viel geändert haben wird sich nicht, aber es ist dennoch in gewisser Weise ein Meilenstein. In der jüngeren Vergangenheit hatten die Finnen mehr Tiefen als Höhen zu überwinden, aber allmählich scheint es mit der Band wieder aufwärts zu gehen. Trotzdem konnten mich die letzten beiden Alben der Band nicht überzeugen. Aber als alter Fan gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß da doch noch was kommt.

Sieht man das Cover, das definitiv das brutalste und düsterste in der Bandgeschichte ist, so erwartet man auf jeden Fall ein sehr dunkles Album. Doch der Opener „Abadon“ ist alles andere als das. Ein fast schon fröhlicher Song macht den Auftakt, und der ist eigentlich gar nicht so schlecht. Wären da nicht Chöre, Chöre, Chöre. Nichts gegen Chöre, aber in diesem Song ist Timo Kotipelto selten der einzige Sänger. Das schon bekannte „Unbreakable“ ist dann der zweite Song, eine weitere Beschreibung spare ich mir, die kann man hier nachlesen. Nur soviel: Es ist zumindest für mich der beste Song der Platte.

Aber natürlich ist „Unbreakable“ nicht der einzige gute Song auf „Nemesis“. Positiv stechen auch „Fantasy“, das an alte STRATOVARIUS erinnert, „Castle In The Air“ (trotz einiger sperriger Parts, bei denen man sich fragt, ob die so sein müssen. Man weiß doch, was die Leute bei Strato so drauf haben, man muß es doch dem Hörer nicht mit aller Gewalt auf die Nase binden) oder die Ballade „If The Story Is Over“ heraus. Gerade der letztgenannte Song zeigt noch einmal, daß die Finnen auch wirklich gute Songs schreiben können. Ein schöner, dramatischer Song bei dem man sich von Gesang und Akustikgitarre allmählich zum vollen Instrumentarium hin steigert.

Aber es gibt auch einige Songs, die eher nach unten ausreißen. Zum Beispiel „Stand My Ground“, das mit seinen technoähnlichen Sounds mehr Angst macht als Genuß zu bereiten. Auch „Halcyon Days“, das am Anfang etwas an IN FLAMES erinnert ist eigentlich ganz gut – wenn Timo Kotipelto nicht teilweise mit verzerrter Stimme singen würde und wenn sich der Song nicht so unendlich ziehen würde. Das ist auch generell ein Problem auf „Nemesis“: An sich gute Songs werden mit aller Gewalt in die Länge gezogen, so daß sie ab einem gewissen Punkt einfach langweilen.

Was auch nervt, ist der übermäßige Einsatz von Chören, die gefühlt bei jedem Song,  immer und ständig im Einsatz sind und alles und jeden untermalen. Nix gegen Chöre, ich mag Chöre, wenn sie geschickt eingesetzt sind. Aber das hier ist mir einfach etwas zu viel des Guten. Was auch auffällt, ist daß offenbar auch an einem Timo Kotipelto der Zahn der Zeit nicht spurlos vorbeigeht. Denn in wirklich hohe Regionen stößt der Sänger auf der ganzen Scheibe nicht vor.

Auch sind einige Songs an sich ziemlich gut, aber das Gitarrengefrickel nervt dann doch, wie z.B. in „Dragons“ oder „One Must Fall“, die zwischendrin einfach zu sperrig, zu  hektisch, teilweise experimentell wirken und damit die gute Grundstruktur zerstören.  Der Titelsong „Nemesis“ steht von daher programmatisch für das ganze Album: An sich ein guter Song, aber zu viele Chöre, etwas seltsame Gitarrenlinien, gegen Ende etwas hektisch (bevor dann doch noch ein schöner, sphärischer Schluß kommt), aber im Grunde eigentlich kein schlechter Song. „Nemesis“ (als Album) ist nicht schlecht, aber auch weit davon entfernt ein überragendes Album zu sein.

Für mich bleibt daher nur festzuhalten, daß es STRATOVARIUS auch mit diesem Album nicht schaffen, wieder an alte Größe anzuknüpfen. Und ich bezweifle immer mehr, daß ihnen das noch einmal gelingt. Aber wer weiß? Man könnte ja behaupten, STRATOVARIUS seien alt geworden, aber eigentlich sind sie jung geworden. Von der „alten“ Besetzung aus den 90ern sind nur noch Timo Kotipelto und Jens Johansson an Bord, der Rest ist so jung, daß es ihre Söhne sein könnten. Aber vielleicht, wenn diese Söhne einmal genug Erfahrung haben... ich will die Hoffnung nicht aufgeben. Doch mit „Nemesis“ können mich die Finnen wieder einmal nicht überzeugen. Schade.  (Anne)

Bewertung: 6,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 57:42 min
Label: earMusic
Veröffentlichungstermin: 22.02.2013

Wertung der Redaktion
Maik Jannick Rainer Andreas Jochen David Dirk
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