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nealschon_thecallingBei Aufzählungen der ganz großen Gitarristen der Szene fällt sein Name eher seltener, dabei verfügt NEAL SCHON wie kaum ein anderer über einen unverkennbaren Ton. Das liegt auch daran, dass sich er zuerst im Schatten des legendären Carlos Santana stand und bei seinen meist AOR-Bands nicht wirklich gefordert wurde. Doch dadurch zeichnet sich ein Gitarrist auch nicht aus, sondern dadurch, dass er auch songdienlich spielen kann, seine Fähigkeiten nur kurz aufblitzen lässt und dadurch dem Song etwas gibt. Und das beherrschte er bei allen Betätigungsfeldern, allen voran die Multiplatin-Seller JOURNEY, die er mitbegründete. Aber auch bei beiden BAD ENGLISH-Alben konnte er Akzente setzen, Kenner werden sich auch noch an seine Beiträge zum HARDLINE-Debüt und das HSAS-Projekt mit SAMMY HAGAR erinnern. Nach dem umtriebigen letzten Jahr mit JOURNEY nutzte er nun die Ruhe und spielte mit "The Calling" ein weiteres Soloalbum ein.

Wenn man zu Beginn den Titeltrack hört, könnte man meinen, man hat es mit der Fortsetzung des aktuellen JOURNEY-Outputs "Eclipse" zu tun. Die atmosphärischen Klänge und vielen Melodien der Sechssaitigen von dessen Schlussnummer "Venus" klingen wie der vorweg genommene Auftakt dieser Instrumentalscheibe. Ähnlich geht es beim flirrenden "Carnival Jazz" weiter, bis die Piano-Einlagen des eher als Film - und Klassikkomponist bekannten Igor Len dem Songtitel alle Ehren machen.
Neben ihm sind weitere alte Bekannte auf dem Silberling vertreten, allen voran natürlich der langjährige JOURNEY-Drummer Steve Smith. Der kann nach langer Zeit mal wieder unter Beweis stellen, dass er nichts verlernt hat, auch wenn man ihn hätte ein wenig mehr rausmischen können. Bei ein paar Songs steuert noch JAN HAMMER, mit dem NEAL SCHON bei seinen ersten drei Soloausflügen zusammengearbeitet hat, Moog-Soli bei. Wer den Fusion-Künstler nicht kennt, der erinnere sich an die Hochzeiten von Schons Stammband und welche Fernsehserie da populär war. Klingelt es bei dem Namen "Miami Vice"?

 

Noch melodischer und getragener geht es bei "Six String Waltz" zu, bevor der Meister in "Irish Fields" auch auf der Akustischen überzeugen kann. Hier ist der Titel ebenfalls ein Hinweis auf die Ausrichtung des Songs. Weltmusikalische Einflüsse gibt es dann mit der Fusion-Abfahrt "Back Smash" oder "Fifty Six" auf andere Art, da orientiert man sich eher in Richtung Orient. So richtig geht der Saitenhexer aber nie mit seinen Fähigkeiten hausieren, sondern liefert stattdessen in Songs wie "True Emotion" oder "Blue Rainbow Sky" feine Melodien. Seinen fast bombastischen Ton kennt man aus vielen JOURNEY-Stücken, vor allem dem Instrumental "Majestic". Auch bluesige Töne werden beispielsweise in "Song Of The Wind II" immer wieder eingestreut.

Songdienlich präsentiert sich NEAL SCHON auch beim Komponieren, denn die meisten Tracks verfügen über klassische Songstrukturen wie Strophe und Refrain. Durch das dadurch bedingte Wiederholen von Motiven gewinnt "The Calling" an Zugänglichkeit. Man hat es also schon mit Liedern im eigentlichen Sinne zu tun, lediglich auf den Gesang muss man verzichten. Technisch ist da alles sehr sauber eingespielt, die Musiker harmonieren schön miteinander und haben Spaß am Ausleben auch mal ungewöhnlicher Ideen, wie vielen percussiven Elementen. Das macht die Scheibe auch für Jazz-Fans interessant, für Gitarrenfanatiker soundso, so richtig bedienen kann sie allerdings keine Sparte. (Pfälzer)

Bewertung: 6,5 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 54:05 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 19.10.2012

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