Savage Circus - Dreamland Manor

Anfang des Jahres verließ der Schlagzeuger Thomen "The Omen" Stauch überraschend Blind Guardian, vor allem deshalb, weil er mit der jüngsten musikalischen Entwicklung der Krefelder Bombast-Power Metaller nicht mehr zufrieden war, und sich zum alten BG-Sound zurücksehnte. Konsequenter Schritt, und was liegt da näher, als eine neue Band zu gründen, um eben jenem Sound zu fabrizieren, den Hansi Kürsch & Co. nicht mehr spielen wollten. Und so versammelte Herr Stauch schnell eine illustre Runde unter dem Namen SAVAGE CIRCUS, um eben das in die Tat umzusetzen. Mit von der Partie sind IRON SAVIOR-Mainman Piet Sielck an der Gitarre und als Produzent, sowie die Schweden Jens Carlsson (Vocals) und Emil Norberg (Gitarre), die schon mit ihrer Hauptband Persuader eindrucksvoll bewiesen haben, den alten Blind Guardian-Sound absolut drauf zu haben. Mit "Dreamland Manor" liegt nun, nur wenige Monate nach dem Split, bereits das Debütalbum vor. Und allein vom Artwork gesehen, hält diese Scheibe problemlos mit der letzten Blind Guardian-Veröffentlichung "A Night At The Opera" mit, denn auch das Cover von "Dreamland Manor" ist, wenn auch in anderer Art und Weise, äußerst unansehnlich geworden. Ist Andreas Marschall irgendwie in Rente gegangen, oder warum kommen in letzter Zeit so wenig gelungene Heavy Metal-Artworks heraus? Wie dem auch sei, unterm Strich kommt es ja auf die Musik an. Und da ist schon nach wenigen Klängen klar, in welche Richtung die Reise geht. Soundmäßig steht hier klar die bombastische BG-Platte "Imaginations From The Other Side" Pate, während die neun ziemlich langen Songs musikalisch deutlich in Richtung von "Tales From The Twilight World" und "Somewhere Far Beyond" gehen, eine Ausrichtung, die wohl ziemlich eindeutig als die beste Schaffensphase von Blind Guardian bezeichnet werden kann. Dass SAVAGE CIRCUS hier etwas neues, innovatives schaffen wollen, dürfte schon im Vorfeld ausgeschlossen werden, aber als pure Kopisten sollte man die Band auch nicht abstempeln, immerhin war Thomen Stauch über 20 Jahre wichtiger Bestandteil des BG-Erfolgskonzeptes und hat irgendwo ein natürliches Recht, diesen Sound fortzuführen. Im Endeffekt kommt es also auf die schiere Qualität der dargebotenen Songs an, ob diese Platte eine Existenzberechtigung hat, und das darf unterm Strich klar bejaht werden. Auch wenn nicht alle Songs die Klasse des überragenden Openers "Evil Eyes" haben, welcher problemlos auch auf "Imaginations…" eine herausragende Rolle gespielt hätte, und auch wenn man nach einer knappen Stunde Spielzeit das Gefühl hat, dass einige Songs auch ein wenig kürzer hätten sein können, ist "Dreamland Manor" ein starkes Melodic Speed Metal-Album geworden, das natürlich vor allem (oder gar ausschließlich?) Fans bei Blind Guardian-Anhängern finden wird, welche der Früh- bis Mitte-90er-Phase dieser Band ein wenig hinterher trauern. Wer bislang von BG nichts hält, braucht auch SAVAGE CIRCUS gar nicht erst zu testen, für BG-Fans hingegen kann hier quasi eine unbestrittene Kaufempfehlung gegeben werden.

Für Unentschlossene sei einmal empfohlen, sich die beiden sehr guten Songs "Evil Eyes"“ und "Ghost Story" als Online-Single auf der offiziellen Bandhomepage www.savage-circus.com herunterzuladen. Des weiteren können getrost das hymnische "Walz Of The Demon", "When Hell Awakes" sowie "It – The Gathering" als Anspieltipps herhalten. Auch die ziemlich untypische Ballade "Beyond Reality" geht nach einigen Durchläufen als amtlicher Ohrwurm durch, obwohl sie ziemlich knapp an der Schmerzgrenze zum Kitsch vorbeischrappt. Wie gesagt, Freunde älterer Blind Guardian können und sollten hier beruhigt zuschlagen, um sich von der etwas enttäuschenden letzten Scheibe der Krefelder zu erholen. Ob SAVAGE CIRCUS längerfristig in der Metal-Szene als mehr als ein schieres Substitut Fuß fassen kann, bleibt freilich abzuwarten. Dafür sollte in Zukunft vielleicht doch mehr auf eine größere Eigenständigkeit Wert gelegt werden als auf "Dreamland Manor". Als Debüt geht es jedoch voll in Ordnung, und wäre dieses Album zwischen "Imaginations From The Other Side" und "Nightfall In Middle-Earth" erschienen, wäre es inzwischen zweifellos ein Klassiker. So bleibt ihm ein wenig das Etikett einer Kopie anhaften, aber immerhin der einer sehr guten!

(Kai)

Bewertung: 8,0 / 10 Punkte

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 57:17 min
Label: Dockyard 1
Veröffentlichungsdatum: 05.09.2005
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