arjenlucassen_realworldDer Name dürfte den Metalfans vor allem von seiner Science-Fiction-Rockoper AYREON bekannt sein, mit der er in den letzten Jahren einige herausragende Alben veröffentlicht hat. Doch seine Anfänge gehen viel weiter zurück, denn schon zu Beginn der Achtziger war der Niederländer an der Entstehung von VENGEANCE beteiligt. Mit denen frönte er noch traditionellem Hardrock, bevor er sich nach dem zwischenzeitlichen Split anderen musikalischen Gefilden zuwandte. Nach einem eher unbeachteten Soloalbum ging es mit AYREON los, die 1998 mit "Into The Electric Castle" den Durchbruch schafften. STAR ONE und die Mitarbeit bei STREAMS OF PASSION folgten. Nachdem die Saga zu Ende erzählt wurde gab es weitere Projekte, um nun mit "Lost In The New Real" wieder gänzlich auf Solopfaden zu wandeln.

Das heißt soviel, wie das er dieses mal noch mehr selbst gemacht hat und es keine Gastsänger gibt. Während ARJEN LUCASSEN sonst die Elite der Metal - , Rock - und Progsänger aufbot und ihnen jeweils passende Tracks auf den Leib schneiderte, übernimmt er den Gesang nun komplett selbst. Daneben stammen auch alle Gitarren, Bässe und Keyboards wie gehabt von ihm, lediglich die Drums wurden erneut von Ed Warby eingezockt. 
 

Wie zu erwarten war ist auch die Solo-Scheibe ein Konzept-Album und im Science-Fiction-Bereich angesiedelt. Die Story dreht sich um einen Mr.L, der in der heutigen Zeit konserviert wurde und nun, da seine Krankheit behandelt werden kann, wieder aufgetaut wurde. Er findet sich in der heutigen Welt nicht zurecht, da Realität und Phantasie verschwimmen. Sein psychologischer Berater muss ihn an die neue Welt anpassen und taucht im Verlauf des Albums immer wieder als Sprecher auf. Diese Rolle übernimmt niemand Geringeres als Schauspiellegende Rutger Hauer (Ladyhawk, Blade Runner). Die Zusammenarbeit mit seinem Lieblingsschauspieler, der sich auch in den kreativen Prozess einbrachte macht Lucassen stolz.

Musikalisch geht er nicht allzu weit weg von seiner bisherigen Marschroute, immer noch steht der progressive Rock der Siebziger im Mittelpunkt, aber auch Folk, Metal und Pop gehören zu der Mixtur, die der Niederländer inzwischen verfeinert hat. Wobei auf "Lost In The New Real" das Härtependel eindeutig vom Metal zum Pop schwingt. Aber auch schon bei "The Dream Sequencer" standen die ätherischen, sphärischen und ruhigen Klänge im Vordergrund. Viele elektronische Spielereien, wabernde Bassläufe und schwebende Synthies gehören seit jeher zum Inventar des Ausnahmekünstlers. Ebenso wie Streicher, Flöten und anders Folkinstrumentarium, das immer songdienlich eingesetzt wird.

Aber eine große Liebe schimmert hier mehr durch als bei AYREON, die zu den BEATLES. Ein Song wie "Pink Beatles In A Purple Zeppelin" spricht Bände über die Vorlieben des Mannes. Und auch musikalisch geht dieser eindeutig in Richtung der "Fab Four", ebenso wie "When I´m A Hundred Sixty-Four". Die anderen Titel sind atmosphärischer angelegt und schwanken von düsterer Schwere bis zu fröhlichen Klängen, aber das gab es auch schon auf "The Human Equation".
Die zweite CD des Werkes besteht zum einen Teil aus Songs, die lose zum Konzept gehören, aber es nicht auf das Album geschafft haben und die alle mit einer floydschen Schlagseite daher kommen. Dazu gesellen sich noch diverse Coverversionen von alten Helden, angefangen bei eben jenen PINK FLOYD mit "Welcome To The Machine". Dieser Titel fällt weitaus härter aus als das Original und dröhnt fast mit Industrial-Kälte. "Veteran Of The Psychic Wars" klingt fast wie eine Modernisierung von BLUE ÖYSTER CULT selbst und auch "Battle Of Evermore" zieht am Ende mit der Dynamik an. Auf "Some Other Time" vom ALAN PARSONS PROJECT gibt es dann die auf dem Werk etwas vermissten getragenen Fanfaren.

Vermissen tut man auch ein wenig die Eindringlichkeit mit der ARJEN LUCASSEN auf seinen früheren Alben zu Werke ging. Das liegt zuerst einmal an seinem Gesang, auch wenn er sich mittlerweile zu einem ganz guten Sänger gemacht hat. Aber gegen die Ausdruckskraft mit der die vielen Gäste die AYREON-Scheiben veredelt haben kommt er nicht an. Dazu ist auch die Produktion nicht so druckvoll ausgefallen wie von ihm gewohnt. Sicherlich ist das tolles Material, aber das ganz große Drama, das ganz große Genie fehlen hier, es hakt an kleinen Feinheiten, aber die sind nicht zu überhören. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 20
Spielzeit: 90:20 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 27.04.2012

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