Vengeance_Crystal_EyeEinen schweren Schicksalsschlag mussten VENGEANCE zu Beginn des letzten Jahres hinnehmen als Gitarrist Jan Somers einem Herzinfarkt erlegen war. Damit war auch das letzte langjährige Mitglied neben  Leon Goewie weg, der noch zuletzt seinen Sohn Timo mit in die Band gebracht hatte. Doch so einfach lässt sich das letzte Gründungsmitglied nicht unterkriegen und formierte die Truppe noch mal komplett neu. Dabei bekam er reichlich prominente Unterstützung, denn an den Drums sitzt nun Chris Slade (Ex-AC/DC, THE FIRM, URIAH HEEP, ASIA) während er das frühere ALICE COOPER-Ass KERI KELLI für die sechs Saiten verpflichten konnte. Die dicken Saiten bedient CHRIS GLEN, der diese schon für MICHAEL SCHENKER und ALEX HARVEY zupfte und auf dem Produzentensessel nahm Michael Voss Platz. Die instrumentalen Mitstreiter kennt der Lockenkopf von der AC/DC-Coverband STEEL CIRCLE. Kann diese abermalige Neubesetzung den Spirit der Holländer am Leben halten?

Nach ein paar donnernden Drumschlägen steigt man mit dem treibenden "Me And You" direkt ordentlich ein. Sofort wird klar, dass es sich auch hier um ganz typischen VENGEANCE-Stoff handelt, der Shouter knarzt wie eh und je mit seiner charakteristischen Reibeisenstimme. Nachdem der Opener schon gut losgerockt hat,  kommt "Bad To The Bone" mit einer AC/DC-Schlagseite daher, oder viel mehr deren stadionrockender Ableger KROKUS. Derart Einflüsse gehören ja schon seit jeher zum festen Bestandteil im Stil der Holländer. In der Strophe nimmt man ein wenig das Tempo heraus um im Refrain richtig loszuknallen.
"Barbeque" erweist sich wie der Name schon sagt als klassischer Partysong, aber keinen von der Sorte wie man sie Ende der Achtziger gerne verbrochen hat. "How About Tonight" hieß damals das Machwerk mit dem die Herren hier in den Kanon mit einstiegen. Viel mehr pumpt der Bass ordentlich über die effektiv eingesetzten Akkorde. Hier macht sich die druckvolle Produktion von Voss bemerkbar, Leon Goewie spricht gar von den professionellsten Aufnahmen die er je tätigte. Ein cooles Solo und erfrischende Arrangements runden den Song ab.

In der Folge ziehen die Jungs alle Register und präsentieren den Hardrock in den unterschiedlichsten Facetten. "Shock Me Now" kommt eher kommerziell und poppig daher, gleiches gilt für den Chorus von "Five Knuckle Shuffle". Die Nummer ist aber eher ein klassischer Groover, wie er auch von SOUL DOCTOR stammen könnte. Metallische Härte schaut bei "Desperate Woman" herein, auch hier ist der Bass sehr präsent, hat etwas von ACCEPT.
Für den Großteil der Lieder zeichnen sich sowohl der Frontmann als auch der Mann an den Reglern verantwortlich. Nicht so bei "Whole Lotta Metal", das aus der Feder von Ex-BLACK SABBATH-Sänger Tony Martin stammt. Diese von der DoubleBass getriebene Up-Tempo-Nummer kann nicht ganz mit dem Rest des Materials mithalten, wirkt irgendwie hektisch überdreht.

Danach tendiert man in ruhigere Gefielde, wobei die Blues-Ballade "Promise Me" auch nicht voll überzeugen kann. Ein Hauch von BON JOVI weht herein, aber auch von Beliebigkeit. Noch ruhiger präsentiert sich der nächste Gastauftritt in Form des Titelstücks, den niemand geringeres als der ehemalige Gitarrist Arjen Lucassen geschrieben hat. Der fischt heute mit AYREON in ganz anderen Gewässern und das hört man dem Track an, obwohl er schon in den Hardrockkontext übertragen wurde. Aber alleine die Flöte verrät den Hang zu progressiveren Klängen.
Und würden die Credits nicht etwas anders sagen, so könnte Lucassen, der auch ein paar Soli auf der Scheibe beisteuert das nächste Lied auch gut zu Gesicht stehen. Akustische Gitarren über sphärische Keyboardschwaden sind eher sein Metier als das der heutigen VENGEANCE-Mannschaft. Ein warmes, gefühlvolles Solo nimmt dann schon ein wenig das abschließende "Jans End Piece" vorweg, bei dem das Spiel des jüngst Verstorbenen ein letztes Mal verewigt wurde. Sein Sohn, der nun bei DELAIN die Axt schwingt macht mit ein paar weiteren Soli den Reigen der Gastauftritte komplett.

Stark sind diese Nummern am Schluss, passen tun sie nur bedingt. Vor allem durch das hinten Anstellen erscheinen sie wie nicht dazu gehörige Anhängsel. Gerade weil die ersten Songs durchrocken wäre eine bessere Durchmischung ratsamer gewesen, dann würde "Crystal Eye" homogener  erscheinen. So bleibt am Ende trotz guter Einfälle und hohem technischen Standard ein wenig ein zwiespältiger Eindruck. Zwar das beste Album nach der Reunion, aber ein bisschen mehr wäre noch drin gewesen. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 44:51 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 24.02.2012

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