Enslaved - Axioma Ethica Odini

Enslaved - Axioma Ethica OdiniMehrfachwertung der RedaktionLeicht haben es ENSLAVED ihren Fans noch nie gemacht. In ihren Anfangstagen zählte die 1991 gegründete Formation zu den Speerspitzen der norwegischen Blackmetalbewegung. Doch schon auf dem dritten Album "Eld" war ihnen das Korsett zu eng, folkloristische Einflüsse kamen hinzu und machten die Truppe zu einem der Wegbereiter des Vikingmetal. Doch es sind oft die frühen Bands, die sich nicht lange bei dem von ihnen kreierten Stil aufhalten und wer zwei Genres mitgeprägt hat, dem dürstet nach Weiterentwicklung.

So schlichen sich immer mehr progressive Einflüsse in deren Sound, man wurde experimenteller. Eine Entwicklung, die vor zwei Jahren auf "Vertebrae" ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Nun erscheint mit "Axioma Ethica Odini" der bereits elfte Longplayer der Männer aus Bergen und die Szene darf gespannt sein in welche Richtung sie damit tendieren.

Zu Beginn hören sich die Klänge für ihre Verhältnisse noch sehr vertraut an, "Ethica Odini" bricht mit den Vikingmetal-typischen flirrenden Gitarrenflächen los. Und was für welchen, vor dem geistigen Auge sieht man sich auf dem Bug eines Drachenschiffs thronend, dem peitschenden Wind trotzend. Diese Intensität habe ich seit der vorletzten MOONSORROW nicht mehr vernommen. Im Refrain bricht der Klargesang mit Melodien herein, die auch dem Nebenprojekt AUDREY HORNE zu Gesicht stehen würden.

Bei "Raidho" sind die Drums über dem Sirren der Äxte fordernder, wuchtiger und donnern mehr. Dazu liefert Grutle Kjellson eine Kostprobe seines unglaublich tiefen Gekreische, das in dem Genre seinesgleichen sucht. Überhaupt sind ENSLAVED wieder schwärzer geworden, der Proganteil wurde reduziert, findet aber noch oft genug statt, um den Kompositionen die Würze zu verleihen. Über sphärische Leads tönt getragener Klargesang, der vom Keyboarder und Produzent Herbrand Larsen, welcher einen immer größer werdenden Anteil am Entstehungsprozess hat eindringlich dargeboten wird.

 

Doomiger geht es bei "Waruun" zu, in dieselbe Kerbe schlägt auch das klagende "Giants", welches mit schwerer Orgel daher kommt. Bei der Nummer kommt auch der Wechsel zwischen den beiden Sängern am eindrucksvollsten rüber. Getreu der wieder härteren Ausrichtung tauchen auch da immer wieder Parts auf, bei denen aus heiterem Himmel mit unbarmherziger Doublebass losgeprescht wird. Richtig rasant steigt dann "The Beacon" ein, um über eher swingende Wikinger-Riffs zum Refrain mit den für die Band typischen Chöre überzuleiten.

Diese gibt es auch bei "Singular" öfter zu hören, bevor man mit einem Wechselbad aus thrashigen und DREAM THEATER-affinen Gitarrenattacken direkt in mächtige Soundwände prallt. Die proggigen Ausflüge tragen dezent jazzige Züge, was beim folgenden "Night Sight" noch klarer zum Vorschein kommt. Akustische, an OPETH geschuldete Weisen stoßen fast in Canterbury-Relaxtheit vor, bevor frickelige Läufe das Szenario zerschneiden.
Dem Höhepunkt haben sich die Norweger aber bis zum "Lightening" betitelten Finale aufgehoben. Aus feinen, fast bluesigen Leadfills ersteigt die Klarstimme und schwebt über Keyboardflächen dahin, um vom einsetzenden Grollen Grutles aufgefangen zu werden. Wer hier vor lauter schöner Erhabenheit nicht unweigerlich in die Knie geht ist möglicherweise schon taub.

Das hört sich natürlich alles nach einem schweren Brocken an, "Axioma Ethica Odini" ist aber leichter zugänglich als man annehmen könnte. Das liegt zum einen an der Arbeitsweise bei der wieder die ganze Band beteiligt war, anstatt die Ideen des Einzelnen zusammen zu tragen. Durch diese Gruppendynamik, für die man sich extra in einer schwedischen Berghütte in Klausur einfand kommen die Kompositionen trotz der Vielschichtigkeit homogener rüber als zuletzt.

Und dann wäre auch noch das Klangbild, das vor allem durch den differenzierten und dennoch druckvollen Mix von Jens Borgren das Album veredelt wird. So werden sämtliche Details genau hörbar, plastisch ja richtig lebendig. Dennoch klingt die Produktion keineswegs steril, sondern wunderbar warm und organisch und doch schafft sie es den kalten Momenten ihre rohe Schroffheit zu bewahren.
Um diesen perfekten Spagat hinzubekommen müssen wirklich große Künstler her und ENSLAVED steigen hiermit in die Riege auf. Da erkennt man das nötige Händchen das weiß was einen guten Song ausmacht. Sie haben es endlich geschafft ihre Blackmetalwurzeln, die hymnischen Melodien und den progressiven Anspruch ideal auszubalancieren. Dadurch erzeugen sie eine dichte Atmosphäre, die den Hörer kaum mehr aus seinem Bann lässt.

Natürlich wird es auch wieder Fans geben denen die Stilistik aufstößt, aber wie eingangs erwähnt funktioniert solch eine Formation nur in der stetigen Veränderung. Ich kann jedem nur raten ohne Erwartungshaltung an "Axioma Ethica Odini" heran zu gehen, dann wird sich auch die Wirkung voll entfalten. Wer dazu nicht gewillt ist verpasst möglicherweise ein traumhaftes Werk. Für mich reiht sich die Scheibe in die Reihe innovativer schwarzer Großtaten wie "Volcano" oder "Värisäkeet" ein (Pfälzer)

Bewertung: 9,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 58:27 min
Label: Indie Recordings
Veröffentlichungstermin: 24.09.2010

Wertung der Redaktion
Jannick Bernie Kevin Maik Mika Seb Brix
6,5 6,5 7,5 8 8 8 7
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