Molly Hatchet - Justice

molly_hatchet_justice.jpgMOLLY HATCHET gehören neben 38 SPECIAL, BLACKFOOT und vor allem LYNYRD SKYNYRD zum großen Jacksonsville-Kleeblatt des Southernrock. Wie ihre Kollegen wurde die Band auch immer wieder von Schicksalsschlägen gebeutelt, Mitglieder verstarben oder mussten wegen Krankheit den Dienst quittieren. 1996, als man nach sieben Jahren wieder ein Album aufnehmen wollte, traf es Sänger Danny Joe Brown, für den Phil McCormack in die Bresche sprang. Man ging damals davon aus, dass er nachdem er auskuriert war, das Mikro wieder übernehmen würde. Er kam nie mehr zurück und seitdem bildet McCormack eine wichtige Säule der Band.
Zeitweise war kein Gründungsmitglied mehr in den Reihen der 1977 gegründeten Formation, erst 2004 kehrte Gitarrist Dave Hlubek nach langer Abstinenz zurück. Doch man wäre kein Southern Man, wenn man sich davon aus der Bahn werfen ließe. Seit besagtem 1996er „Devil´s Canyon“ war die Band wieder voll aktiv, auch wenn in den letzten Jahren wenig Neues erschien, so war man live oft präsent auch in Europa. Der nun erschienene Dreher „Justice“ sollte eigentlich schon vor eineinhalb Jahren auf den Markt kommen, aber auch da lief nicht alles glatt und die zwischenzeitliche geschäftliche Schieflage ihres Labels verzögerte das Erscheinen zusätzlich.

Doch nun ist alles gut und schon die ersten Töne kommen einem recht vertraut vor. Da dampfen die Gitarren, da rollt der Boogie durch die Hütte und der gute Phil gibt mit seiner Whiskey-Röhre Vollgas. Die Slide-Soli unterstreichen den typischen Sound des Südens, „Been To Heaven, Been To Hell“ ist der ideale Einstieg, so frisch klang man seit „Silent Reign Of Heroes“ nicht mehr. Dem steht das stampfende „Safe In My Skin“ mit seinem Honky-Tonk-Piano in nichts nach, also wirklich alles gut im Hause MOLLY HATCHET?

Die ersten Zweifel befallen einen beim Intro des folgenden „Deep Water“, so melodisch hat man die Legende lange nicht mehr in Erinnerung. Die Soli wirken sehr glatt und gen AOR gebürstet, ebenso wie die Arrangements vor allem im Refrain. Da war doch auch mal irgendwas, denn auf „The Deed Is Done“ von 1984 beschritt man ähnliche Wege, als man mit wuchtigen Drums und poppigen Hooks beim damals angesagten Hairmetal-Publikum punkten wollte.
Und „Justice“ steuert im weiteren Verlauf immer mehr in diese Richtung, der Einstieg in den Groover „American Pride“ lässt den Hörer gar an „Unskinny Bop“ von POISON denken. Mit „I´m Gonna Live ´Til I Die“ hat man zwar eine für die Truppe charakteristische Hymne komponiert, doch auch hier fallen vor allem die Leads zu sanft aus. Der Blues-Einfluss wird wie auch beim schwerfälligen „In The Darkness Of The Night“ in den Hintergrund gedrängt.

Dabei wissen die Nummern allerdings auch zu gefallen, sie wirken nur beim ersten Hören ungewöhnlich. Das beschwingte „Tomorrows And Forevers“ kommt mit einer Saxophoneinlage daher und in „Vengeance“ wechseln sich Keyboardschwaden mit deftigem Hardrock ab. Ganz nah am Kitsch vorbei steuert man bei „Fly On The Wings Of Angels“, in dem Streicher zum Einsatz kommen und den guten Ansatz doch ein wenig verklären. Nur die Pianoballade „As Heaven Is Forever“ und der abschließende Titelsong bieten das Futter, welches der Fan wirklich erwartet.

Warum die Band diesen Weg einschlägt ist mir unklar, gut Melodicrock hat derzeit wieder ein kleines Hoch, doch bei weitem nicht mehr die Relevanz wie zu Zeiten von eben „The Deed Is Done“. Daher wird man kaum so vermessen sein, damit auf Airplay zu schielen. Ich nehme mal fortschreitende Altersgemäßigtheit an, auch wenn die dann doch etwas plötzlich kommt, schließlich war man 2005 bei „Warriors Of The Rainbow Bridge“ auch nicht mehr jung.
Wie erwähnt weiß die Scheibe zu gefallen, was mich wirklich stört und da spanne ich den Bogen auch wieder nach 1984 ist die mangelnde Konsequenz mit der MOLLY HATCHET die neue Richtung umsetzen. Da hätte ich es lieber gesehen, wenn man komplett die AOR-Schiene gefahren hätte, so wirkt „Justice“ uneinheitlich. Schade eigentlich, denn man hat hier die besten Songs seit 12 Jahren am Start, enttäuscht aber doch den ein oder anderen Anhänger. Spaß macht die Scheibe trotzdem, mehr als die ebenfalls neuen von Bands wie RATT oder Y&T, die zeitgleich mit den Südstaatlern ihre große Zeit hatten. Aber ob man sie wirklich mag muss jeder für sich entscheiden. (Pfälzer)


Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 66:08 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 21.05.2010

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