Drucken

transatlantic_thewhirlwind.jpgEs gibt Momente im Leben, da hat man Angst! Nein nicht vor dem Mann mit der Sense, nicht vor irgendeinem Geist und auch nicht vor einer ekligen Spinne...alles harmlos. Nein, Angst davor eine neue CD anzuhören, weil die Erwartungshaltung so dermaßen riesig ist, dass man eigentlich nur enttäuscht werden kann. In meinem Falle war dies „The Whirlwind“, das Comebackalbum der Prog-Supergroup TRANSATLANTIC, auf das man geschlagene 8 Jahre warten musste, nachdem sich die Band im Jahre 2002 nach den beiden gottgleichen Alben „SMPTe“ (2000) und „Bridge Across Forever“ (2001) – bessere progressive Musik gibt’s höchstens auf einem anderen Planeten – eine vorübergehende Auszeit nahm, wie man heute weiß.
Jedenfalls ließ ich „The Whirlwind“ wochenlang unberührt liegen und auch dieses Review wurde Tag um Tag nach hinten verschoben, rückblickend betrachtet ein Fehler!

Denn an dieser Stelle kommt jetzt das Gute, nämlich die Erleichterung. TRANSATLANTIC haben auch mit „The Whirlwind“ ein Epos erschaffen, das die Umschreibung "großartig" verdient und das definitiv in meiner persönlichen Top Ten des Jahres 2009 auftauchen wird! „The Whirlwind“ hat aber auch eine kleine Schattenseite. Legt man die „Rose Colored Glasses“ ab, muss man zum Schluss kommen, dass es in diesem Jahr im Prog-Rock Genre bessere und mitreißendere Alben gab, zum Beispiel IQ's „Frequency“, PENDRAGON's „Pure“ oder SUBSIGNAL's „Beautiful & Monstrous“!

Soviel zur qualitativen Einordnung von „The Whirlwind“, ich denke, damit ist bereits viel gesagt. Hört man sich die ersten 15 Minuten von „The Whirlwind“ an („Overture/Whirlwind“, „The Wind Blew Them All Away“), sind diese negativen Gedanken sofort wie weggefegt. Bereits der einleitende 7-minütige instrumentale Wirbelwind zeigt Morse, Stolt, Portnoy und Trewavas von einer ungemein frischen und spontanen Seite. Neal Morse und Roine Stolt werfen sich die Gitarren- und Keyboardharmonien blind zu, der Bass von Pete Trewavas pumpt auf seine unnachahmliche Weise und Mike Portnoy bearbeitet sein Drumkit so songdienlich wie er es nur bei TRANSATLANTIC oder den MORSE'schen Solowerken macht. Und wenn dann der Gesang einsetzt und Morse und Stolt sich gegenseitig die Bälle hin und herspielen, ja dann erkennt man wieder, dass TRANSATLANTIC (unabhängig von den Meriten ihren Mitglieder) völlig zu Recht als Supergroup bezeichnet wird. In solchen Momenten passt einfach alles! Da merkt man, dass diese Musik primär gemeinsam entstanden ist und nicht über den Austausch von mp3's, wie das heute fast zum Standard geworden ist. Auch im weiteren Verlauf der fast 80 Minuten erreichen TRANSATLANTIC immer wieder die Magie ihrer alten Großtaten, sei es in der FLOWER KINGS Nummer „A Man Can Feel“, in der Ballade „Rose Colored Glasses“ oder im abschließenden, natürlich episch aufgebauten, „Dancing With Eternal Glory“. 

Dass „The Whirlwind“ wie bereits erwähnt nicht ganz das erhoffte - über alles erhabene - Meisterwerk geworden ist, soll selbstverständlich in diesem Review nicht unter den Tisch gekehrt werden und hat meiner Meinung nach vor allem zwei Gründe. Die Herren Morse, Stolt, Portnoy und Trewavas haben viel gewagt, indem sie ein 78-minütiges zusammenhängendes "Epic To End All Epics" erschaffen haben, wobei man ehrlich sagen muss, dass es sich eher um zwölf Einzelteile handelt, die geschickt miteinander verknüpft wurden, aber dabei nicht alles gewonnen. Denn nicht alle dieser zwölf Parts wissen bedingungslos zu gefallen, so sind es vor allem „On The Prowl“, „Evermore“ und „Lay Down Your Life“, die in gewissem Maße  langweilen; etwas, das man über „SMPTe“ oder „Bridge Across Forever“ zu keiner Sekunde sagen konnte. Dadurch gelingt es dieses Mal nicht, die Spannung über die gesamte Spielzeit oben zu halten, zumal wirklich außergewöhnliche Ideen fehlen. Hinzu kommt erschwerend, dass das textliche Konzept von „The Whirlwind“ nicht gerade fesselnd ist, man weiß ehrlich gesagt gar nicht so wirklich, um was es in diesem langen Song bzw. in seinen Einzelteilen genau geht. Das bedeutet, es fällt schwer eine Querverbindung zwischen der Musik und den Texten herzustellen - wer nur auf die Musik schielt, dem dürfte dieser Aspekt egal sein.

Halten wir abschließend nüchtern fest. „The Whirlwind“ ist ein Album, das man trotz seiner kleinen Makel als Progfan haben MUSS (deshalb gibt's auch diese hohe Bewertung), das im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern aber eindeutig nur als dritter Sieger durchs Ziel geht. Jetzt kann die Tour im Frühjahr kommen, ach was freue ich mich! (Maik)


Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 77:56 min
Label: Inside Out/EMI
Veröffentlichungstermin: 23.10.2009  
Submit to FacebookSubmit to Twitter
Anmelden