101 South - No U-Turn

101_south_-__no_u-turn__250_x_250_.jpgAus der L.A.-Formation HARLAN CAGE gingen 1999 die Melodicrocker 101 SOUTH hervor. Diese spielten für ihre Herkunft einen eher ruhigen Stil, der sich an den großen AOR-Bands der Achtziger orientiert. Was natürlich auch am gesetzteren Alter der Musiker liegen könnte. Im Jahr darauf erschien ihr Debüt, 2002 „Roll The Dice“, danach dauerte es sieben Jahre bis die Band wieder aktiv wurde. Nun steht der nächste Streich unter dem Titel „No U-Turn“ ins Haus.

Geblieben sind vor allem die Protagonisten, Keyboarder Roger Scott Craig und Frontmann Gregory Lynn Hall, die das neue Album prägen. Schon der Opener „When You´re In Love“ zeigt in welche Richtung es tendiert, Ähnlichkeiten zu FOREIGNER Mitte der Achtziger und STARSHIP sind nicht von der Hand zu weisen, was eigentlich nicht die schlechteste Referenz ist.
Doch ebenso wird gleich klar, dass hier irgendetwas fehlt, wer aufgepasst hat wird merken, es ist die Power, die man von einer Rockband erwarten kann. Normalerweise bin ich ja ein Freund solcher Klänge, aber ein wenig mehr nach vorne sollte sich der Sound schon bewegen. Hatte ich letztens schon das KANSAS-Sideprojekt NATIVE WINDOW als zu dröge bezeichnet, so ist das hier noch eine Ecke seichter.

Das Klangbild wird zum ganz großen Teil von Craigs Synthesizerflächen getragen, Gitarren finden als Rhythmusinstrument kaum statt. Das könnte daran liegen, dass man bei der Produktion keinen etatmäßigen Sechssaiter an Bord hatte. Deren Einfluss beschränkt sich auf viele durchaus schöne Leadfills, die mit der Slidegitarre auch mal den Blues streifen.
Das Hauptproblem von „No U-Turn“ ist nicht so sehr der Keyboard-Overkill, ich persönlich mag so etwas und oft verwässern sie die Songs auch nicht so, wie das Hardliner gerne mal darstellen. Doch die völlig zurückhaltenden, biederen Arrangements lassen die Lieder nicht aus der Hüfte kommen, da fehlt einfach der Drive.
Im weiteren Verlauf muss man sich mit allerlei poppigen Strukturen auseinandersetzen wie etwa in „Lonely Heart“, da fallen Balladen wie das vermehrt akustische „Take Me Home“ gar nicht groß auf. So dauert es bis zu „What Are You Gonna Do Anyway“, bis es ansatzweise rockt. „End Of The Game“ erinnert gar an die Achtziger Teenie-Helden CUTTING CREW, muss man nicht kennen. Und beim Anfang von „Yesterday Is Gone“ warte ich nur auf die Textzeile „Ich ziehe durch die Strassen bis nach Mitternacht… „, nein das müsst ihr gar nicht kennen.

Ist das jetzt ein Veriss? Nein, eher macht sich hier Enttäuschung breit, denn hier hätten 101 SOUTH soviel mehr rausholen können. Über das gesamte Album beweisen sie ein Händchen für wirklich wunderbare Melodien, die sich direkt im Ohr festsetzen. Von den handwerklichen Fähigkeiten braucht man gar nicht zu reden, die Herren haben alle genug Erfahrung und das hört man.
Spielerisch passt da alles gut zusammen, da sitzt jeder Ton da wo er hin soll, überflüssiger Ballast wird abgeworfen, die Songs sind kurz und knapp gehalten. Das Feeling und die Technik stimmen ebenso wie die raue und dennoch melodiöse Rockröhre von Hall. Bestes Beispiel wie gut man auf den Punkt kommt ist das atmosphärische „From What You Know Now“, welches sich über Pianoläufe zu einem eruptiven Chorus entwickelt.
Der Sound birgt jenen Druck, den ich bei den Titeln vermisse, der Bass drückt ordentlich in die Magengrube. Dazu erscheint er glasklar, schleift aber auch alle Ecken und Kanten ab, was den negativen Eindruck verstärkt.

Gerade das Schlagzeug hält sich viel zu sehr im Hintergrund, kann so die Kompositionen nicht nach vorne bringen. Dabei ist das Material durchaus sehr gefällig, alleine es fehlt der Mut, da ein paar Widerhaken einzubauen, die einen mehr fordern, sich länger damit auseinanderzusetzen. In einigen Momenten zeigen sie was möglich ist, die wären im Mid-Tempo-Bereich auf starken AOR-Alben noch eine Bereicherung, doch hier ist schon Ende der Fahnenstange beim Härtegrad.
Das reicht unterm Strich nicht für in das Cabrio, denn da wäre man ein Verkehrshindernis. Zum Kuscheln noch am ehesten geeignet, für das Glas Rotwein fehlt dann doch etwas der Tiefgang. Schade, denn für alles andere wäre das Potential durchaus vorhanden. (Pfälzer)

Bewertung: 6 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 42:37 min
Label: AOR Heaven
Veröffentlichungstermin: 20.11.2009

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden