Saga - The Human Condition

Mehrfach-Wertung der Redaktionsaga_humancondition.jpgHatte ich kürzlich im PENDRAGON-Review von Bands gesprochen, die in diesem Jahr noch etwas vorhaben, so war damit sicherlich auch SAGA gemeint. Unter anderem könnte man da jetzt auch noch DREAM THEATER und RIVERSIDE anführen, gerade bei den New Yorker Marktführern ist jedes Album ein Ereignis.
Bei den Polen und den Kanadiern allerdings könnten die Voraussetzungen unterschiedlicher kaum sein. Ist das vierte Album der Nachwuchshoffnung wohl das meist erwartete im Prog-Bereich, so könnte „The human Condition“ das meist gefürchtete sein. Wie man bereits mitbekommen haben sollte, verließ Ende 2007 Sänger Michael Sadler nach 30 Jahren die Truppe und wurde von Rob Moratti ersetzt. Kaum ein anderer Besetzungswechsel war je so gravierend in der Rock-Historie, denn die charakteristische Stimme von Sadler prägte den Sound ungemein.
Die Vergangenheit zeigt auch, dass Fans oft Probleme mit neuen Sängern haben, Beispiele muss man glaube ich nicht nennen. Es haben sogar einige Fanclubs ihre Arbeit eingestellt, auf den Websites prangt jetzt „No Michael, no SAGA!“. Kein guter Auftakt für Moratti, der weiß welch schweres Erbe er antritt. Zum Glück stammen die meisten Songs aus der Feder der Gebrüder Chrichton, so dass sich am Klang nicht viel ändern dürfte, oder vielleicht jetzt erst recht?

Um es gleich vorweg zu nehmen, auf „The human Condition“ klingen SAGA zu 100% nach SAGA. Mehr nach SAGA als die popiggen Ausflüge von „Wildest Dreams“ oder „Steel Umbrellas“ und viel mehr als die Technoanbiederung „The Pleasure & the Pain“. Da sind doch alle Befürchtungen der Anhängerschaft grundlos gewesen, denn die Trademarks sind nach wie vor dieselben wie bisher.
Immer noch ist der Sound der Formation von den Gitarrenstaccatos, den flinken Soli, den Licks von Ian Crichton und dem Spiel von Jim Gilmour geprägt, der alle möglichen Klangfarben aus seinen Tritons heraus holt. Zusammen bilden sie das gewohnte Grundgerüst, die typischen Harmonien, die klassischen Anklänge, die Fusionelemente, alles vorhanden, ebenso wie ausladende Solopassagen.

Das zeigen sie schon zu Beginn beim siebenminütigen Titeltrack, der größtenteils instrumental gehalten ist. Eine ideale Spielwiese für die beiden, die sich mit ihren Duellen durch den gesamten Song jagen. Dennoch hat das Stück eine klare Songstruktur, der Refrain birgt die einzigen Gesangsspuren was von der Machart an den Opener des letzten URIAH HEEP-Outputs erinnert. Die Stimme des „Neuen“ wurde allerdings von Vocodern stark verzerrt, damit bereiten sie die Hörer quasi langsam auf Moratti vor, lassen ihn noch nicht ganz zur Entfaltung kommen. So dauert es bis zu „Step inside“, bis man in den Genuss des neuen Frontmanns kommt.

Und siehe da so unähnlich sind die Stimmelagen gar nicht, man hat keine Rockröhre geholt, sondern eine hohe, klare Stimme. Natürlich kommt er nicht an das prägnante Timbre von Sadler heran, das ist gut so, ein Klon hätte ihm seine Einzigartigkeit genommen. Der gute Rob hingegen klingt da schon ein wenig austauschbarer, was seine Leistung nicht schmälern soll, unverkennbar bleiben SAGA immer noch. Eigentlich würden die Titel auch mit der alten Frontbesetzung funktionieren.
Anschließend begeht die Truppe einen kleinen dramaturgischen Fehler, indem sie gleich eine Ballade anhängt. Hier wäre mir ein flotteres Lied lieber gewesen wie beispielsweise das folgende, sehr eingängige „Avalon“. Dazu hat die Band schon immer Probleme mit den ganz ruhigen Songs gehabt, auch „Hands of Time“ kommt nicht über Durchschnitt hinaus.

Alles beim Alten könnte man also annehmen, doch ganz so ist es nicht, ein paar Nuancen haben sich doch ein bisschen geändert. SAGA loten die Grenzen zwischen sphärischen Passagen, Progressivität und rockiger Attitüde mehr aus, wechseln öfter das Tempo, was mehr Dynamik bringt. Im Gegenzug kommt das Klangbild wärmer rüber, die Arrangements sind weiter, geben den Melodien mehr Raum, der Pathos, diese leicht unterkühlte Arroganz rückt ein wenig in den Hintergrund.
Und das liegt nicht nur an Moratti, dem die kleinen, aber feinen Änderungen entgegen kommen. Insgesamt wirkt „The human Condition“ auch spritziger als sein Vorgänger, vor allem mutiger. Bei „Now is now“ wird viel mit intelligenter Elektronik gearbeitet, während „Crown of Thorns“ kräftig nach vorne rockt.

Mut wurde ja auch bewiesen, als man nach so langer Zeit ein neues Aushängeschild gewählt hat, mit dem sich die Fans erst vertraut machen müssen. So viel Mut muss belohnt werden, am besten in dem man dem neuen Mann am Mikro eine Chance gibt, auch auf der Bühne mit den alten Klassikern. Auf der Scheibe kann er auf alle Fälle überzeugen und nach ein paar Hördurchläufen muss der Prog-Gourmet zugeben: „Es schmeckt nach mehr!“ (MetalPfälzer)

 

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 47:14 min
Label: InsideOut
Veröffentlichungstermin: 27.03.2009

Wertung der Redaktion
Bernie Mika Holger Brix Sebastian Maik David
8,5 8 8 7,5 7,5 8,5 8
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