Pendragon - Pure

pendragonpure.jpgMitte der Achtziger ging vor allem in Britannien in der Neoprogszene einiges, angeführt von PENDRAGON, IQ, PALLAS und vor allem MARILLION. Denen war dann als einziger ein großer Erfolg vergönnt, während der Rest eher ein Schattendasein fristete in der Zeit, als kaum einer ein Ohr für anspruchsvolle Musik hatte. Die anderen legten in den letzten 15 Jahren eher eine On/Off-Karriere hin, konnten aber immer mit gutem Material glänzen.
So auch PENDRAGON, die vor allem Ende der Neunziger wenig aktiv waren, was aber auch an diversen Nebenprojekten wie ARENA lag. Diese liegen nun derzeit auf Eis, weil John Mitchell mit KINO und IT BITES unterwegs ist und Mick Pointer seine „Script for a Jester´s Tear“-Tour durchzieht. Dadurch hatte dann Clive Nolan neben seinem Thin Ice Studio wieder mehr Zeit für PENDRAGON, was zuerst im 2005er „Believe“ und dann im letzten Jahr mit “Pure“ zu Tragen kam. Dies wurde auf dem eigenen Label Toff Records veröffentlicht, ging aber nicht nur an mir ziemlich vorüber wird aber jetzt von InsideOut neu aufgelegt und weitreichender vertrieben.
Nach dem letzten Album drehte sich auch erstmals seit dem Zweitling „Kow Tow“ das Personalkarussell. Drummer Fudge Smith nahm nach 20 Jahren seine Stöcke und wurde durch Scott Higham ersetzt. Ein Wechsel, der sich auch musikalisch auswirken sollte, denn PENDRAGON sind in der heutigen Zeit angekommen.

Doch halblang machen, einen auf ultramodern macht die Truppe sicher nicht, nach wie vor kommen die flächigen Soundlandschaften und die schönen, langen Soli genügend zum Zuge. Im Gegensatz zu MARILLION, die sich mit etwa jedem dritten Album neu erfinden, verändert man nur ein wenig den Sound und die Einflüsse.
Natürlich ringt einem das Neoprog-Schlachtschiff größten Respekt für seine Vorgehensweise und seine musikalische Kraft ab, doch auch der Weg, den PENDRAGON eingeschlagen haben, sich an ihrer Vergangenheit zu orientieren ist ebenso richtig. Schon der Blick auf das Cover zeigt die neue Ausrichtung, die Farbfülle der Achtziger und frühen Neunziger ist gewichen, stattdessen prangt da ein düsteres „Kid in the Bottle“ betiteltes Artwork.
Die angesprochenen neuen Einflüsse beziehen sie vor allem aus dem New Artrock, dem Alternative und Metalanklängen. Diese bekommen vor allem durch das Spiel von Higham die nötige Dynamik, der neue Mann spielt fordernder als sein Vorgänger. Indes verarbeitet man die Metalanleihen etwa in der Art wie ihre Landsleute PORCUPINE TREE.

Doch es sind nicht nur die vielfältigen Einflüsse, die den Reiz von „Pure“ ausmachen, sondern die ganze, fast schon opulente Detailfülle. Da sind die verzerrten Bassläufe und die mehrstimmigen Gesänge im akzentuierten „Eraserhead“ oder Mudharmonika und Streicher im abschließenden, schwermütigen „It´s only me“. Das alles fügt sich wunderbar in das sehr dichte Gesamtbild ein, ist sehr feinfühlig und wohldosiert in Szene gesetzt und verzettelt die Lieder nicht.
Im Gegenteil, werden die einzelnen Themen der Kompositionen eher nur mit anderen Instrumentierungen und Arrangements unterlegt. Damit wird die Spannung die ganze Zeit über hoch gehalten und lässt einem bei jedem Durchlauf Neues entdecken.

Progressives Herzstück der Scheibe ist das fast zwanzigminütige „Comatose“, welches sich in drei Stücke unterteilt und mit vielen Tempowechseln, Breaks und Ausbrüchen aufwartet. Sicher die sperrigste Nummer, aber trotzdem noch gut nachvollziehbar aufgrund feiner Melodien.
Schon der erste Part „View from the Seashore“ könnte alleine als Longtrack durchgehen, pendelt von klassischen Pianos zum rockigen Mittelteil, in dem man sogar das Luftschiff fliegen zu hören scheint. Am Ende zeigt einem in "Home and dry" die floydsche Sphärik mit all den vielen Keys einen bekannten Weg nach draußen.

Der einzige Nicht-Longtrack „The Freak Show“, wie „Eraserhead und „It´s only me“ schon live vorgestellt könnte auch eine gute Single abgeben. Zwar von harschen Riffs ein – und ausgeleitet kommen warme, brillant laufende Melodien und Leads zum Vorschein.
Bei den melancholischen Vocals macht sich die angenehme Rauheit von Barrett´s Stimme bemerkbar. Normal hat man ja eher klare Gesänge in dem Genre, aber mir persönlich gefällt so ein Hang zur Rockstimme fast besser. Nachzuhören bei den Beiträgen von Ray Wilson bei RPWL, und ganz ehrlich, so eine Fehlbesetzung war er bei GENESIS nicht.

Absolutes Meisterwerk auf „Pure“ ist allerdings der Opener „Indigo“, der mit einem alternativen Riff beginnt, sich dann mit Synthieflächen abwechselt. Das kulminiert in einem Hauptthema, bei dem Gitarre und Tasten traumhaft harmonieren und das von wuchtigen Drumattacken wie aufgetrieben wird. Die ruhigen, Strophen, die von Moogspielereien begleitet werden führen zum getragenen Refrain, der mit sanft rockenden Akkorden unterlegt ist.
Nach einem kurzen akustischen Zwischenspiel wähnt man sich am Ende des Liedes, doch dann kommt das Hauptthema gewaltiger als zuvor zurück, der Song drängt mehr nach vorne, bevor er von Synthesizerschwaden ausgebremst wird, die sich dann auflösen, sich wie ein See vor einem ausbreiten.
Auf warmen Teppichen gleitet man über das Wasser, sieht die bluesig angehauchten Solotöne von Nick Barrett auf der Oberfläche tänzeln, während einen verhallte Stimmen vom Ufer begleiten. Wer hier keine Gänsehaut bekommt ist schon lange taub, wären alle Songs so stark müsste man die Skala von 10 erweitern.

Ganz Großes ProgRock-Kino bietet „Pure“ allemal, die Formation hat sich selbst übertroffen und das erste ganz große Highlight 2009 vorgelegt. Alle Bands, die in dem Jahr im progressiven Bereich noch etwas vorhaben werden sich daran messen lassen müssen. PENDRAGON haben es geschafft, ihren Sound ohne Reibungsverluste in die heutige Zeit zu transportieren, klingen nach so langer Karriere erstaunlich frisch, wer kann das schon von sich behaupten (MetalPfälzer)

 

Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 53:12 min
Label: Toff Records/InsideOut
Veröffentlichungstermin: 27.02.2009

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