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moonspell_night_eternal.jpgWir schreiben das Jahr 1995. TIAMAT sind auf großer und erfolgreicher "Wildhoney"-Tour in der Saarbrücker Garage und haben die bis dato unbekannten Portugiesen MOONSPELL mit im Package.
Ich sehe Fernando immer noch lebhaft beim Song "Vampiria" mit schwarzem Umhang vor mir - für mich genauso wie für die meisten der Zuschauer die Initialzündung und der Anfang eines raketenhaften Aufstiegs der Südeuropäer.
Seitdem sind 13 Jahre (Mannmannmann!) und sechs Alben seit "Wolfheart" vergangen. Die zwischenzeitlichen Experimente mit anderen Sounds sind lange Vergangenheit, seit "Darkness and Hope" fahren MOONSPELL wieder auf der geradlinigen Gothic-Metal-Schiene.
Der neue Output "Night Eternal" steht dem in nichts nach und entführt den Hörer für eine Dreiviertelstunde in eine Welt voller Dunkelheit, Mystik und bizarrer Schönheit.

Wahrlich beschwörend und geheimnisvoll beginnt der Opener "At tragic Heights", bei dem das Intro  zum Song dazugehört und nicht als einzelner Track vorangesetzt wird. So klingt der Übergang  sauber und wird auf zukünftigen Konzerten sicherlich als erster Song eingesetzt werden. Einen besseren Opener kann man sich kaum vorstellen. Treibende Riffs, Keys zwischen pompösen Streichern und Orgel-Sounds und eine nicht zu verhehlende schwarzmetallische Schlagseite lassen MOONSPELL in die Nähe von DIMMU BORGIR und CRADLE OF FILTH rücken - ohne dabei ihre eigene Linie zu verlieren.
Bei MOONSPELL weiss man mittlerweile, was man bekommt: Aufbauend auf den zweifellos vorhandenen Black Metal erster Tage (vor Kurzem ebenso wieder neu aufgenommen) und ihren ureigenen, portugiesichen Wurzeln formen die Lissaboner auf jedem Album auf´s Neue die Balance zwischen Dunkelheit und trügerischem Licht.

Der Titeltrack besticht sogar mit FEAR FACTORY-mässigen Sounds im Breakdown (ja, richtig gelesen! Vielleicht der Einfluss vom Endmixer Tue Madsen?). Man scheut sich also auch nicht vor neuen Einflüssen. Aber keine Angst: So weit wie beim "The Butterfly Effect"-Album geht man mit den Experimenten nicht mehr.
"Shadow Sun" markiert dann einen sehr Double Bass-lastigen Song, der sich mit unheilschwangerem Flüstern und hartem Zorn abwechselt und den typischen MOONSPELL´schen Balanceakt auf viereinhalb Minuten komprimiert. Abgeschlossen wird der Song mit den Worten: "Life...is meaningless", erst aggressiv von Fernando geshoutet und dann mit einem gewissen Grad an Verzweiflung ausfadend rezitiert...super!
Der nächste Track, "Scorpion Flower" blieb schon beim ersten Hören in meinen Gehörgängen festgekrallt - mit Unterstüzung von Anneke von Giersbergen (ehemals THE GATHERING, AGUA DE ANNIQUE) entwickelt sich ein Duett mit unglaublichem Refrain. Ein echter Hit!

Wem der Song eventuell zu "weich" war, wird mit "Moon in Mercury" gewiss wieder beschwichtigt werden: Hier geht es unbändig nach vorne und erinnert ein wenig an "...of Dream an Drama (Midnight Ride)". Das langgezogene "Moon" wiederum kennt man von SAMAELs "Jupiterian Vibe".
Fast schon ein wenig bluesig kommt "Hers is the Twilight" mit seinem schwingenden Rhythmus daher und entwickelt dadurch ein ganz eigene Dynamik. Sehr interessant anzuhören! Auch "Dreamless (Lucifer and Lillith)" kommt eher getragen und mit warmem Gesang sehr schmeichelnd daher.
Boten die beiden vorhergehenden Tracks Zeit zum Nachdenken, wird´s mit "Spring of Rage" dem Namen gemäss wieder heftiger und bietet wieder mit heftiger Double Bass bestes Banging-Futter. Abschliessend ist "First Light" vom Titel her trügerisch: Die Frauen-Chöre stehen wieder im Kontrast zu Fernando´s Growls und markiert das Ende des (regulären) Albums. Auf der Limited Edition ist mit "Age of Mothers" ein Bonus Track vertreten, der auf der Promo leider nicht enthalten war.

Ihr habt wohl schon gemerkt, ich bin von "Night Eternal" mehr als begeistert. Hatte ich eigentlich den 08/15-Gothic Metal schon mehr oder weniger abgeschrieben, gelingt es MOONSPELL immer wieder auf´s Neue, dem Genre Impulse zu geben.
Die Produktion von Stammproduzent Sorychta und die Veredelung von Madsen stellen MOONSPELL kraftvoll und modern dar. Die Gitarren-Soli sind vom Feinsten und die Keyboards sind effektiv und nicht überladen eingesetzt.
Über allem thront natürlich wieder Fernando mit seiner variabeln und charismatischen Stimme - ohne ihn wäre MOONSPELL zweifellos nicht die Hälfte wert!
Die Jünger werden "Night Eternal" lieben, aber alle Fans düsterer Mucke sollten sich die Scheibe zulegen. Das hier ist wirklich Oberklasse!

(Brix)

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 44:14 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 16.05.2008

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