Adagio - Underworld

Für viele Bands gehört es in letzter Zeit zum guten Ton, mit Unterstützung eines Orchesters ein Album zu veröffentlichen - was sich aber zumeist im Nachspielen altbekannter Songs in klassischem Gewand erschöpft (METALLICA, SCORPIONS). Einen Schritt weiter sind RAGE mit ihrem "Lingua Mortis" gegangen und schrieben ein Album extra für das Zusammenspiel Orchester & Metalband.
Bands, die allein zwei Jahre für die Komposition der orchestralen Parts benötigen, sind hingegen bislang eher selten anzutreffen.
ADAGIO gehen auf "Underworld" mit acht epischen Titeln aber genau diesen Weg - ein wenig ROYAL HUNT, ein wenig EDGUY - gemischt mit klassischem Klavierspiel á la Chopin oder Liszt, noch ein wenig progressiver Einfluss und hinreichend instrumentelle Einlagen - der Einfluss der härteren Gangart von DEATH, CARCASS oder DISMEMBER, wie Gitarrist und "Hauptkomponist" Stephan Forte schreibt, ist allerdings kaum wahrnehmbar.

Nach "Sanctus Ignis" von 2001 legen die Jungs nun bereits ihr zweites Album dieser Stilrichtung vor.
Mit nur acht Tracks, aber einer Gesamtspielzeit von mehr als einer Stunde sind die Titel allesamt recht episch angelegt - insbesondere der Titeltrack "Underworld" mit mehr als 13 Minuten Länge. Aufgrund der abwechslungsreichen Komposition ist es somit fast unmöglich von "guten" oder "schlechten" Titeln zu sprechen - jeder hat seine eigenen Stärken und (kleineren) Schwächen (bzw. Längen).
Die Einbettung der klassischen Elemente - sei es jetzt ausgiebiges klassisches Klavierspiel wie beim Opener "Next Profundis", die fulminanten Chöre bei "Introitus / Solvet Saeclum In Favilla" oder auch das minutenlange orchestrale Intro zu "Underworld" ist überaus gelungen. Auch Sänger David Readman gibt sich vielfältig, überzeugt gerade in den härteren Passagen, kann aber manchmal dem hohen musikalischen Niveau nicht ganz gerecht werden.
"Chosen" lässt klassische Elemente weitestgehend im Hintergrund und könnte so ohne weiteres auch aus der Feder von STRATOVARIUS stammen.
Im Gegensatz dazu steht "From My Sleep... To Someone Else" - reichlich Klavierspiel, Streicher und Orgel zu Beginn - dann abruptes Doublebass-Gewitter, zwischenzeitlich Malmsteen-mäßige Gitarrenläufe - sicher nicht der am einfachsten zugängliche Titel, den die Musikwelt bis dato zu Gehör bekommen hat - aber mit Sicherheit eine erstklassige Komposition die zu überzeugen weiß.
Betont majestätisch und düster tönt das instrumentelle Intro zu "Underworld" aus den Boxen zu dem sich nach zwei Minuten dann passender Chorgesang gesellt und die nach fünf Minuten in eine weitgehend schnelle Rocknummer (mal abgesehen von eingestreuten ruhigeren Passagen) übergeht.
"Promises" ist der durchgängig ruhigste (und mit fünf Minuten auch kürzeste) Titel, der zudem ohne Breaks/Stilwechsel/Schnörkel sehr angenehm zu hören ist.
Bleiben noch das sperrig-progressive "The Mirror Stage", was ein wenig zu synthetisch rüberkommt und das imposante achtminütige Instrumentalepos "Niflheim".

"Underworld" ist ein sehr komplexes Album was diverse Genialitäten und Schätzchen bietet und dem durchgängig anzumerken ist, wie durchdacht die Nummern arrangiert sind.
Nur wird es leider keine zahlenmäßig große Hörerschaft ansprechen, da man das Album nicht mal "nebenbei" hören - oder gar dabei "abrocken" kann...
Man muss sich schon mit dem Album auseinandersetzen, um die Feinheiten mitzubekommen - und insofern wird es trotz der Qualitäten wohl eher selten in den Player wandern.

Anspieltipps: "From My Sleep... To Someone Else", "Promises", "Niflheim" (Naglagor)



Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 63:34 min
Label: Locomotive Music
Veröffentlichungstermin: 29.09.2003
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