Dornenreich - In Luft geritzt

dornenreich_luft.jpgDie Österreicher DORNENREICH sind seit jeher eine der umstrittesten Truppen der ganzen Metal-Szene. Anfangs als reine Blackmetal-Formation gegründet wandten sie sich schon bald melodischeren Klängen zu und erschufen mit „Her von welken Nächten“ ihr Meisterwerk. Auffallend dabei immer die oft an Hermann Heese angelehnten lyrischen Konzepte, die sich sehr viel mit dem inneren Ich beschäftigen. Zentrale Figur ist seit Beginn Jochen „Eviga“ Stock, der hier seine ganze Kreativität ausleben kann. Mit ihren Akustik-Shows erregten sie ebenfalls viel Aufsehen, was sich auch auf das nach einer längeren Pause 2005 veröffentlichte „Hexenwind“ niederschlug. Mit der geänderten musikalischen Ausrichtung waren viele Fans nicht so ganz einverstanden, daran änderte auch das parallel aufgenommene „Durch den Traum“ wenig, auch wenn es ein wenig mehr härtere Gitarren bot. Nun erscheint mit „In Luft geritzt“ der sechste Longplayer der Band und man darf gespannt sein was einen diesmal erwartet.

Um es vorweg zu nehmen, alten Fans und Schwarzstahl-Puristen wird dieses Werk die Gesichtshaut abziehen, gehen DORNENREICH ihren Weg unverändert weiter, immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Die Stimmung und die Intention dahinter bleiben gleich, aber das äußerliche Erscheinungsbild hat sich nun vollends gewandelt.
"In Luft geritzt" wurde rein akustisch und live in der Villa Stapf, einer alten Musikschule im Tiroler Imst aufgenommen. Die Instrumentierung reduziert sich auf akustische Gitarren und die Geige von Thomas „Inve" Riesner, als Rhythmusinstrument kam lediglich ein Schellenkranz und das Klopfen auf den Gitarrenkorpus zum Einsatz. Somit bewegt man sich in punkto Arrangements weitest möglich weg von den fulminanten Soundwogen und Klanggebirgen der Anfangstage.

Man darf aber jetzt nicht annehmen, dass sich die Musik auch auf ein Minimum reduziert, denn auch mit spärlichen Mitteln schaffen es die beiden die Songs ungemein spannend zu halten. Das Tempo variiert ständig, die Geigen brausen des öfteren auf, ebenso Evigas Stimme, die von flüstern, fast gesprochenen Worten plötzlich herausbricht. Hinter all dieser Dynamik kann man immer noch die Kraft der vergangenen Kompositionen verspüren, vor allem, wenn die Dynamik gebremst wirkt und darauf wartet befreit zu werden, wie etwa in „Jagd".
Urplötzlich legt die Geige los, hebt das Stück flott nach vorne. Die vormals sehr melancholisch klingenden Streicherklänge werden luftiger, beschwingter, erinnern an die Musik der alten Zigeuner, erzählen von Sehnsucht und Schmerz.
Interessant auch die recht schnellen Saitenläufe in „Unruhe", die vom Anschlag her an klassische Metalakkorde erinnern. Die schweren Geigen dazu könnten auch gut in feine Leads verwandelt werden. Diesen Song würde ich mal gerne in einer elektrischen Bearbeitung hören.

Ähnlich reduziert wie die Musik sind auch die Texte, außer in „Flügel in Fels" kommen kaum ganze Sätze zustande. Stattdessen wirft der Sänger einfach ein paar Wortfetzen in den Raum, die genug Platz für Interpretationen bieten. Dennoch passen die Worte gut zur Musik, wie etwa in „Meer", das eine wohlige Weite versprüht. Manches mal benutzt er die Gesänge auch fast als weiteres Instrument, die rhythmische Singweise im Opener „Drang" ist ein Beispiel dafür.

DORNENREICH haben sich mit „In Luft geritzt" wieder neu erfunden, aber den Zuhörern den Zugang weiter erschwert. Wer könnte an so etwas gefallen finden? Zuerst sicher Leute, die immer auf der Suche nach neuen Ideen sind, aber auch Neo-Folk-Anhänger, die vielleicht mit ihrem letzten Tour-Partner FAUN oder dem HARDINGROCK - Projekt des Tveitan-Ehepaares etwas anfangen können. Ein Akustik-Album im eigentlichen Sinne ist es auch nicht geworden, eigentlich unmöglich einzuordnen.

Ebenso schwierig ist die Bewertung, denn die Scheibe strotzt sicher nur so vor Gefühl und Ideenvielfalt, aber so richtig warm werde ich auch nicht damit. Streckenweise ist das ganze doch zu trocken, schwer zu verdauen. Natürlich habe ich großen Respekt davor wie Jochen Stock sein Ding durchzieht, dennoch vermisse ich die alte Raserei schon. Gerüchte über Rückkehr zum alles zermahlenden Soundgewitter gibt es immer wieder, ich glaube die aber erst, wenn ich es höre. Da hoffe ich vielmehr auf die im Herbst erscheinende DVD, auf welcher der bislang letzte Auftritt als Metalband auf dem Summer-Breeze 2007 dokumentiert sein wird. Schön, dass ich dabei war! (MetalPfälzer)

 

Bewertung:  6,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 44:12 min
Label: Prophecy
Veröffentlichungstermin: 09.05.2008

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