Shaytan - Chapter One

shaytan chapteroneDEMON INCARNATE sind tot, es lebe SHAYTAN. So oder so ähnlich sieht die Realität aus und wenn ich ehrlich sein darf, war es schon so ein kleiner Schock gewesen, als 2022 die Nachricht kam, dass DEMON INCARNATE zu Grabe getragen wurden. Schließlich waren DEMON INCARNATE nicht nur eine der spannenderen saarländischen Bands gewesen, sondern hatten zwischen 2014 und ihrem Ende mit Lisa Healy auch eine wirklich gute Sängerin in ihren Reihen.

Wie auch immer, man muss die Dinge so nehmen wie sie sind und bekanntermaßen schlummern in vielen Enden auch neue Anfänge. Wobei Neuanfang bei SHAYTAN jetzt auch nicht die ganz korrekte Wahrheit ist, denn musikalisch knüpfen SHAYTAN schon im Großen und Ganzen da an, wo DEMON INCARNATE aufgehört haben und bereits ein Blick auf die Tracklist des ersten Albums „Chapter One“ verspricht nochmals einen Blick zurück in die Vergangenheit, denn die Songtitel „Darvaza“ und „Embers Glow“ kommen einem direkt vertraut vor.
Ganz grundsätzlich macht dieser Neubeginn unter dem Namen SHAYTAN auch durchaus Sinn, denn mit Jochen an der Gitarre und Julian am Gesang gibt es neben den beiden Bandleadern Kai und Jan zwei neue Bandmitglieder, die den Sound der Band mitprägen oder genauer gesagt um Nuancen erweitern oder noch genauer gesagt verbessern.

Als ich am .01.01. des Jahres zum ersten Mal das bereits am 15.12.2023 über Metal On Metal Records erschienene Album gehört habe, war ich natürlich gespannt herauszufinden, wo die Unterschiede zwischen DEMON INCARNATE und SHAYTAN liegen würden und der erste Unterschied betrifft ganz klar den Sound des Albums. Ich kann mich nicht daran erinnern in den letzten Jahren ein Album aus dem Greywolf Studio (Charles Greywolf) gehört zu haben, das so druckvoll und gleichzeitig sauber produziert worden ist wie dieses hier. Diesen Pluspunkt des Albums hebe ich gerne als erstes hervor, denn wenn es bei DEMON INCARNATE in der Vergangenheit eine Schwachstelle gab, dann war das meistens die Produktion der Alben. Zumindest ich hätte mir da oftmals einen differenzierter ausgearbeiteten Mix gewünscht, der jedem Instrument und dem Gesang gleichermaßen Raum gibt, sich zu entfalten.
In meinen Augen und Ohren bietet der Sound von „Chapter One“ nun genau das und als jemand, der gerade beim Drumsound immer besonders genau hinhört, bin ich davon total begeistert.

Das macht den Zugang zu dem SHAYTAN Debüt auf jeden Fall einfacher. Der zweite Pluspunkt geht dann auch direkt an den Neuzugang am Mikro, Julian Küster, der zu meiner Überraschung Lisa Healy relativ schnell vergessen macht (sorry Lisa). Die Stimme von Julian ist wie gemacht für eine Doom Metal Band wie SHAYTAN, die sowohl Anhänger von „neueren“ CANDLEMASS (nach Messiah Marcolin) als auch von eher traditionellen Doom Bands wie TROUBLE und BLACK SABBATH begeistern könnten. In Nuancen finden sich im Bandsound auch Einflüsse aus dem Stoner Rock, diese kann man aber eher vernachlässigen. Definitiv nicht zu überhören sind die eher orientalischen Einflüsse, die sich in manchen Passagen und Melodien finden. Das ist sicherlich nichts, was als Alleinstellungsmerkmal für die Band ausreichen würde, es ist aber auch etwas, was SHAYTAN im Vergleich zu DEMON INCARNATE eine zusätzliche eigene Identität gibt.

Hört man das Debütalbum von Anfang bis Ende am Stück durch, was man natürlich immer noch so macht, wenn man das seit über zwanzig Jahren so praktiziert, dann fällt auf, dass sich die Band bei der Anordnung der Songs große Mühe gegeben hat, dass alles wie ein konstant fließender Fluss klingt und bei vielen Songs wirkt es tatsächlich so, als gingen sie nahtlos ineinander über. Bei einer Spielzeit von etwa 33 Minuten läuft man natürlich auch wenig Gefahr, dass es im Laufe der Zeit langweilig wird, „Chapter One“ ist von Anfang bis Ende spannend und kann gut auch mehrmals hintereinander gehört werden.
Die Wahl des schlechtesten Songs des Albums fällt dabei relativ einfach. Für mich ist das „The Sleepless Eye“, das als nicht einmal 1-minütiges Instrumental als eigenständig aufgelistetes Stück keinen Mehrwert für das Album liefert. Wenn es nun darum geht, den besten Song des Albums zu benennen, fällt die Entscheidung schon deutlich schwerer. Eine logische Wahl wäre „Embers Glow“, das inzwischen bereits zum dritten Mal veröffentlicht wird oder ist es gar schon das vierte Mal? Dieser Song war gut, ist gut und wird es immer bleiben. Ich glaube, am besten gefällt mir ganz am Ende „Samsara“, eine schöne melancholische Halbballade, die stilistisch etwas aus dem Rahmen fällt. Aus der ersten Albumhälfte würde ich hingegen „Salting The Earth“ ganz besonders empfehlen, da diese Nummer ausgesprochen düster wirkt. Wobei auch die anderen neu komponierten Songs des Albums klasse sind.

Im Vorfeld hatte ich von „Chapter One“ gar nicht so viel erwartet, da ich eher befürchtet hatte, die Band würde sich wieder mehr in Richtung Stoner Rock zurückentwickeln. Glücklicherweise ist genau das Gegenteil der Fall, SHAYTAN sind eine klare Empfehlung für alle Freunde des Doom Metals, egal, ob man jetzt mehr auf das theatralische Element oder das dreckige Element Wert legt. Funeral Doom Liebhaber werden womöglich nicht ganz so warm werden mit SHAYTAN, da die Songs hierfür zu flott und zu dynamisch vorgetragen werden und bei neun Songs in 33 Minuten fehlen logischerweise auch Longtracks. Da „Chapter One“ offiziell 2023 erschienen ist, darf es von mir aus gerne 2024 bereits den Nachfolger geben. Ansonsten heißt es jetzt erst einmal etwas warten, bis im Frühjahr über Barhill Records „Chapter One“ auf Vinyl erhältlich sein wird, was auch gut so ist, denn diese Musik ist gemacht für Vinyl. (Maik)

Bewertung: 

Maik 20168,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 33:54min
Label: Metal On Metal Records
Veröffentlichungstermin: 15.12.2023

Kategorie: CD-Reviews