SNOWY WHITE stammt noch aus der aussterbenden Gattung der britischen Blues-Gitarristen mit „Slow-Hand-Potenzial“, in einem Atemzug genannt mit ERIC CLAPTON, PETER GREEN und GARY MOORE. SNOWY WHITE`s Kariere ist lang und er spielte den harten Rock als Mitglied von THIN LIZZY, den Blues mit PETER GREEN und begleitete PINK FLOYD und später ROGER WATERS auf zahlreichen Welttourneen in den 70er und 80er Jahren.

Aber seine wahre Liebe galt immer dem Blues; natürlich nicht ohne Einflüsse artverwandter Stilrichtungen. Hier ein hartes Rock-Riff, da ein PINK-FLOYD artiges Prog-Solo im Stil von DAVID GILMOUR, Jazz-affines Drumming und prägnante Bass-Lines, unerwartete Hammond-Einlagen.

Nun erscheint als Neuauflage ein vielleicht schon vergessenes Juwel britischer Bluesmusik. "No Faith Required" war das erste Album, dass SNOWY WHITE 1996 mit den WHITE FLAMES veröffentlicht hat und jetzt erstmals als LP erhältlich ist. Es erscheint als hochwertige 180 Gr. Vinylversion (klares Vinyl) inklusive leicht verändertem Artwork mit integriertem Spotlack.

Juan Van Emmerloot (Drums) und Walter Latupeirissa (Bass) unterstützten als THE WHITE FLAMES den begnadeten Gitarristen mit der warmen, weichen Gesangsstimme auf „No Faith Required“. Das Album ist eine emotionale Liebeserklärung an den Blues, slow, gediegen und kreiert eine ganze eigene, äußerst coole Stimmung.

Hier muss man nicht jeden Song einzeln betrachten; das Gesamtwerk ist stimmig. Bereits der namensgebende Einsteiger der LP, „No Faith Required“, wird bestimmt vom druckvollen Bass, dem Jam-artigen, unkonventionellen Gitarrenspiel, wunderbaren weichen Gitarrensoli und starkem Drumming. Der Gesang stellt sich eher als vokaler Sprechgesang im klassischen Bluesschema „Statement und Response“ dar, passt jedoch eindrucksvoll zur Instrumentierung.

Auch der Ruf nach einem Wunder in „A Miracle I Need“ beginnt im klassischen Bluesstil, erinnert vom Gesang teils an MARK KNOPFLER, nimmt eine jazzige Instrumentierung an und mündet immer wieder in den reinen Bluesstrukturen. Dominant ist in erster Linie auch das experimentelle Schlagzeugspiel von Juan Van Emmerloot. Über die gesamte Scheibe sind als Highlights die unbegreiflich ausdrucksstarken Soli-Parts, die von Progressivität zeugen, omnipräsent. Überraschend gespielte knallharte Riffs machen einige Songs umso variabler.

„In The Name Of The Lord“ verkörpert den wütenden Blues. Musikalisch erinnert mich der Song an „I Ride Alone“ von LEE CLAYTON und hat einen prägnanten Wiedererkennungswert. Einer der bekanntesten Nummern befindet sich ebenfalls auf „No Faith Required“. Das emotionale „Midnight Blues“. Auf mehr als acht Minuten zeigt der Protagonist solo-technisch eine Beseeltheit, die seinesgleichen sucht; absolutes Gänsehaut-Feeling, auch durch die weichen Keyboard/Hammondeinlagen. SNOWY WHITE spielt in einer ganz eigenen Liga; nicht schnell aber kaum ein Gitarrist kann die Melodien so warm und weich fließen lassen.

Das Instrumental „Canyon“ ist tief im Jazz verwurzelt und brilliert sowohl durch Piano-Untermalung als auch durch die wunderschöne Gitarrenmelodie. Der Schlusstrack „American Dream“ ist ein klassischer Highway-Blues, prägnanter Basslauf, gediegen mit recht hartem Solo, welches man auch auf einem PINK FLOYD ALBUM finden könnte.

Fazit: Ein vielleicht vergessenes Album, dass es aber wirklich lohnt, zu besitzen. SNOWY WHITE hätte wahrscheinlich richtig Geld in einer Rockband verdienen können. Aber ihm wurden in seiner THIN LIZZY Periode von 1980 bis 1983 die Egos und die Rockstar-Attitüden bereits zu viel. Daher gilt SNOWY WHITE als sehr authentischer Musiker, der seine Seele nicht dem Star-Ruhm verkauft hat, sondern sein Leben autark seiner echten Leidenschaft, dem Blues/Bluesrock gewidmet hat. (Bernd)

Bewertung:

 8 / 10

Label: SWWF / Soulfood
Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: --:-- min
Veröffentlichungstermin: 16.06.2023