Persefone - Metanoia

persefone metanoiaIch hasse ja Streams. Total unpraktisch und meistens auf fünf Hördurchgänge begrenzt. Wie soll man da ein Album angemessen beurteilen? Nee, da mache ich nicht mit und boykottiere in der Regel diese Dinger. Aber für ganz besondere Bands mache ich dann doch mal alle paar Jahre eine Ausnahme. Zu diesen ganz besonderen Bands gehören PERSEFONE, eine der ganz wenigen Metalbands aus Andorra – und eine, die die Messlatte verdammt hoch hängt. Und nicht nur die Messlatte für andorranische Bands – PERSEFONE müssen sich vor niemanden verstecken, diese Band ist eine Klasse für sich.

Das merkt man schon bei den ersten Tönen des neuen Albums „Metanoia“. Und das liegt nicht nur an dem, was man hier gleich zum Auftakt zu hören bekommt. Bereits auf dem Vorgängeralbum hatte man einen Gast aus der LEPROUS-Familie, hier ist nun – ganz und gar unverkennbar – Einar Solberg am Gesang zu hören. Was den Titelsong zu einem etwas ungewöhnlichen Song macht. Es ist der Opener, es ist der kürzeste Song des Albums und man hat einen Gastsänger – aber PERSEFONE sind ja bekannt dafür, sich nicht unbedingt an Regeln zu halten – schon gar nicht an ungeschriebene.

Jedenfalls wusste ich – zum Glück! – schon beim ersten Hördurchgang, dass ich nicht viel mehr brauchen würde, um die Genialität dieses Albums zu erkennen. Nicht, dass ich nicht ein gutes Album erwartet hätte – aber PERSEFONE haben sich wieder einmal selbst übertroffen. Und während der Opener dann doch eine mehr als nur leichte LEPROUS-Note hat, geht es mit „Katabasis“ direkt in die PERSEFONE-Vollen. Hier sind thrashige Härte und zarte Melodien, Growls und sanfter Cleangesang in perfekter Mischung vorhanden.

Und gerade die ruhigen Töne hört man oft auf „Metanoia“. „Architecture Of The I“ steigt ruhig und sphärisch ein und ist auch im weiteren Verlauf fast schon fröhlich-verspielt, was im krassen Gegensatz zum Text steht. Immer wieder finden sich vertrackte Gitarrenläufe und insgesamt leben Härte und Melodie in diesem Song in perfekter Symbiose. Wenn man „Architecture Of The I“ hört, merkt man überhaupt nicht, wie die Zeit vergeht.

Noch ruhigere Klänge schlägt man beim Instrumental „Leap Of Faith“ ein, das, eingeleitet von Feuerprasseln zunächst von einem Klavier bestimmt wird, bevor nach und nach mehr Instrumente, vor allem Streicher, einsetzen, was sich zum Ende hin zu einem kompletten Orchester mit Chören und leichter Metalnote steigert, bevor dem Klavier auch die Ehre gebührt, den Song zu beenden. Was ein tolles Stück. Eines der besten Instrumentals, die ich seit langem gehört habe.

Wie schon auf dem letzten Album, so setzt man auch hier wieder auf die Unterstützung durch weiblichen Gesang, zum ersten Mal auf „Aware Of Being Watched“ zu hören. Und während es hier viele schöne, gefällige Melodien zu hören gibt, ist der Song auch gleichzeitig einer der sperrigsten auf dem Album, was den Zugang etwas erschwert, das Stück aber nicht minder großartig macht.

Es bleibt frickelig, in „Merkabah“ drängen sich die Gitarren zunehmend in den Vordergrund und man lässt ihnen weiter freien Lauf. Dennoch finden auch immer wieder leichte Synths oder Cleangesang ihren Weg nach vorne. Hier gibt es sogar leicht orientalisch angehauchte Klänge zu hören. Und Sänger Marc Martins Pia beweist ein ums andere Mal, wie gut er sowohl clean singen als auch growlen kann. Da können sich einige Sänger bekannterer Bands noch eine Scheibe abschneiden.

Der mit Abstand längste Song des Albums ist „Consciousness Pt 3“ mit über 11 Minuten Spielzeit. Das Stück ist eine Fortsetzung der beiden ersten Teile, die man auf dem 2013er Album „Spiritual Migration“ findet und ist der einzige Song des Albums, der auch mal ein paar Längen hat. Hier hätte man vielleicht doch ein wenig komprimieren können. Andererseits kann man sich hier dafür auch genügend Zeit lassen, das Stück zu entwickeln; wie so oft auf „Metanoia“ leiten sanfte, sphärische Klänge den Song ein, es gibt sogar ein paar Synthanleihen, auch das Orchester ist wieder mit dabei, es gibt epische Parts und hin und wieder dürfen die Gitarren so richtig schreddern. Und das alles ist ganz wunderbar miteinander verbunden.

Am Ende des Albums steht – wie schon beim Vorgängeralbum „Aathma“ ein gewaltiger Song, der aber in mehrere Songs aufgeteilt ist: „Anabasis Pt 1-3“. Wobei Part 1 hauptsächlich als ruhiges und getragenes Intro mit prasselndem Feuer, Klavier, Streichern und leichten Synths für die beiden folgenden Teile dient. Umso heftiger und schneller, aber auch vertrackter und sperriger steigt Part 2 ein, bis man fast schon Richtung Post Rock driftet. Growls und Cleangesang wechseln sich in perfekter Balance ab. Zum Abschluss herrschen in Part 3 dann wieder die leisen Töne vor und lassen das Album sanft ausklingen. Hier wird der Gesang nur noch als weiteres Instrument eingesetzt und obwohl alles so leise ist hat man das Gefühl, dass der Song zu plötzlich endet.

PERSEFONE haben damit wieder einmal bewiesen, dass sie zu den unterbewertetsten Bands gehören. Außerhalb des Progbereichs hat wohl kaum jemand von ihnen gehört, dabei sind sie einfach großartig und werden mit jedem Album noch besser. Auch auf „Metanoia“ zeigen sie wieder viele unterschiedliche Facetten ihres Schaffens und Könnens und legen wieder mal ein großartiges Album vor. Wer auf Prog der härteren Gangart steht, sollte dieses Album und diese Band unbedingt mal anchecken. (Anne)

 

Bewertung:

Anne8,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 57:47 min
Label: Napalm Records
Veröffentlichungstermin: 04.02.2022

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