Steve Hackett - Surrender Of Silence

stevehackett surrenderofsilenceAls ob er noch etwas beweisen wollte, als ob er nicht alle mitbekommen haben wie umtriebig er die letzten Jahre war, haut der frühere GENESIS-Sechssaiter bereits sein zweites Werk in diesem Jahr heraus. War "Under A Mediterranean Sky" noch schön im Zwei-Jahres-Rhythmus, so entpuppt es sich im Nachhinein als akustisches Zwischenspiel zum eigentlichen Studioalbum "Surrender Of Silence". Wo andere in Pandemie-Zeiten Trübsal blasen und kreativ eingehen, blühte STEVE HACKETT richtig auf und entwarf eine ganze Reihe musikalischer Welten. Dabei war er zuletzt schon als musikalischer Weltenbummler unterwegs, wohin verschlägt es die Hörer dieses Mal?

Beim Vorgänger war ja der Mittelmeerraum die Destination seines Herzens, hier geht er weiter weg, ein Umfang, der sich auch in der opulenten Instrumentierung niederschlägt. Nach dem Intro "The Oblitari", bei dem der Meister in schnell wechselnden Stimmungen seine Fähigkeiten an den Saiten unter Beweis stellt, schlägt er die östliche Route ein. Unterwegs trifft der Hörer auf eine "Natalia", die von ruhigen Orchestertönen umschmeichelt wird.
Hier nutzt Roger King einmal mehr die Möglichkeiten der modernen Technik, einen großen Unterschied hört man da nicht mehr heraus, im Unterschied zu dem was einem vor 25 Jahren als Orchestrierung verkauft wurde. Einzig die Geige von Christine Townsend ist echt eingespielt und bekommt im Verlauf der Scheibe ein paar Solospots. Am Ende erheben sich noch große Chöre, um die Thematik noch weiter zu unterstreichen, während Hackett am Gesang von seiner Lebensgefährtin Amanda Lehman unterstützt wird.

Noch weiter entfernt, sowohl geographisch als auch musikalisch reist man in "Shanghai To Smarkand" die alte Seidenstraße entlang. Wirkliche Songstrukturen finden sich in dem Longtrack nicht mehr, der einzig von seinem Kopfkino lebt. Die sanften Landschaften werden von exotischen Instrumenten ausgemalt, die von Musikern aus diesem Kulturkreis eingespielt wurden. Man fühlt förmlich den Staub der Steppe auf der Haut, während ich die Karawane wie der Song voran schleppt. Präsent sind auch die Orchestrierungen, aber eher um den entrückten Motiven einen Rahmen zu geben, der sie in den Longplayer einfügt.

Ihren Höhepunkt findet die Symbiose aus progressivem Rock und weltmusikalischen Ausflügen in "Wingbeats", welches in andere Steppen entführt, diesmal auf dem afrikanischen Kontinent. Passend zu seiner Vorliebe für Filmscores klingen die einleitenden Chöre der früheren PINK FLOYD-Backgroundsängerin Durga McBroom und ihrer Schwester Lorelei ein Stück weit nach "Der König Der Löwen". Wie diese aber in das getragene Lied integriert werden, dessen hochmelodische Ausrichtung sich an den alten Solowerken orientiert ist großes Kino. Was auf "At The Edge Of Light" so langsam zur Masche verkam, findet nun seine Vollendung.

Jene Sanftheit verströmt auch "Scorched Earth", welches das Album gemeinsam mit dem an den akustischen Vorläufer angelehnten Outro "Esperanza" abschließt. Townsend kann noch einmal mit ihrer Geige das volle Drama auffahren und King bleibt ganz zurückhaltend am Piano. Die Proglegende hebt indes mit seinem wunderbaren Feeling ab, diesen charakteristischen Sound hat er sich über all die Jahre erarbeitet, er thront über allem und hält die musikalischen Exkursionen zusammen.
Doch auch wenn sich STEVE HACKETT in seinen angestammten Gefilden bewegt, weiß er tolle Kunst zu schaffen, wie man an dem Duell zwischen Kings Orgel und der Bass-Klarinette von Ron Townsend eingangs von "The Devil´s Cathedral" hören kann. Nad Sylvan darf hier auch als Sänger ran während Hackett sich auf eben jene typischen Leads konzentriert, welche sich später zu proggigen Abfahrten steigern.

Im Geiste ist er immer noch voll Abenteuerlust, sowohl bei der Ausgestaltung als auch beim Spiel, das auch gerne mal jazzige Gefilde streift wie im instrumentalen "Relaxation Music For Sharks", wo zu Beginn tatsächlich Entspannung geboten wird, bevor mit Nick D´Virgilio einer der Drummer loslegt und den Grundstein legt. Stetige Steigerungen erfährt auch "Held In The Shadows", in dessen weitem Refrain sich Hackett ein schönes Duett mit Lehman liefert, bis er fordernde Riffs für sich entdeckt, mit denen es das Orchester gerne im Duell aufnimmt. Wo man bei "Surrender Of Silence" auch hinhört, überall schälen sich neue Schichten heraus und halten das Album damit spannend, hinter der Umtriebigkeit stehen ebenso viel Relevanz und hohe Qualität. (Pfälzer)

 

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 58:03 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 10.09.2021

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