Marathon - Mark Kelly´s Marathon

marathon markkellysmarahtonAuf den letzten Alben von MARILLION wurde ihr Keyboarder wieder präsenter, stand er doch in späteren Jahren eher im Schatten von Steve Rotherys Gitarreneffekten. Er war ohnehin der Stille einer sicher nicht lauten Truppe und hat außerhalb der Band bis auf ein Album mit DEEEXPUSS nicht auf sich aufmerksam gemacht. Wo Rothery und Sänger Steve Hogarth ab und an solo unterwegs sind und Pete Trewavas mit TRANSATLANTIC sein zweites Standbein hat, wollte MARK KELLY nicht länger zurück stehen. Also formierte er seine eigene Formation MARATHON, welche nur ihr Debüt "Mark Kelly´s Marathon" auf den Markt warf.

Eine durchaus interessante Sache, denn bei ihm weiß man nicht, was man erwarten soll, zu oft änderte er im Verlauf der Geschichte seiner Hauptband seinen Sound. Er gilt auch als Hauptinitiator des verunglückten Techno-Experiments "Tales From The Engine Room", weswegen ich jetzt auf ein elektronisches Album getippt hätte. Dass die Sachen ganz anders kommen können, hat die Künstlerseele so an sich, denn alleine die Eckdaten sprechen die Sprache des klassischen Prog-Rock. So wird die Scheibe von einem mehrteiligen Longtrack eröffnet und beschlossen, eine der typischen Disziplinen dieses Genres.

"Amelia" nennt sich die erste lange Komposition und fährt sofort mit dem "Shoreline" getauften Intro sphärische Klanglandschaften auf. Die lösen sich dann in einer subtilen Synthiefanfare auf, wie man sie GENESIS der späten Siebziger zuordnen könnte, der Mann gräbt tief in seinen Wurzeln. "Whistling At The Sea" trägt diese Handschrift weiter, das hat einfach was von den ganz frühen Tagen, von der Übergangszeit des Symphonic Prog in den Neo Prog, gerade auch wenn sich das Piano zu Wort meldet, etwas das Kelly bei MARILLION zuletzt kaum benutzt hat.
Überhaupt geht es deutlich weg von dem arg thematisch veranlagten Stil seiner Hauptband, die verträumten instrumentalen Parts dürfen sich bei "Mark Kelly´s Marathon" viel mehr entfalten. In "13 Bones", dem dritten Teil des Openers dürfen Synthesizer und die Gitarre nach Herzenslust solieren, wenngleich das Lied mit Vocoder-Sounds und Klangwolken etwas zu schwülstig ausfällt. Doch die Pianofiguren und der leichte New Art Rock-Anstrich machen das wieder wett, insgesamt sind die Siebziger allgegenwärtig.

Das gilt auch für Sänger Oliver M. Smith, der in höheren Passagen stark an Peter Gabriel angelehnt singt, ihm steht das raue Timbre besser, welches eher in die Richtung eines Nick Barrett der Genrekollegen PENDRAGON geht. Auch beim zweiten Überlängen-Track geben sich MARATHON den weiten Klängen aus den Klanglaboren der großen Ära hin, das Intro "Search" findet langsam hinein, bringt feine Elektronik aus der selben Dekade an den Start, die in "Arrival" ankommen.
Das puckert zuerst zu getragenem Gesang, dann baut sich einer die großen Refrains auf, für das wir das Genre so lieben, um sich ins Solo zu steigern. Gegen Ende wird es gar dramatisch, auch hier stand Gabriel Pate wie im gesamten Song. Die konzentrierten Riffs von "Trail Of Tears" und die Synthiefanfaren drücken nach vorne, ohne Glanz und Erhabenheit vermissen zu lassen, und das pastorale "Brief History" würde sich auf jeder GENESIS-Scheibe gut als Rausschmeißer anbieten.

In den kürzeren Stücken wird versucht sich ein wenig von den Vorgaben zu emanzipieren, doch bei allem psychedelischem Zierrat gelingt es dem schwelgerischen "When I Fell" nicht ganz, auch wenn das Orgelsolo angenehm überrascht. Es ist einfach die Musik mit der Kelly aufgewachsen ist, eine Herzensangelegenheit, losgelöst von der Suche nach immer neuen Ausdrucksformen. Psychedelisch geht es auch im beschwingteren "This Time" zu, das mit ebenfalls psychedelischen Vibes an die "Happiness Is The Road"-Phase denken lässt, ein paar Blues-Licks garnieren das Ganze.
Der wunderbare, warme Anachronismus findet in "Puppets" seinen Höhepunkt, wo eine perlende Pianoballade mit Melodien aus der New Romantic-Zeit veredelt wird, wie sie SPANDAU BALLET in ihren pathetischen Momenten zauberten. Kelly folgt mit seinen Keyboards ganz der Linie, auf der schon das MARILLION-Debüt entlang balancierte, während der große Steve Rothery solotechnisch brillieren darf. "Mark Kelly´s Marathon" ist ein Kleinod für Freunde von Wohlfühl-Prog und näher an seiner Stammkapelle dran als alles nach 1989. (Pfälzer)

 

 

Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 45:54 min
Label: earMUSIC/Edel
Veröffentlichungstermin: 27:11.2020

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