Son Of Fortune - Voodoopop

sonoffortune voodoopopDie Entstehungsgeschichte zum neuesten Album von SON OF FORTUNE liest sich wie ein modernes Märchen und man kann im Grunde kaum glauben, dass solche Dinge heutzutage überhaupt noch möglich sind. Nachdem Benjamin Petersen, der Mann hinter SON OF FORTUNE, unzählige E-Mails in alle Welt geschickt, aber so gut wie keine Antworten erhalten hatte, nahm er sein Schicksal einfach selbst in die Hand und machte sich auf den Weg nach Nashville, Tennessee (schon alleine der Klang dieser Worte lässt jeden Rockfan aufhorchen).

Dort klopfte er an die Tür der Sputnik Studios, mit nichts dabei als seiner Gitarre, einigen Songs und einem Sixpack von Vance Powells Lieblingsbier. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass Dreistigkeit siegt, aber ich denke, in diesem Fall war eher auch die Qualität überzeugend. Benjamin Petersen verbrachte einige Wochen in den USA, hatte dort auch einige Auftritte und nahm in eben jenen Sputnik Studios das zweite Album unter dem Namen SON OF FORTUNE auf. Insgesamt hat Benjamin ja schon deutlich mehr Alben veröffentlicht, zum einen schlicht unter seinem Namen BENJAMIN und auch unter AVE (zusammen mit Petur Pólson). Immer mit dabei ist sein Freund Jan Rúni Poulsen und nun folgt also das zweite Album unter dem Namen SON OF FORTUNE.

Und wie das Album selbst, so entstand auch dessen Namen außerhalb der Färöer. Der deutsche Rolling Stone bezeichnete die Musik von SON OF FORTUNE einst als „Voodoopop“. Benjamin trägt diesen Titel seitdem mit Stolz und hat nun auch sein zweites Album danach benannt. Und das unterscheidet sich durchaus vom ersten Album „Fullmáni“. Am auffälligsten ist sicher, dass dieses Album nun rein englischsprachig ist, während „Fullmáni“ nur färöische Texte aufwies. Und während „Fullmáni“ in einer Session von wenigen Tagen entstand, sind die Songs auf „Voodoopop“ über einen deutlich längeren Zeitraum gereift.

Aber auch musikalisch unterscheiden sich die beiden Alben voneinander. Teilweise so sehr, dass man sich schon fragen kann, warum dieses Album überhaupt unter dem Namen SON OF FORTUNE veröffentlicht wurde. Zumal auch Benjamin der einzige Färinger ist, der auf diesem Album zu hören ist. Ansonsten sind auf der Scheibe die Amerikaner Noah Denny, Byron House und Jon Eldridge zu hören. Insgesamt fehlt etwas der typisch färöische Sound, und das Album klingt insgesamt doch recht amerikanisch, mit einem leichten Country-Einschlag. Man kann also schon ganz frech die Frage stellen, wie färöisch dieses Album überhaupt ist.

Womit man auch gleich zur nächsten Frage kommt: Muss ein Album eines Färingers denn unbedingt färöisch sein? Entscheidend ist am Ende des Tages ja doch eher die abgelieferte Qualität. Und darüber kann man bei Benjamin nun wirklich nicht meckern. Ich muss zugeben, dass ich für „Voodoopop“ ein paar Anläufe gebraucht habe, da das Album doch komplexer ist, als es auf den ersten Blick wirkt. Benjamin erzählt hier viele Geschichten, z.B. in „Not My Time“ die Geschichte eines Cowboys, den er in den USA getroffen hat und dessen Liebe an Rassismus zerbrochen ist. Oder davon, im Zug einer völlig unbekannten Person gegenüberzusitzen, sich spontan zu verlieben und sich nicht zu trauen, eben jene Person auch anzusprechen und sie darum gleich wieder zu verlieren. Eine Geschichte, die mit „Hurricane“ und „Courage“ gleich in zwei Stücken erzählt wird.

Und während die Texte auf „Fullmáni“ eher poetisch waren, findet man hier viele kritische Texte. Sei es nun gegen Rassismus wie in „Not My Time“ oder Religion, wie in „Spiritual Illiterate“ oder ganz allgemein an den Missständen der Welt wie in „Triumph“. Auch musikalisch wird der textliche Inhalt immer wieder aufgegriffen. So finden sich in „Hurricane“ ein Break und eine kurze ruhige, beinahe relaxte Phase – das Auge des Sturms. Bevor dieser dann wieder losbricht. Oder das Intro zu „Courage“, bei dem man fast schon einen Zug über die weiten amerikanischen Ebenen stampfen hört, so geschickt hat man hier den rollenden Rhythmus gewählt. Auffallend ist, wie viele Songs Benjamin hier in einer Art Sprechgesang singt, die man schon in „Hungur“ auf dem letzten Album fand (und die auch schon bei AVE zu hören war) und der hier weit mehr Platz eingeräumt wird. Aber natürlich findet man auch immer noch seinen schönen, sanften Gesang, den man von vorangegangenen Veröffentlichungen kennt; vornehmlich in den Refrains.

Viel Wert hat man auch auf kleine Details im Hintergrund gelegt. Seien es jetzt die Backgroundchöre in „Courage“ oder die Percussions in „Spiritual Illiterate“. Insgesamt klingt „Voodoopop“ erwachsener, gereifter, ja, ein Stück weit auch nüchterner als „Fullmáni“. Wie schon gesagt, auch etwas amerikanischer und weniger färöisch, wenn auch die typisch färöischen Sounds und natürlich der typische Sound von SON OF FORTUNE nach wie vor sehr präsent sind. Auch ist das Album rockiger geworden, was mir persönlich sehr gut gefällt. Was sich gegen Ende von „Fullmáni“ schon angedeutet hat, wird hier konsequent fortgeführt und hier kann man sich dann auch die Frage stellen: Ist das noch Voodoopop oder schon eher Voodoorock?

Während Benjamin auf früheren Alben häufig auch auf Texte anderer zurückgegriffen hat, so stammen die Texte auf diesem Album alle aus seiner Feder. Auch sein langjähriger Wegbegleiter Jan Rúni Poulsen ist nicht völlig außen vor, sondern war bei vielen Songs am Songwriting beteiligt. Und so schließt sich am Ende der Kreis. Aber etwas Kritik hätte ich doch noch anzubringen. War „Fullmáni“ schon für meinen Geschmack etwas kurz geraten, so legt „Voodoopop“ mit weit weniger als 30 Minuten Spielzeit noch eine Schippe drauf. Das würde ich persönlich ja eher als EP bezeichnen. Aber gut, ich denke, wenn das die einzige Kritik ist, kann man ganz gut damit leben. (Anne)

 


Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 7
Spielzeit: 24:29 min
Label: Tutl Records
Veröffentlichungstermin: 08.05.2020

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