Humulus - The Deep

20200228 humulusthedeepAls ich HUMULUS 2018 im Rahmen des FREAK VALLEY FESTIVAL das erste Mal live erleben durfte, kannte ich den Sound der drei Musiker aus Bergamo/Italien noch nicht. Doch anstatt auf die Musik zu achten, versuchte ich angestrengt im Fotograben vor der Hauptbühne die besten Bilder der mir unbekannten Band zu machen. Ein wenig vom Auftritt bekommt man ja dennoch mit und ich war interessiert genug um mir HUMULUS noch mal zu Hause in Ruhe anzuhören. Und so entwickelte sich das 2017er Album „Reverently Heading Into Nowhere“ zum Soundtrack des beginnenden Sommers auf der Terrasse.

Im Sommer 2019 war ich schon dermaßen in die Band verknallt, dass mir das Herz beinahe aus der Hose hüpfte, als HUMULUS plötzlich am Strand zwischen den Sanddünen den Soundtrack zum Sonnenuntergang zum Besten gaben. Das war eine atemberaubende Erfahrung, die ich so noch nicht erlebt hatte. Irgendwann später im Jahr verkündete die Band, dass sie ein neues Album in Planung haben.

Bei der Recherche zur Entstehungsgeschichte der Gruppe stellte ich verblüfft fest, dass eigentlich nur noch Basser Giogio seit der Gründung 2009 dabei ist. Den Personalwechsel 2015 bekam ich ja auch nicht mit und ich bin auch ganz froh drum. Mit dem was sie vor 2017 veröffentlich haben wäre ich nicht warm geworden, denn das wirkt auf mich wie belangloses, kraftloses und uninspiriertes Gedudel. Das Album „Reverently Heading Into Nowhere“ war da schon eine ganz andere Hausnummer und alleine weil ich Andrea Van Cleefs sonore Stimme so großartig finde und er da einfach mehr davon zeigt.

Das lässt mich hoffen, dass bei dem neuen Werk ebenfalls mehr davon zu hören ist. Aber wer Stoner Bands kennt und schätzt, der weiß dass man auf musikalisch-akrobatische Ergüsse gefasst sein muss. 

Dann lüfteten HUMULUS den Vorhang und zeigten das Cover zum neuen Album namens „The Deep“. Zu sehen gab es einen riesigen Oktopus, der nach einer Flasche greift. Oh der arme, muss so viel trinken, um die neue Musik zu verkraften? Nein, vermutlich mit dem Hopfen im Gebräu ein Hinweiß auf das bandeigene Bier und immerhin bedeutet HUMULUS Hopfen. Getestet habe ich es leider noch nicht. Aber zurück zum Oktopus: wiedermal prangt nach Elefant, Walross und Nashorn ein mächtiges Tier auf dem Cover. Das nächste mal dann bitte ein Buckelwal, ja?

Wenn man dann endlich mal den Playknopf betätigen kann und das Album in den ersten Titel startet, dann gibt es kein Zurück mehr. Jetzt gilt es! Hat man schon einen der Songs live hören können? Ich weiß es nicht. „Devil’s Peak (We Eventually Eluded Death)“ startet mit einem mächtig knarrenden Riff, bei dem man nicht zwischen Bass und Gitarre unterscheiden kann. Dazwischen völlig transparent und eindringlich Andrea Van Cleefs Gesang, der mich just in seinen Bann zieht. Ich sehe den imposant Bart von Basser Giogio im Takt wippen und Schlagzeuger Massimiliano wuchtet seine Drumsticks in die Kessel. Der Song ist mit gut 5 Minuten recht kurz, huch was ist da los? Der Sound drückt den Song vorwärts, jedoch nicht ohne mit absolut großartig gesetzten Pausen und Melodieneinsprengseln zu überraschen. Flott geht es weiter mit „Gone Again“, was mich etwas an BONE MAN aus Kiel erinnert. Dieser Song ist ein Hit! 

Er swingt und groovt mit Überraschungen, hat diese Rohheit im Gesang, aus voller Kehle raus, und hat einen Refrain, der sich ordentlich im Gehör festsetzt.

„Hajra“ baut von Anfang an einen so fetten Spannungsbogen auf, dass ich unruhig im Sitz hin und her rutsche. Der beschwörende Gesang, die leicht orientalische Anmutung der Melodie passt wohl ganz gut zum Text, sofern ich das ohne selbigen beurteilen kann. Die Spannung entlädt sich dann auch wie eine Welle in einer herrlichen doomigen Passage, die wohl auch gleichzeitig der Refrain ist. Zum Ende hin gibts zur Auflockerung auch noch Bongo-Bongolein dazu. 

Auf eine psychedelisch-musikalische Reise nimmt einen dann „Into The Heart Of The Volcano Sun“ mit. Die langen THE DOORS - artigen Passagen werden ausgiebig ausgekostet und ausgelotet. Es gibt jedoch keine Chance mal wegzudösen, denn des Doom-Riff lauert immer mal wieder um die Ecke. Und hey, so eine Viertelstunde ist verblüffend schnell um! Viele ähnliche Bands wären hier schon fertig mit dem Album. Nicht HUMULUS, denn jetzt kommt erstmal noch ein balladesk-psychedelicher Ausflug bei „Lunar Queen“. Hab ich schon die Vielschichtigkeit der Lieder erwähnt? War der Ausflug zum TABERNAS-Festival in Spanien vielleicht Ideengeber zu diesem Soundtrack zu einem epischen Italo-Western? Mittlerweile stechen die Haare durch den Ärmel meiner Jacke vor Gänsehaut!

Tja, aber HUMULUS sind noch nicht fertig. Erstmal noch ne weitere Viertelstunde abwechslungsreichsten Doommetal mit dem nun letzten Stück „Sanctuary III - The Deep“ und ja, es ist „deep“. Ich kann den Balrog schon sehen und winke ihm zu. Das Geplätscher zum Ende hin lässt mich nun vollends weg driften.

Was soll das HUMULUS? Wollt ihr mich fertig machen? Warum ist das Album so viel besser als die davor? Angeblich wurden die Songs zwischendurch geschrieben. Ja nee, is klar!

Gespielte Empörung beiseite: Was man auf „The Deep“ zu hören bekommt, sprengt mal wieder alles, was ich über Heavypsychdoom zu Wissen glaubte. Diese Virtuosität, dieses Talent, Musik für die Ewigkeit zu erschaffen und dann auch noch in einem so brillanten Soundgewand im Studio einzutüten, was auch nach dem zehnten Mal Hören noch nicht fad wirkt. Was ich bei den Liveauftritten an Wucht und Dynamik erlebt habe, wurde beim neuen Album gekonnt eingefangen. Warum ich dann keine volle Punktzahl gebe? Tja, so ein kleiner Ansporn beim nächsten Mal noch einen draufzulegen muss ja da sein. Bis dahin gilt für „The Deep“: abgrundtief gut! (Andreas)

 

 

Bewertung:

Andreas9,0 9 / 10


Anzahl der Songs:  6
Spielzeit: 51:29 min
Label: Kozmik Artifactz
Veröffentlichungstermin: 28.02.2020

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden