Hamradun - Hetjuslóð

hamradun hetjuslodEs ist endlich so weit! Vier lange Jahre haben HAMRADUN uns warten lassen, bis nun endlich das zweite Album, das auf den Namen „Hetjuslóð“ hört, erscheint. Eigentlich war die Veröffentlichung ja auch schon früher geplant. Aber wie das eben so ist, macht das Leben manchmal einen Strich durch die Rechnung und so erscheint das Album nun eben erst jetzt. Wer die Band in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat, der dürfte dabei den einen oder anderen Song schon kennen. Denn auf ihren Konzerten hat die Band immer mal wieder mehrere neue Stücke gespielt.

Darunter auch „Kirsten Piils Kilde“, eine alte dänische Ballade. Dieses Stück findet man auf YouTube auch in der Akustikversion, aufgenommen in der Ruine eines alten Hauses bei Froðba auf Suðuroy und bereits vor über einem Jahr veröffentlicht. Als Fan kennt man dieses Stück also schon fast auswendig. Da ist es vielleicht ganz geschickt, das Album mit gerade diesem Song beginnen zu lassen. Nun allerdings nicht akustisch, sondern in der rockigen Version. Und die funktioniert mindestens genauso gut wie die akustische; meiner Meinung nach sogar noch besser. Die zunächst spärliche Instrumentierung lenkt die Aufmerksamkeit auf Pól Arnis Stimme und die Drums nehmen den Hörer im Rhythmus gefangen. Dadurch, dass man die Instrumente in den Strophen sehr zurücknimmt und ihnen dazwischen freien Lauf lässt erreicht man einen ähnlichen Effekt wie bei der klassischen Form der Kvæðiinterpretation, bei der die Strophen nur vom Sänger, der Refrain aber von allen gesungen wird – und das, obwohl es hier gar keinen Refrain gibt.

Der zweite Song ist auch gleichzeitig die zweite veröffentlichte Single. „Hevndin“ ist ebenfalls zunächst nur spärlich instrumentiert, dreht aber in den Strophen richtig auf. Und dazwischen gibt es noch ein schönes Solo von Uni Debess. Nur das plötzliche Ende passt für meinen Geschmack nicht so recht. Aber dafür gibt es ja gleich im Anschluss die erste Single des Albums – und meinen Lieblingssong (zumindest bis jetzt). Ich muss ja zugeben, dass ich bei diesem Stück ein paar Anläufe gebraucht habe, bis es wirklich gezündet hat – dafür bekomme ich es jetzt nicht mehr aus dem Ohr und würde es am liebsten in Dauerschleife hören.

„Jallgríms Kvæði“ wurde bereits vor vielen Jahren von ENEKK in einer Jazzversion interpretiert. Hier beginnt man schon gleich sehr rockig, folgt dann jedoch dem klassischen Aufbau der Kvæði, d.h. man überlässt Pól Arni die Strophen und im Refrain setzt dann auch der Rest der Band am Gesang ein. Die Melodie des Refrains ist eine der schönsten, die ich bis jetzt bei färöischen Kvæði gehört habe. Und ähnlich wie bei „Sinklars Vísa“ auf dem Debüt hat dieser Song die Fähigkeit den Hörer in eine Art Trance zu versetzen. Einziges Manko: hier würde ich mir wirklich wünschen, dass der Song nicht schon nach knapp fünf Minuten endet. Wenn man aber andererseits bedenkt, dass hier nur die ersten 10 Strophen verwendet wurden, das Stück jedoch eigentlich 83 hat, dann wäre das vielleicht doch etwas zu viel des Guten geworden.

Einen musikalischen Bruch stellt dann „Sigmunds Deyði“ dar. Im ersten Moment denkt man, hier hätten sich IN EXTREMO oder vielleicht auch INGRIMM auf das Album verirrt, so wie einem hier die Dudelsäcke entgegen schallen. Was sich aber auch schnell wieder ändert. Dafür hat hier auch Finnur Hansen einen schönen wilden Solopart an der Hammondorgel – wehe, wenn sie losgelassen! Insgesamt gehört „Sigmunds Deyði“ aber zu den härteren Stücken auf dem Album, geht fast schon Richtung Metal und das steht der Band wirklich gut zu Gesicht.

Dafür nimmt man sich bei „Feigdarferð“ deutlich zurück. Hier wird Keyboard bzw. Hammondorgel viel Raum gewährt, auch Uni Debess darf sich immer wieder in den Vordergrund spielen, während sich die übrigen Instrumente ein ums andere Mal zurücknehmen und Pól Arnis Stimme sanft über diesem getragenen Stück liegt.

Mit „Grimmer Går På Gulvet“ gibt es eine weitere alte dänische Ballade zu hören. Dieses Stück durfte ich bereits im März in der akustischen Version hören, in der Albumversion gefällt es mir noch besser. Die ruhige, düstere musikalische Untermalung steht dem Stück sehr gut. Erst relativ spät wird die Instrumentierung intensiver und baut damit zusätzlich Spannung auf. Auch „Grimmer Går På Gulvet“ gräbt sich tief und nachdrücklich in die Gehörgänge und wirkt mit seinem stets gleichen Rhythmus ähnlich wie schon „Jallgríms Kvæði“. Auch hier könnte man einfach ewig zuhören. Damit ist das Stück sicherlich der ruhige Höhepunkt des Albums.

Im Gegensatz dazu wird man bei „Naglfar“ wieder deutlich härter und rockiger. Insbesondere der Refrain driftet stark Richtung Metal und macht den Song zum wohl härtesten des Albums. Hier gibt es auch immer wieder ausschweifende Gitarrensoli und ich könnte mir gut vorstellen, dass dieser Song live richtig gut ankommt, denn er macht schon beim Hören auf Platte richtig Spaß.

„Síðsta Løtan“ ist interessanterweise nicht das letzte Stück auf dem Album, obwohl das vom Titel her gut gepasst hätte. Auch dieser Song ist dem aufmerksamen HAMRADUN-Fan schon bekannt. Zum einen wurde das Stück live bereits mehrfach gespielt, zum anderen hat die Band „Síðsta Løtan“ (unter anderem) auch Anfang des Jahres bei einem Konzert in der Kirche von Tvøroyri gespielt, das auch im färöischen Fernsehen gezeigt wurde. Auch „Síðsta Løtan“ beginnt eher ruhig und wird dann nach hinten raus immer besser. Den Abschluss des Albums bildet das sanfte und ruhige „Heiðin“, das mit leisem Meeresrauschen das Album beschließt.

Insgesamt hört man dem Album an, wie sehr die Band in den letzten Jahren (zusammen)gewachsen und zu einer musikalischen Einheit geworden ist. Wirkte das Debut noch ein wenig wie Stückwerk, das zwar viele gute Songs bot, die aber etwas zusammengewürfelt erschienen, so wirkt „Hetjuslóð" wie aus einem Guss. Auch wurde „Hetjuslóð“ live im Studio Bloch aufgenommen, was das Album organischer wirken lässt als viele andere derzeitige Veröffentlichungen. Hinzu kommt der warme Sound, der das Album etwas sanfter klingen lässt, als es eigentlich ist und als die Band live klingt.

Während der Songwritingprozess auf dem ersten Album eher ein Alleingang einzelner Mitglieder war, so wurden die Songs des neuen Albums gemeinsam geschrieben und die völlig unterschiedlichen musikalischen Einflüsse der einzelnen Mitglieder formten diese interessante, aber dennoch stimmige Mischung verschiedener Stile, die hier auch harmonischer verbunden sind als noch auf dem Debüt. Uni Debess bringt immer wieder den Blues zum Vorschein, John Áki Egholm hat den Sound weiter Richtung Metal verschoben und auch Finnur Hansen setzt immer wieder Akzente am Keyboard. HAMRADUN haben aus dieser Mischung ihren ganz eigenen Sound kreiert, aus dem aber jeder Musiker immer mal ausbrechen darf, ohne dass es dem Gesamtsound schadet.

Mir hat das selbstbetitelte Debüt ja schon sehr gut gefallen, aber „Hetjuslóð“ kann da noch einen draufsetzen. Auch wenn viele der Songs sich erst noch richtig festsetzen müssen, so kann ich jetzt schon sagen, dass mir dieses Album richtig gut gefällt. Für meinen persönlichen Geschmack dürfte es ruhig noch einen Ticken härter sein, aber das gibt es ja dann live. Bleibt nur zu hoffen, dass die Band endlich auch mal auf dem deutschen Markt Fuß fassen kann und man sie endlich auch hierzulande einmal live erleben kann. (Anne)

 

Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 45:39 min
Label: Tutl
Veröffentlichungstermin: 29.11.2019

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