Pretty Maids - Undress Your Madness

prettymaids undressyourmadnessAuch wenn ein neues Album in den Startlöchern steht ist im Lager der Dänen nicht alles eitel Sonnenschein. Die Krebsdiagnose bei Sänger Ronnie Atkins, welche er kurz nach dem Studioaufenthalt erhielt, legt erst einmal alle Zukunftspläne auf Eis. Schon zuletzt schien die Truppe an Kraft eingebüßt zu haben, einige Auftritte gerieten recht kurz. Stilistisch wissen die PRETTY MAIDS auch nicht in welche Richtung sie wollen, analog dazu wurde die "Future World"-Jubiläumsgeschichte nur halbherzig durchgezogen. Zuletzt suchte man die Balance zwischen Melodie und Moderne, wo pendelt sich nun "Undress Your Madness" ein?

Ein gutes Stück hat man wohl zurück gerudert, ob die vermehrte Beschäftigung mit ihrem Klassiker hier den Ausschlag gab? Nach einem Intro setzt es gleich die erste Fanfare, in welcher Tasten und Saiten harmonieren wie in den besten Achtzigern. Die Strophe von "Serpentine" hat eher simple Akkorde zu bieten, bevor ein paar Chöre zum flüssigen Refrain überleiten. Die Machart funktioniert auch in "Runaway World" bestens, die Eckdaten der Nummer könnten locker vom Opener stammen.

Der Mainstream-Anteil wurde deutlich erhöht, was einem eine Reihe von Melodien bietet, die sich im Ohr festsetzen. Allerdings wird in der Hinsicht schon fast wieder über das Ziel hinaus geschossen, man hat zeitweise das Gefühl "Love Games" in Endlosschleife zu hören. "Firesoul Fly" fügt dem Thema noch ein paar akustische Gitarren, einen hymnischen Chorus und ein melodisches Solo dazu, was fast in die Neunziger gepasst hätte.
Die Bridge von "Will You Still Kiss Me (When I See You In Heaven)" rockt zwar ordentlich, aber ansonsten fällt der Song noch cheesiger aus als die abschließende Ballade "Strength Of A Rose" Jene überrascht dann wenigstens mit ein paar coolen, dezent psychedelischen Orgelsounds. "Shadowlands" weiß zwar mit Leadfills zu überzeugen, doch gerät insgesamt auch recht schunkelig.

Da kann solche Gitarrenarbeit in "Slavediver" gewinnbringender eingearbeitet werden, indem sie dem Stück Atmosphäre verleiht. Die bringen auch das leicht an PINK CREAM 69 erinnernde Eingangsriff und der ruhige Mittelpart. Im Verhältnis zu großen Teile der Scheibe kann man hier schon fast über die harte Bridge froh sein, welche die Dynamik zum hymnischen Refrain steigert. Insgesamt hätte man sich über mehr Lieder gefreut, die in der Strophe mal durchrocken, der Titeltrack pumpt zwar schön, reitet aber ebenso zu sehr die ein und selbe Saite.

Man könnte mir jetzt vorwerfen, nie zufrieden zu sein, was gar nicht so weit hergeholt ist, doch die PRETTY MAIDS haben zwei Nummern komponiert, welche sich genau in der Schnittstelle platzieren und beide Attribute liefern. Mit seinem breiten Riff bringt "If You Want Peace (Prepare For War)" endlich mal die Nackenmuskulatur in Gang, im Chorus flirren die sechs Saiten gekonnt, was den Druck erhöht.
Noch druckvoller brettert "Black Thunder" zu Beginn über einen hinweg, die Riffs treiben in der Folge schwer weiter. Dann bringen sich endlich mal ein paar knallige Arrangements wie zu Glanzzeiten in Stellung und zeigen, was man so lange vermisst hat. Da sind sie tatsächlich wieder, die dicken Shouts, auf welche man sich freut wenn man sie beim Konzert mit erhobener Faust mitskandieren kann.

Waren mir die letzten Alben zu modern, so haben wir es hier mit einem der seichtesten der ganzen Historie zu tun, das wenig Überraschungen bietet. Natürlich ist der Fokus auf die Melodien als Altfan zu begrüßen, dafür sind die Lieder alle recht knapp gehalten und bieten wenig Raum für ein paar Wendungen, welche die Aufmerksamkeit zusätzlich erhöhen. Dennoch zeigen die Dänen, dass sie das Songwriting nicht verlernt haben und Ken Hammer feuert ein paar coole Soli heraus.
Klanglich fällt der Schritt zurück nicht so groß aus, das Soundgewand ist immer noch zeitgemäß genug, um aktuelle Hörer zu begeistern. Nur die Gitarren wurden nicht mehr ganz so tiefgelegt, dafür erlaubt sich das Keyboard den ein oder anderen futuristischen Anklang. Ob das am Ende reicht, um die alten Hörer zurück zu gewinnen, lässt sich schwer sagen, "Undress Your Madness" geht mal gut ins Ohr. Aber womöglich hat die Band derweil ohnehin ganz andere Probleme. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs:  11
Spielzeit: 43:18 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 08.11.2019

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