Hamferð – Ódn

hamferd odnDamals, im Jahr 2008, wurde auf den fernen Färöerinseln eine Band gegründet, die sich HAMFERĐ nennen sollte. Im gleichen Jahr schrieb man zwei Songs, die den Grundstein der musikalischen Karriere legen würden. Das waren zum einen „Ódn“, zum anderen „Opið Hav“. Letzter wurde mal vor Ewigkeiten auf einem färöischen Sampler, gemeinsam mit Pop- und Folknummern veröffentlicht, wo er recht schnell in Vergessenheit geriet und auch die Band spielt diesen Song nicht mehr. „Ódn“ dagegen ist bis heute präsent und fehlt in fast keiner Setlist des Sechsers. Was jedoch bis heute fehlte, war eine Aufnahme des Stücks, das meiner Meinung nach zu den besten der Band gehört.

Ich nehme aber mal an, dass ich nicht die einzige war, die immer mal wieder gedrängelt hat, dass man doch diesen Song bitte endlich aufnehmen sollte. Er ist einfach zu gut, um nur live gehört zu werden oder in gruseligen Handyaufnahmen auf YouTube ein Dasein zu fristen. Im März 2018 haben HAMFERĐ dann in ihrer Heimat ein als CD-Release-Konzert deklariertes Konzert gespielt, das auch aufgenommen wurde. Aus dieser Session wurde ja „Stygd“ bereits veröffentlicht. Nun wurde, zur Feier des zehnjährigen Jubiläums mit „Ódn“ endlich auch der erste jemals geschriebene Song veröffentlicht und das ausschließlich auf Vinyl (und als Download).

Ich persönlich hätte mir ja eher eine Studioaufnahme gewünscht. Anderseits entfaltet aber gerade dieser Song live eine ganz besondere Energie, die einzufangen hier perfekt gelungen ist. Zudem ist der Sound für eine Liveaufnahme ebenfalls sehr gut. „Ódn“ ist dabei nicht nur der erste Song, den die Band je geschrieben hat, sondern es ist auch der einzige, der einen englischen Text hat. Daran muss man sich, wenn man nur die färöischen Stücke gewohnt ist, erst etwas gewöhnen. Der dreitgeteilte Song, in dem es um einen Seemann geht, der mit den übermächtigen Wellen kämpft und sich ihnen letztendlich ergibt, hat jedoch schon früh gezeigt, wohin die Reise der Band geht.

Gekonnt baut man eine düstere, bedrohliche Atmosphäre auf, die sich nach einigen Minuten in einen wilden, chaotischen Sturm entlädt. Nur um plötzlich zu enden, so wie Wind und Wellen das Leben eines Menschen plötzlich beenden können. Der ruhige Orgelpart lässt vor dem geistigen Augen den Körper des Seemanns erscheinen, wie er langsam zur ewigen Ruhe auf den Meeresboden herabsinkt und dabei seine allerletzten Gedanken denkt.

Auf der B-Seite der EP findet man das Stück von HAMFERĐ, dessen Video wohl am häufigsten angesehen wurde. Während der totalen Sonnenfinsternis am 20.03.2015 auf den Färöern haben Jón Aldará, Theodor Kapnas und John Egholm oberhalb von Kvívík eine semiakustische Version von „Deyðir Varðar“ aufgenommen. Der Song stammt vom Album „Evst“ und in ihm geht es um einen Vater, der seinen Sohn sucht, den er in den Bergen verloren hat. In der reduzierten Version, bei der Jóns Stimme noch mehr im Vordergrund steht, wirkt der Song noch eindringlicher, noch intensiver als im Original. Auch wenn es hier gewöhnungsbedürftig ist nur die Musik zu hören, nicht aber das Video der sich verdunkelnden Sonne dazu zu sehen. Trotzdem stellt dieser Song, der in dieser Version ja auch noch nicht physisch veröffentlicht wurde, die perfekte Wahl für die B-Seite dar.

Wobei: Welche Seite ist hier A und welche B? Beide Stücke sind von gleichhoher Qualität und gleichzeitig zeigen sie zwei völlig unterschiedliche Seiten von HAMFERĐ. Während „Ódn“ stellenweise fast schon zu schnell und heftig ist, um noch als Doom durchzugehen, ist „Deyðir Varðar“ sanft und zerbrechlich zart. Und beiden gemeinsam ist ein Gefühl der Machtlosigkeit und Unterlegenheit gegenüber einer übermächtigen Natur, gegenüber den erbarmungslosen Elementen, die am Ende den Menschen doch in die Knie zwingen oder ihn seiner Lieben berauben. Und da beide Stücke zu meinen absoluten Favoriten in der Banddiskographie gehören, bleibt mir hier eigentlich nicht viel anderes übrig, als nach langer Zeit mal wieder die Höchstnote zu zücken, denn es gibt überhaupt gar nichts, was man an dieser EP auszusetzen hätte. (Anne)

Bewertung:

Anne10 10 / 10

Anzahl der Songs: 2
Spielzeit: 14:53 min
Label: Metal Blade Records
Veröffentlichungstermin: 12.04.2019

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