axelrudipell knightscallLanglebigkeit ist für den Bochumer oberste Maxime, er mag den schnellen Erfolg nicht, dem die heutige Generation in dümmlichen Fernsehshows hinterher hechelt nicht. Dabei setzte er in seiner Karriere auf ungeheure Konstanz, STEELER mit eingerechnet veröffentlichte er in etwas mehr als 30 Jahren zwanzig Alben, die sich allesamt in seinem musikalischen Kosmos bewegen. Mit seiner Schlösser - und Fantasythematik wirkt er oft wie aus der Zeit gefallen und in der Tat gab es zuletzt ein paar Abnutzungserscheinungen im System AXEL RUDI PELL zu verzeichnen, die beiden letzten Studioveröffentlichungen fielen leider qualitativ ab. Davon unbeeindruckt legte er zuletzt eine weitere Ausgabe seiner Balladensammlung vor und haut zwei Jahre nach "Game Of Sins" das nächste Studioalbum raus. Schafft er mit "Knights Call" die Wende, auch wenn der Titel nicht gerade für neue Einfälle steht.

Nein, auf Neues hat er wirklich keine Lust, hier bleibt der Schuster bei seinen Leisten, wenn der alte Haudegen auch eher im Kohlepott denn in einer für die Schuhindustrie bekannten Gegend aufgewachsen ist. Doch in der Vergangenheit hat er schon oft bewiesen, dass es möglich ist, sich in einem kleinen musikalischen Fenster immer noch ein bisschen zu verändern. Man erinnere sich nur an seine Anfänge in der NWOBHM, dem Flirt mit dem Hair Metal, der Rückkehr zu alter Härte, bevor sich RAINBOW als Hauptinspiration etabliert haben. Vielleicht merkte der Pellator, dass er in letzter Zeit zu getragen zu Werke ging, er das Heavy Rockthema etwas zu sehr ausreizte, die Songs gingen nicht mehr so nach vorne, es musste wieder richtig gerockt werden.

Und das tut "The Wild And The Young" nach "The Medieval Overture" durchaus ordentlich, wobei sich die Nummer sicher unter den typischen schnellen Openern einzuordnen ist. Doch ein gewisser Unterton ist, dazu schlägt das Grundriff ein paar Haken und sucht nicht den ganz direkten Weg, was man aber vom Meister gewohnt ist. Schwerfällig, doch ebenso rockig akzentuiert stampft im Anschluss der Shuffle-Groove von "Wildest Dreams" daher, wobei Ferdy Doernberg an der Orgel für eine interessante Untermalung sorgt.
Auf ein Stück wie das folgende "Long Live Rock" musste der geneigte Fan schon länger warten, der beschwingte Rhythmus folgt der Tradition von "Strong As A Rock" und "Rock The Nation". Wie in den beiden Songs pumpt auch hier der Bass in der Strophe mächtig, während es im Refrain Gangshouts setzt, das macht einfach Spaß, auch wenn es nichts Neues bietet. Selbst das Instrumental "Truth And Lies" rockt mächtig nach vorne, die Melodieführung übernehmen die sechs Saiten von Pell, der auch ein paar coole Effekte auspackt.

Was beim Bassspiel, und nicht nur da, auffällt, ist das auch in Sachen Klang etwas nachgebessert wurde, denn auch der allzu klinische Sound war zuletzt ein Kritikpunkt. So hat man es zum ersten Mal geschafft, Bobby Rondinelli einen richtigen, dynamischen und authentischen Drumsound zu verpassen, damit er auf seinem dritten Album mit der Formation endlich die notwendigen Akzente setzen kann. Was für ihn gilt, muss man auch beim Chef persönlich attestieren, denn seine sechs Saiten klangen zuletzt auch ziemlich spacig und verwaschen. Nun kommt seine Strat wieder knackiger und präziser zur Geltung, keine Ahnung, ob es daran liegt, aber auch seine Soli wirken wieder inspirierter.

Doch auch die getragenen Momente dürfen nicht fehlen, wenngleich sie weniger Anteil haben als auf den letzten Werken. Über verhallte Keyboardflächen drückt Krawczaks Langholz wieder tief rein, bis das schwere Riff des Mastermind erklingt, um für den Chorus die notwendigen Weiten zu öffnen. Einen Hauch von Orient wie seinerzeit bei "Casbah" versprüht der schleppende Rausschmeißer "Tower Of Babylon" mit seinen Synthiestreichern und bekannten Querverweisen. Und bei der einzigen Ballade "Beyond The Light" schmückt Johnny Gioeli die Phrasierungen ebenfalls so gut aus, wie er sie schon länger nicht mehr gemeistert hat. Damit hievt man "Knights Call" zwar nicht auf die Stufe von "Black Moon Pyramid" oder "Kings And Queens", aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs:10
Spielzeit: 58:14 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 23.03.2018

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Maiks Avatar
Maik antwortete auf das Thema: #22549 5 Jahre 11 Monate her
Jep du hast Recht! Die neue Pell steht nicht auf einer Stufe mit „Black Moon Pyramid“ oder „Kings & Queens“ und sieht man es rosarot positiv dann kann man sagen, dass der Axel Rudi echt noch keine schwache Platte abgeliefert hat (!), für mich ist das Album hier aber ein Schritt in die falsche Richtung.
Ich finde seit „Tales Of The Crown“ bewegt er sich alle 2 Jahre auf okay’em Niveau mehr und mehr in die Albumbelanglosigkeit. „Knights Call“ ist jetzt echt die x-te Kopie des eigenen Strickmusters und das reicht mir nicht mehr. Da tendiert das eigentlich unnötige Instrumental fast zum Highlight, weil es zumindest ein bisschen Band- und Jamcharakter reinbringt.

Die Band besteht aus so vielen großartigen Musikern, die mal von der Leine gelassen werden müssten, dann könnte da wieder was richtig Großartiges entstehen. Was könnte der Rondinelli für geile Sachen spielen? Stattdessen gibt’s Schlagzeugspuren, die auch jeder Hobbydrummer hätte einspielen können. Ferdy Doernberg hat früher mit ROUGH SILK ein gutes Händchen für abwechslungsreiches, individuelles, innovatives Songwriting gehabt…Das ist alles hier nicht vorhanden, so eine Halbballade wie "Beyond The Light" hat er so oder so ähnlich bestimmt schon ein dutzend Mal komponiert.

Besonders kritisch wird „Knights Call“ dann bei der Abschlussnummer „Towers Of Babylon“, da hat man den Eindruck, dass auf Teufel komm raus die dritte Nummer für die B-Seite von RAINBOWs „Rising“ komponiert werden sollte, nur hätte man dem Pell mal sagen sollen, dass noch kein guter Song draus wird, wenn man hinten raus vier Minuten lang den Refrain und die gleiche Melodielinie in einer Endlosschleife wiederholt. Und an so Songs wie „Slaves On The Run“ und „Follow The Sun“ wird man sich höchstwahrscheinlich bald auch nicht mehr erinnern können. Wo sind die Hymnen geblieben wie „Strong As A Rock“, emotionale Balladen wie „The Clown Is Dead“ oder was wirklich episches wie „Ashes From The Oath“?

Natürlich kann man sich auch dieses Album wie die letzten vornedran schön hören…manchmal wäre es wirklich besser, wenn ein Musiker nicht der Meinung wäre, er bräuchte unbedingt ein neues Album, um auf Tour gehen zu können.

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