201803 paradiselost host remaster200pxAls ich damals diese Review hier spasseshalber als Bewerbungsschreiben für Neckbreaker verfasst hatte, hätte ich nicht gedacht, dass ich mal in den Genuss komme es tatsächlich auch veröffentlichen zu können.
 Aber Nuclear Blast machts möglich und legt das kontroverseste Album von PARADISE LOST „Host“ als Remastered-Version neu auf. Da Vinyl zu damaligen Zeit verkaufstechnisch auf dem Tiefpunkt war, wurde „Host“ auch nur auf CD veröffentlicht. Die Neuveröffentlichung erscheint nun deshalb erstmals auch als Schallplatte.

Das Review selbst ist so verfasst, als wäre „Host“ gerade erst neu erschienen und da möchte ich jetzt auch nichts mehr dran ändern. Für den ein oder anderen neuen PARADISE LOST-Fan dürft die Scheibe eh eine Neuentdeckung sein, war es damals doch auch der Wendepunkt in der musikalischen Entwicklung.

PARADISE LOST kommen die Tage mit einem neuen Album um die Ecke! Überrascht? Ja, ich auch. Nach dem Wechsel zu EMI gab es sogleich den nächsten radikalen Stilwechsel. „Wer ist das?“ fragt man sich unweigerlich, wenn man die Platte in den Händen hält. 1999 sind PARADISE LOST weiter von ihren Ursprüngen entfernt als gedacht, denn sie sind oberflächlich betrachtet nicht mehr vorhanden. Geblieben ist die Melancholie, die in ohrschmeichlerichen Klängen verpackt ist. Warum man die Fans mit diesem neuen Auftritt unter dem Label „Paradise Lost“ verwirrt bleibt unklar. Das letzte Album hat schon kritische Stimmen hervorgerufen, die das Ende des kreativen Schaffens ausgerufen hatten. Dem ist nicht so, es ist die gleiche Band in einem neuen Klangkleid für ihre Lieder! Etliche Metalfans werden die eingängigen Songs ablehnen und als Pop Musik abtun!
Allerdings ist „Host“ ein Experiment welches außerordentlich gut geglückt ist und viele Freunde der elektronischen Musik wird die Nähe zu den Synth-Pop Übervätern DEPECHE MODE begeistern.

Ich hatte mir 1997 nach dem fulminanten „Draconian Times“- Album das Album „One Second“ zugelegt und lauschte voller Erwartung den ersten Klängen. Ich war schockiert, gespannt und fasziniert zugleich, denn „One Second“ war ein Schritt in eine neue musikalische Richtung. Es stand ein Live Konzert in der Offenbacher Stadthalle an und ich fuhr mit einem Freund hin. Wir waren uns einig, dass es heute anders wird und das wurde es auch! 
Eine optisch wie musikalisch völlig veränderte Band stand auf der Bühne! Aber eigentlich war alles wie sonst bei PARADISE LOST: Nick traf die Töne manchmal nicht und der Rest der Band agierte auf der Bühne wie immer. Nur: die Musik war anders - cleaner ohne Wums!

Warum ich das erzähle?
Nun, das neue Album Anno 1999 ist nochmal anders als man denkt: Man wird schon vom Cover auf das Kommende eingestimmt: das Coverartwork besteht überwiegend aus den Bandmitgliedern, mit leichter Unschärfe verfremdet. Diese Abstraktheit und fast Schnörkellosigkeit findet man auch bei vielen Vertreten dunkler elektronischer Musik. Das Thema ist eben Digital und nicht Analog! Will heißen: im aufstrebenden digitalen Zeitalter sieht eben auch das Design von Alben anders aus (muss es aber nicht). Da ich von Natur aus einen breitgefächerten Geschmack habe macht mir das nicht das geringste aus. Wenn der Funke überspringt ist es wurscht ob Country oder Pop. Es muss Herzblut zu spüren sein und das ist es. 
Nick Holmes gab einmal zu Protokoll, dass ihm die Fähigkeit fehlt lustige Mitsinglieder zu schreiben wie „Walking On Sunshine“. Er liebt eher die dunkle melancholische Seite der Musik und das findet sich auf JEDEM Album wieder.

Die Songs die man zu hören bekommt sind ausgearbeitete Lieder mit Ohrwurm-Charakter. Die 13 Songs sind klug arrangiert und keineswegs ausufernde elektronische Spielereien, die von Nick Holmes abermals gesteigerter Gesangsleistung garniert sind. Gestützt werden einige
Stücke von weiblichen Background-Gesang. Typische Rocksounds von Gitarre, Schlagzeug und Bass sucht man vergebens, hier wabern Synthesizer und Sequenzer und die meisten Instrumente sind daran soundtechnisch angepasst. Ob die Violinen generiert sind oder echt, kann ich so auch nicht beurteilen.

Dennoch sind gerade Stücke wie „So Much Is Lost“, „In All Honesty“, „Ordinary Days“, „Permanent Solution“ „Made The Same“ alle empfehlenswert. 

Als einen typischen PARADISE LOST Song würde ich definitiv „Deep“ bezeichnen. 
Der Titeltrack „Host“ als Schlussknaller sticht hervor und lässt mich die Platte abermals hören. Dabei entdecke ich immer weitere Klangschichten und Rhythmusteile, die den Stücken mehr Tiefe verleihen.

Bleibt nur noch abzuwarten ob PARADISE LOST es schaffen diese komplexen Songstrukturen auch live rüberzubringen. Bei Nick  Holmes mache ich mir da schon Sorgen, denn der Gesang ist live oft alles andere als gut. Die Geschichte der Band ist allerdings bisher spannend verlaufen und birgt sicher noch einige musikalische Überraschungen. PARADISE LOST sind nicht AC/DC und wollen es auch gar nicht sein!



Abschliessend bleibt zur Neuveröffentlichung zu sagen, dass diese im direkten Vergleich ein wenig klarer und knackiger und natürlich loudnessmäßig-behandelt, subjektiv lauter wirkt als die Erstveröffentlichung. Die Band tat gut dran an diesen Werk sonst alles zu lassen, wie es ist. So bleibt die Scheibe dauerhaft in meiner persönlichen Klassikerliste.

 (Andreas)

„Sit alone and celebrate good times of change
Sit alone anticipate great times of change“



(Textauszug „In all Honesty“)


Bewertung:

Andreas0,0 - / -


Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 53:09 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 16.03.2018

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