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satyricon deepcallethupondeepMit jedem Album ging es für das Duo Satyr und Frost einen Schritt nach vorne, Stillstand schien nicht zu existieren. Erst mit dem letzten, selbstbetitelten Werk griffen die Norweger wieder auf Elemente ihrer Vergangenheit zurück. Daran lag es aber nicht, dass SATYRICON seit 2013 lange auf neues Studiomaterial warten ließen. Am schwerwiegendsten dürfe die Hirntumordiagnose beim Frontmann, der bürgerlich Sigurd Wongraven heißt, gewesen sein. Doch auch das Orchesterprojekt und die Jubiläumsfeierlichkeiten für „Nemesis Divina“ nahmen einige Zeit in Anspruch, so dass man erst wieder neue Ideen sammeln musste. Nun können die Fans diese in Form von „Deep Calleth Upon Deep“ in Ohrenschein nehmen, wohin geht damit die Reise der Norweger?

Allzu weit weg bewegt man sich nicht von den eigenen Vorgaben weg, mittlerweile hat man einfach den eigenen Sound definiert, was das Album natürlich sofort als von seinen Schöpfern stammend, erkennbar macht. Den weitesten Schritt weg von den Ursprüngen wagten die Beiden mit dem Doppelschlag „Now, Diabolical“ und „The Age Of Nero“, mit „Satyricon“ griffen sie wieder Ideen auf, die schon einmal Bestandteil der eigenen Geschichte waren. Das nunmehr neunte Werk setzt den darauf begonnenen Weg fort, vereint Elemente aus dem kompletten Schaffen in einer sehr dichten Songsammlung. Man muss dem kreativen Geist von Komponist Wongraven Respekt zollen, so wie er seine Vision umsetzt, kommt er den ursprünglichen Werten des Black Metal näher als viele Traditionalisten.
Und das, obwohl sie den alt her gebrachten Pfad spätestens mit „Rebel Extravaganza“ verlassen haben. Dessen eigenwillige Rhythmik macht sich in „Blood Cracks Open The Ground“ breit, welches streckenwiese dissonant klingt. Hier offenbart sich das ständige Wechselbad aus doomigen Passagen und von Frosts forderndem Drumming dominierte Ausbrüchen, welches sich durch fast jeden Song zieht. Das wird in „Dissonant“ noch deutlicher, bei der sperrigsten Nummer ist der Titel Programm, die Bläser zu Beginn wirken völlig verstörend.
Das ganze wurde in einen ungemein schroffen Sound gepackt, für den SATYRICON wieder nach Vancouver zu Mike Fraser reisten. Der gibt sich widerspenstig, baut die Lieder wie Klippen vor dem Hörer auf, dass er daran zu zerschellen droht. Selbst die vielen Leads, die Satyr immer wieder einpflegt, ändern nichts an der distanzierten Atmosphäre des Werks. Wo früher die karge Wildheit der norwegischen Landschaft das Bild bestimmte, ist es nun das sicherlich am meisten sinistere Gemälde von Edvard Munch, welches schon auf dem Cover die Richtung vorgibt.

Und auch der Albumtitel stellt schon vieles klar, die Band will die Tiefen ausloten, dazu setzt sie vor allem auf subtile Details, die beim Gang nach unten voran leuchten, aber nicht im Wege stehen. Aus dem Schlund der Erde sind wohl diese völlig irren Chöre entsprungen, die vor allem im rockigen „The Ghost Of Rome“ zu vernehmen sind. Diese fallen fast nicht auf, wissen aber dennoch ihre unheimliche Wirkung zu entfalten. Wo der Vorgänger mit „Phoenix“ noch deutlich das Gothicgenre bediente, kommen hier ebenfalls nur Nuancen zum Einsatz. Der Titelsong wird mit einer Tonfolge eröffnet, die man im Swing verorten könnte, doch hier tanzt man eher im Ballsaal der Hölle. Und am Ende legt sich ein kurzes Orchester über die Schwere von „Burial Rites“.

Was richtig überrascht, wie es SATYRICON gelingt eine reine Black Metal-Nummer wie „Black Wings And Withered Gloom“ ohne Reibungsverluste in „Deep Calleth Upon Deep“ zu integrieren. Hier wechselt sich Raserei mit postschwarzen Flächen ab, mit einer derartigen Nummer war nicht mehr zu rechnen. Sie wirkt aber deswegen nicht als Fremdkörper, weil sie durch das Soundgewand eine andere Färbung erhält, zumal Anklänge in die Richtung schon auf „Satyricon“ zu hören waren. Leichter macht es das Album aber nicht, welches man sich schon erarbeiten muss, lediglich das schleppende „To The Brethren In The Dark“ öffnet eine Zugang. Bei aller Klasse, wie sehr die Formation über allem steht, war sie songtechnisch einfach schon mal zwingender. (Pfälzer)

 


Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 43:38 min
Label: Napalm Records
Veröffentlichungstermin: 22.09.2017

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