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Amonamarth TourplakatAls ich die Schweden 2002 zum ersten Mal auf dem Bang Your Head sah, wusste ich noch nicht, welche Macht ich vor mir habe. Mir gefiel dieses heftige und geschlossene Auftreten, aber der Siegeszug, der danach folgen sollte war nicht abzusehen. Mit jedem Album ging es die Erfolgsleiter weiter hinauf, kein Wunder, für Death Metal hatten AMON AMARTH wahre Hits am Start. Zwar schwächelt die Rockmusik derzeit in allen Bereichen, doch mittlerweile sind die Jungs ganz vorne in der Metalszene etabliert und konnten ihr letztes Album "Jomsviking" auf der Spitzenposition der deutschen Charts hieven. Damit touren sie nun schon ein Jahr durch die Lande, jetzt kamen sie auch in Saarbrücken vorbei, wo die große Saarlandhalle gebucht wurde. Mit an Bord waren ihre Landsleute von DARK TRANQUILLITY, eine der Speerspitzen des Göteborg-Sounds und die Finnen OMNIUM GATHERUM.

OMNIUM GATHERUM
Schon das sphärische Intro verweis auf die Herkunft des Sechsers, diese endlos weiten Synthesizerklänge können nur aus den finnischen Wäldern stammen. Dazu sprinteten die Jungs auf die Bühne und legten mit dem leicht thrashigen Opener "The Pit" los, wobei selbiger nicht losgetreten wurde, dennoch bereitete die größte Saarbrücker Halle der Truppe einen warmen Empfang. Die Größe von Halle und Bühne kam ihr auch entgegen, denn trotz dem weit nach vorne geschobenen Drumkit hatten die Musiker richtig viel Platz. Den nutzten sie auch reichlich, bis ganz an den Rand gingen die Ausflüge, auch wenn es dort kaum ausgeleuchtet war.
Da hat man natürlich Spaß im Gegensatz zu den oftmals kleinen Clubs, zu seinen vielen Metern poste Frontmann Jukka Pelkonnen auch ausgiebig und versuchte immer wieder die Menge aus der Reserve zu locken. Allerdings wusste er in den instrumentalen Passagen, dann wenn die Weite Finnlands wieder durch die Musik spürbar war, nicht wirklich viel anzufangen und zog sich lieber zurück. Sein tiefes Gegurgel ging auch ein wenig im noch nicht richtig ausbalancierten Sound unter, wie auch die Keyboards von Aapo Koivisto. Die Lautstärke stimmte zwar, doch ein wenig Befürchtungen kamen schon auf, gilt die Saarlandhalle nicht gerade als Klangtempel.

Die Saitenfraktion war ebenso viel unterwegs und schüttelte unablässig ihr Haupthaar. Dabei war es vor allem Mitbegründer Markus Vanhala, der die meisten Posen raus haute, immer wieder präsentierte er seine Jackson Flying V auf dem Oberschenkel und ließ dabei ein paar schnelle Läufe vom Stapel. Allerdings wirkte das zu sehr als Versuch, einen gewissen Alexi Laiho zu imitieren zu wollen, an den kam er leider nicht heran. Dabei war das Zusammenspiel recht gut, ein paar schöne Harmonien zauberte man auch aus dem Hut. Die Hälfte des 35 Minuten kurzen Sets von OMNIUM GATHERUM bestand aus Stücken ihres aktuellen Longplayers "Grey Heavens" wie "Skyline". Weiterhin gab es Kostproben aus den letzten beiden Alben, mit dem Titelsong von "New World Shadows" endete ein interessanter Auftritt, auch wenn das Material nicht unbedingt in den Ohren hängen blieb.

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DARK TRANQUILLITY
Da war der erste Teil des Schwedendoppels doch eine ganz andere Hausnummer, auch wenn es noch ein wenig dunkler auf den Brettern wurde. Wer aber die Dunkelheit im Namen trägt, der darf gerne auf einer spärlich ausgeleuchteten Bühne auftreten, was speziell die Atmosphäre der Synthieparts von Martin Brandström unterstrich. Die flickerten immer wieder durch den Raum und gaben die Stimmung für die Riffsalven vor, welche Sundin-Ersatz Christopher Amott und Interimsgitarrist Johan Reinholdz auf die Zuschauer los ließen. Und siehe da, der Mann am Mischpult hat nachgebessert, nicht nur bei der Differenziertheit, sondern auch bei der Lautstärke. Die kurzen, kompakten Nummern, in denen so viel passiert, standen wie eine Wand vor den Zuschauern.

Es ist einfach diese spezielle Atmosphäre, welche diese Band ausmacht, die Art wie sie mächtige Riffs, die für den Göteborgsound so typischen Leads und Elektronik zu einem Ganzen verschmelzen. Dem konnte man sich nur sehr schwer entziehen, gerade wenn sie so intensiv dargeboten wurden wie an dem Abend. Das war vor allem ein Verdienst des großartigen Frontmanns Mikael Stanne, die mit seiner eigenwilligen Gestik über die Bühne stolzierte, dabei die Dynamik der Lieder mit Emotionen zu füllen wusste.
Gesanglich immer zwischen Grunts, Gekeife und tollem Klargesang pendelnd, gelang ihm das bravourös. Dabei suchte er die ganz direkte Bindung zum Publikum, taxierte die vorderen Reihen immer wieder mit den Augen, während er seine verzweifelnden Vocals ins Mikro schmetterte. So hatte er die Zuschauer schon nach wenigen Momenten im Griff, mit seinem spitzbübischen Grinsen durch seinen roten Bart wirkte er sehr sympathisch, was ihm zusätzlich Punkte einbrachte, der Mann weiß ein Publikum definitiv zu nehmen.

Seine Nebenleute boten den idealen Background für den vielleicht besten Frontmann im extremen Sektor und legten ihm ein dichtes Fundament unter die Füße. Zwar sieht Anders Iwers mittlerweile viel älter aus als er ist, Haare und Bart sind mittlerweile komplett weiß, doch auch in der Farbe wissen Haare zu fliegen, wenn der Kopf nur mächtig genug bangt. Auf seiner Seite zeigte auch Reinholdz sehr viel Einsatz und Publikumsnähe, während sich Amott erst in die Band finden musste und daher sich mehr auf sein Spiel als auf das Stageacting konzentrierte. Dafür wusste er mit einigen Soli zu überzeugen, welche den Stücken noch eine weitere Facette gaben. Keine andere Band steht so ungebrochen für den Sound ihrer Heimatstadt, der sie auch ein Lied widmeten, wie DARK TRANQUILLITY.

Aus den Lieder ließen sie mit ihren großen Melodien immer wieder Hits entstehen, die in dem Genre ihresgleichen suchen und die Menge von Beginn an in ihren Bann zogen. Dabei bedurfte es keiner cleanen Refrains, damit sich die Titel in den Köpfen festsetzen und mitgesungen werden konnten. Wie bei Opening Act stand auch hier das jüngste Output "Atoma" im Vordergrund, dazu vor allem Songs aus dem Klassiker "Fiction". Leider fehlten mit "Final Resistance" und "Lost To Apahty" zwei der bekanntesten, was daran lag, dass die Fans nach einer dreiviertel Stunde schon aus ihrer Ekstase gerissen wurden. Verständlich war das ob der Relevanz der Formation als auch der Reaktionen nicht, denn die ganze Veranstaltung endete eine viertel Stunde vor Curfew. Das war allerdings der einzige Wehrmutstropfen einer unglaublich intensiven Darbietung.

Setlist DARK TRANQUILLITY:
Force Of Hand
The Lesser Faith
Atoma
The Science Of Noise
Forward Momentum
Terminus (Where Death Is Most Alive)
Clearing Skies
Therein
Wonders At Your Feet
Misery´s Crown

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AMON AMARTH
Nach recht langer Umbaupause für die ganze dicke Produktion, wurde mit Erlöschen des Hallenlichtes schnell klar, wer an dem Abend Herr im Haus ist. Sofort brandete der Jubel auf, auch weil erst kurz zuvor der Blick auf die kompletten Bühnenaufbauten frei gegeben wurde. Das Drumkit von Jocke Wallgren thronte hoch oben auf einem riesigen Wikingerhelm, die Hörner ragten noch weiter in die Luft. Wer vorher geunkt hatte, ob die Halle nicht etwas zu groß für die Schweden wäre, der soll sich mal Gedanken machen wie er das Ding in der Garage unterbringt. Dazu säumten auf beiden Seiten doppelläufige Treppenaufgänge den Riser, die oben hinter dem Schlagzeug zusammen liefen.

Klar waren die Tribünen nicht geöffnet, doch der Zuspruch war weit größer als beim letzten Gastspiel in der saarländischen Hauptstadt, was sich direkt an der Publikumslautstärke bemerkbar machte. Wer es sich natürlich leisten kann sein Set mit so einem Hit zu beginnen, der hat schon gewonnen. Aus etlichen Kehlen ertönte der mächtige Refrain, der direkt alle Fronten klärte. Die Band gab von Beginn an Vollgas und nutzte die komplette Bühne großzügig aus. Immer wieder liefen die Musiker von einem Ende der Bretter auf die andere und dann über die Stufen zurück. Richtig mächtig wurde es vor allem, wenn sie sich am vorderen Bühnenrand auf ihre Riser stellten und Matten sowie Bärte synchron schwenkten.

Nach zwei Songs ergriff Johan Hegg zum ersten Mal das Wort, mit ein paar gut artikulierten deutschen Ansagen, die ebenfalls bejubelt wurden. Oder war das eher die Freude darüber, dass er von der Existenz des Saarlandes wusste? Natürlich wusste er, wie er sein Publikum zu fordern hatte, damit es ihm die Chöre gab, die er wollte, immer wieder stachelte der etwas erschlankte Frontmann die Meute an. Dabei war das gar nicht nötig, die Zuschauer erwiesen sich auch bei den neuen Sachen als textsicher.
Davon gab es nach ein paar Klassikern eine ganze Runde, wobei der zweite Titel den ersten Auftritt der Jomswikinger erfuhr, die mit der Band reisen. Während zwei mit Schwert und Schild vorne kämpften hatte sich die Formation auf den Treppen verteilt, was eine imposante Kulisse bildete. Immer wieder erschienen komplett bewaffnete Krieger während der Show, die mit Lanzen oder Bogen neben dem Drumkit posten. Und auch der trügerische Loki durfte nicht fehlen, der sich vorne ein Duell mit Hegg lieferte.

Gerade bei den Stücken der letzten zwei Scheiben zeigte sich, wie sehr AMON AMARTH die Death Metal-Gefilde verlassen haben, ohne an ihrem über alles hinweg rollenden Charakter einzubüßen. Viele Riffs hätte man auch getrost in der NWOBHM oder Thrash Metal verorten können, wenn sie live nicht ganz so tief gezockt wurden wie auf Platte. Auch in Sachen Songauswahl lässt man die Zeiten des Elchtodpurismus hinter sich, die ersten drei Platten blieben komplett unberücksichtigt, selbst der „Victorious March“ wurde nicht in Gang gesetzt. Auch aus den beiden Durchbruchsalben gab es nur den jeweils ganz großen unvermeidlichen Hit, so dass sich das Programm fast ausschließlich auf die zweite Karrierehälfte beschränkte.

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Das alles wurde aber mit so einer Macht dargeboten, dass es gar nicht auffiel, so straff und malmend die Songs über die Köpfe hinweg rollen, so spielte auch der Fünfer zusammen. Vielleicht sind es nicht die herausragenden Musiker, doch wenn sie gemeinsam los donnern, entsteht dieser unverkennbare Groove, der alles plättet. Es ist diese Geschlossenheit, dieses für Wikinger so typische Verhalten, mit vereinten Kräften anzugreifen, um maximalen Erfolg zu sichern, welche die Truppe ausmacht. Sicher waren Hegg und Olavi Mikkonen die Fixpunkte auf der Bühne, letzterer servierte seine Soli auch mit ein paar Kilo weniger, doch nur mit Johan Söderberg und Ted Lundström werden sie zu der Einheit, die nun vom wuchtig aufspielenden Wallgren angepeitscht wird.

Nach so vielen Jahren muss man aber auch bei AMON AMARTH fest stellen, dass das Publikum in die Jahre gekommen ist, der ganz große Wahnsinn blieb im Auditorium aus, auch wenn ei n Pit fröhlich kreiselte. Der Ruf nach einer Wall Of Death wurde von der Band zwar gehört, aber nicht weiter verfolgt, was vielen Anwesenden nicht unrecht war. Die hoben lieber die Hörner mit der Band und grölten die Schlachtgesänge mit. Vor allem zum Ende hin hatten sie dazu massig Gelegenheit, als die ganz großen Gassenhauer ausgepackt wurden.
Natürlich stellt sich die Frage, wie sehr Mitklatschen oder fette Chöre wie bei der ultimativen Beerdigungshymne noch Todesblei sind, aber wie ich schon erwähnte sind diese Zeiten vorbei. Dafür gab es eine riesige Show, an deren Ende Johan Hegg mit dem funkensprühenden Thorshammer der Midgardschlange Saures gab. Dazu regnete es noch Funken, welche die unablässig die vorderen Reihen grillenden Feuersäulen unterstützten. Schon erstaunlich wie groß diese Band geworden ist, aber auch weil sie immer ihren Weg gegangen ist. (Pfälzer)

Setlist AMON AMARTH:
Pursuit Of Vikings
As Loke Falls
First Kill
Way Of The Vikings
At Dawn´s First Light
Cry Of The Blackbirds
Deceiver Of The Gods
Tattered Banners And Bloody Flags
Destroyer Of The Universe
Death In Fire
One Thousand Burning Arrows
Father Of The Wolf
Runes To My Memory
War Of The Gods
Raise Your Horns
Guardians Of Asgaard
Twilight Of The Thunder God

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