Axel Rudi Pell + Lords Of Black (06.09.2016, Saarbrücken)

axelrudipell tourplakatZuletzt schwächelte das Wattenscheider Wahlblondchen etwas, sowohl auf der Bühne als im Studio konnte er die bisher gekannten Leistungen nicht mehr abrufen. Bei seinem letzten Gastspiel in der saarländischen Hauptstadt stand er gerade mal neunzig Minuten auf der Bühne, vorbei schienen die Zeiten endloser Jamsessions. Auch seine letzten beiden Studiodreher wussten nicht zu überzeugen, zu sehr ging man auf Nummer sicher, es gab so gar keine Wendungen mehr. Da "Into The Storm" und das aktuelle "Games Of Sin" aber auch unter der komprimierten, allzu glatten Produktion litten, gab es zumindest Hoffnung, dass sich die Titel live stärker entpuppen können. Aber wie erwähnt, da war zuletzt auch etwas Sand im Getriebe, kann AXEL RUDI PELL auf der seit Anfang des Jahres laufenden Tour das Ruder herum reisen? Als Support wurden LORDS OF BLACK verpflichtet, die Spanier sind im Heavy Rock mittlerweile keine Unbekannten mehr.

LORDS OF BLACK
Wer sich etwas auskennt oder informiert hat, weiß, dass es sich bei der Vorband um die Stammformation von Ronnie Romero handelt, seines Zeichens Sänger der aktuellen RAINBOW-Reunion. Nun ist ja der gute Axel bekannterweise ein Bewunderer von Ritchie Blackmore und hat dessen Frontmann sicher gerne auf Tour dabei. Dass er es für seine Mannschaft mit so einer Vorband natürlich schwerer macht, kann man sich vorstellen. Denn mit dem Engagement bei der Legende im Rücken wollen die in Spanien beheimateten Jungs richtig durchstarten und sind dementsprechend hungrig.
Beim bombastischen Intro dachte der geneigte Hörer aber zuerst einmal an Power Metal und lag damit auch ziemlich richtig. Irgendwie war mir bei den Klängen schon klar, was da kommen wird und schon ging es wie erwartet mit schnellen Gitarren und mächtig Double Bass-Geballer nach vorne. Die LORDS OF BLACK sind nicht nur hungrig, sondern härtemäßig eine ganze Spur deftiger als der Hauptact. Was Gitarrist Tony Hernando da teilweise raushaute, hatte schon einen Hauch von Thrash, ansonsten herrschte eben sehr klassisch geprägter Metal.

Wobei klassisch hier in beiden Deutungen wörtlich zu nehmen war, wobei die Metalanteile eben noch von der NWOBHM inspiriert waren und sich wohltuend von anderen zeitgenössischen europäischen Kollegen absetzten. Der dennoch hohe Melodiegehalt rückt das ganze in die Richtung von YNGWIE J. MALMSTEEN, dessen Einfluss der Mann an den sechs Saiten nicht leugnen kann. Immer wieder haute er in seinen tollen Soli schnelle Arpeggien heraus und ließ auch sonst in Sachen Geschwindigkeit nichts anbrennen.
Dass er dabei geschickt variierte und immer wieder die Hauptthemen aufnahm zeigte, dass er ebenso wie sein Frontmann nicht zu verachten ist. Immerhin ist er schon länger als Solokünstler unterwegs und konnte das sein Spiel perfektionieren. Da hatte sich AXEL RUDI PELL mal eine echte Herausforderung in Vorprogramm geholt, zumal Hernando auch in Sachen Posing einiges richtig machte, und oft schön evil für die Photographen dreinschaute.

Da der Verfasser dieser Zeilen nicht auf die Loreley konnte, musste er sich hier ein Bild von den Qualitäten Romeros machen. Wie sein Kollege an der Axt strahlte er von Beginn an eine unglaubliche Souveränität aus und war sofort Herr des Geschehens. Sehr viel unterwegs und äußerst engagiert wusste er selbst in den instrumentalen Passagen nicht verloren dazustehen. Stimmlich war er etwas höher angesiedelt als seine Vorgänger bei RAINBOW, aber auch da ließ er keine Schwächen zu. Mit einer großen Bandbreite intonierte er alles punktgenau, ob schnell, hymnisch oder getragen er fand stets den richtigen Ton.
Darüber hinaus wusste er die Stimmung von Songs wie „Merciless“ oder „Nothing Left To Fear“ mit vielen Gesten zu untermalen, bei denen er sich oft ganz weit vorne auf die Bühne stellte um direkten Augenkontakt mit dem Publikum zu haben. Das Rhythmusgespann war ebenfalls sehr gut eingespielt und motiviert, Bassist Javi Garcia bangte auch mit Glatze unentwegt. Sein Partner Andy C. gab hinten sowohl mit Urgewalt als auch viel Abwechslung den Takt vor. Zugute kam der Band auch die überraschend guten Soundverhältnisse in der Garage, die den ganzen Abend über Bestand haben sollten.

Eigentlich war alles angerichtet, um die Menge so richtig aufzuheizen, was zuletzt meist bei MAD MAX nur bedingt funktionierte. Doch trotz aller Hingabe und Qualitäten, vermochten es die LORDS OF BLACK nicht, die Zuschauer aus der Reserve zu locken. Keine Ahnung, woran das lag, möglicherweise war das Material dann doch zu heavy für einige. So blieb es beim Höflichkeitsapplaus und vereinzelten Zugaberufen. Dass die nach vierzig Minuten doch gewährt wurde, überraschte ein bisschen, genauso wie das starke Cover von „Neon Nights“ aus der DIO-Phase von BLACK SABBATH. Hier zeigte Romero, dass er den Fußstapfen würdig ist, was dann prompt doch vermehrt Stimmung und Zugabeforderungen brachte, die dann nicht erhört wurden.

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AXEL RUDI PELL
Nach einer halben Stunde Umbaupause ging pünktlich um neun Uhr die etwas krude Hintergrundbeschallung aus und zum Intro traten die Instrumentalisten gemächlich auf die Bühne. Davon war dann aber nur noch wenig zu spüren, als man mit dem Opener des aktuellen Albums loslegte, denn sofort war sprichwörtlich Feuer auf der Bühne. Die Frontsau Johnny Gioeli kam gerade noch rechtzeitig zu seinem ersten Gesangseinsatz auf die Bühne und man merkte die Funken alleine an der Körpersprache sprühen. Hier wollte wohl jemand wieder etwas wettmachen und da sollte auf voller Linie gelingen, denn es trat genau das ein, was ich weissagte, nämlich dass die Songs live einfach besser zünden.

Hier stand eine Truppe auf der Bühne, der das Herzblut anzusehen war, die Spielfreude war an dem Abend unglaublich. Gioeli rannte wie ein Wilder umher, doppelte seinen Meister an der Luftgitarre und war blendender Laune. Dazu suchte er immer den Draht zu den Fans, reckte sich über den gesamten Fotograben, um Hände zu schütteln und stieg einmal sogar in diesen hinab.
Dass ihm der Schalk im Nacken sitzt ist nichts Neues, doch an dem Tag scherzte er unentwegt mit seinen Nebenleuten, vor allem Bassist Volker und dem dauergrinsenden Ferdy Doernberg an den Tasten. Doch ein Kasper ist der Gute keineswegs, denn gerade bei den epischen Momenten taxierte er die Zuschauer mit einem manischen Blick und legte viel Wucht in seine Bewegungen. Überhaupt schien er mit jeder Faser dabei zu sein, so holte er auch stimmlich wieder alles aus seinem voluminösen Organ heraus, man sah förmlich die Vibrationen bei ihm.

Die gute Laune auf den Brettern übertrug sich auch auf die Zuschauer, die begeistert mitgingen, jeden Singalong annahmen und oft darüber hinaus weiter skandierten. Sie wurden auch bestens bedient, denn direkt nach der Eröffnung gab es einen der ganz großen unverzichtbaren Klassiker, welcher sich auch gleich perfekt zum Mitsingen eignete. Auch im Anschluss setzte AXEL RUDI PELL erst einmal auf Altbewährtes, um die Stimmung weiter nach oben zu puschen, wobei frühere Zugaben zeitig verbraten wurden.
Das zeigt aber auch, über welches Repertoire der Mann mittlerweile verfügt, so kann es sich seine Mannschaft leisten, einen Hit wie „Tear Down The Walls“ weg zu lassen. Stattdessen wurde vom „Masquerade Ball“-Album eine epischere Nummer gewählt, die nur selten im Set stand, und genau deswegen bei den Fans sehr gut ankam. Es war gerade das Ende des Sets, bei dem die Überraschungen ausgepackt wurden, was aber von der Dramaturgie gut gewählt war, da man jeden der Anwesenden bereits vorher abgeholt hatte.

Auch zwei Balladen in Folge konnten am hohen Stimmungslevel wenig ändern, aber da das Publikum schon in Sangeslaune war, konnte es hier weiter mit einsteigen. Vor allem in den getragenen Solopassagen wurde deutlich, was ein TonyHernadno noch vom Pellator lernen kann. Beschränkte sich der Spanier nur auf schnelles, technisches Spiel, so packte Pell noch ein paar Portionen Gefühl mit drauf. Wenn er loslegte, dann waren alle Augen auf ihn gerichtet, es war eine Augenweide ihm zuzusehen, wie seine Hände magisch über das Griffbrett flogen. Sein inspiriertes Spiel übertrug sich auf die ganze Band, die an dem Abend in Sachen Leidenschaft und Ausdruck mehr zu bieten hatte als bei einigen Malen zuvor, wenn ich sie sah.

Immer wieder großartig sind auch die Duelle mit seinem Sidekick an den Tasten, bei dem neben technischer Raffinesse auch der bereits zitierte Humor zum Vorschein kam. Dabei stachelten sich die beiden gegenseitig an, um noch ein wenig mehr aus dem Gegenüber heraus zu holen. Hierbei war der Sieger nicht so eindeutig zu ermitteln wie bei Axel vs. Publikum, welches beim Repetieren eines Arpeggios plötzlich verstummte, was dem Meister ein zufriedenes Grinsen abrang. Doernberg hielt es auch nur selten hinter seiner Tastenburg, immer wieder kippte er sein Instrument oder stellte es senkrecht am vorderen Bühnenrand auf, um wie seinen Nebenleute mit seinen Anhängern auf Tuchfühlung zu gehen.

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Ebenso gekonnt sorgte auch die Rhythmusfraktion für die passende Unterstützung, wobei vor allem Volkers Basslinien auffielen, die die Arrangements schön unterstützen. Das gab ihm auch den Freiraum seinerseits auch ein paar Faxen am Langholz zu fabrizieren. Den tiefen Ton, welcher vor allem die Soli schön trug vermisse ich auf so manchem Album, mit ein Grund, warum die Titel live so viel stärker wirken. Und hinten saß mit Bobby Rondinelli der Grandseigneur, der schon für alle Legenden die Stöcke schwang und auch an dem Tag den druckvollen Beat vorgab.
Dabei wirkt sein Spiel so unspektakulär, doch es sind diese schnellen, fast unscheinbaren Wechsel, mit denen er auf seinem eng gesetzten Kit herrliche Breaks mit einer unglaublichen Lässigkeit heraus schießt. Das zeigte er vor allem in seinem Solo, bei dem er das Tempo schön variierte. Diese Leistung ist umso erstaunlicher, wenn man sah, dass der Schlagzeuger nicht fit wirkte, arg steif ging und nach der Show sehr müde abhing. Bleibt nur zu hoffen, dass es nur vorübergehende Probleme sind und er uns noch lange erhalten bleibt.

Daran lag es wohl auch, dass die Show zwar länger dauerte als die letzte, aber nach 105 Minuten, noch vor dem Curfew beendet war. Man vermisste vielleicht auch die langen Improvisationen im Medley aus den beiden großen Epen des AXEL RUDI PELL, welches dieses Mal in der Zugabe kam, oder das Einpflegen von Coversongs. Doch es war nicht die Länge des Konzertes entscheidend, sondern vor allem die Intensität, denn so hat mich diese einheimische Institution schon lange nicht mehr gepackt. Vielleicht brauchten sie wirklich der Herausforderung der Vorband, um sich zu puschen. Am Ende ging dann alles mit dem unweigerlichen Partysong als Höhepunkt zu Ende. (Pfälzer)

Setlist AXEL RUDI PELL:
Fire
Fool Fool
Nasty Reputation
Strong As A Rock
Oceans Of Time
The Clown Is Dead
Burning Chains
 -Keyboardsolo-
Games Of Sin
  -Drumsolo-
Mystica
The Line
Edge Of The World/Call Her Princess
-----------------------------
Masquerade Ball /Casbah
Rock The Nation

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