moonsorrow tourflyerEs scheint, als hätte der Pagan Metal das Rennen gegen den Metalcore verloren. Von den beiden bedeutendsten Strömungen im Metalbereich des letzten Jahrzehnts konnte sich diese Spielart am wenigsten durchsetzen. Mittlerweile findet das früher halbjährlich durch die Lande rollende Paganfest nur noch sporadisch statt. Doch es scheint wirklich gallische Dörfer zu geben zumindest sind KORPIKLAANI bei unseren westlichen Nachbarn immer noch richtig angesagt. Ohne neues Album auf Tour zu gehen ist zwar ein wenig ein Risiko, doch wenn man noch solche Verstärkung dabei hat wie die ihrer Freunde und Landsleute MOONSORROW, dann kann man schon mal auf Beutezug gehen. Die wiederum haben jüngst mit "Jumalten Aika" endlich mal wieder ein taufrisches Album an den Start gebracht. So formierte man sich als Doppelheadlinerpackage, um über die Lande her zu fallen.

MOONSORROW
In der Tat war der Zuspruch schon sehr überraschend, ebenso wie das Venue, bereits eine halbe Stunde vor Einlass tummelten sich einige hundert Fans vor der Theater - und Veranstaltungshalle. Diese liegt direkt neben dem Kanucenter Ill nahe dem Stadtzentrum und beherbergt normalerweise nur selten Metalevents. Dabei eignet sich der große Parkplatz davor recht gut, dieser wurde von einigen zum zünftigen Grillen benutzt, so dass fast Festivalfeeling aufkam. Doch von solchen Instantveranstaltungen wie dem Pagan - oder Heidenfest war der Konzertabend weit entfernt, denn beide Bands sollten ein volles Set spielen.

So ging es dann für die epischere Variante des Abends pünktlich um acht Uhr mit dem Titeltrack des neuen Albums los. Sofort wurde ich wieder daran erinnert, weswegen mir solche Hallen sehr genehm sind, denn meist verfügen sie über einen guten Klang. In der Tat gab die hohe Bauweise viele Details preis, die sonst irgendwo untergehen. Vor allem die Keyboards von Markus Euren profitierten vom Sound, sie kamen wuchtig und plastisch rüber und hoben so sämtliche Titel wuchtig an.
Die Bühne war auch angenehm groß, dass der Drumriser fast schon etwas verloren wirkte, obwohl er auf beiden Seiten für die Musiker Platz zum Posen ließ. Dahinter kam auch das große Backdrop zur Geltung, welches sich an der Front des Drumrisers fortsetzte. Die Lightshow hüllte die Musiker in malerisch ein, wenngleich das meiste Licht von hinten kam, und so vieles etwas im Dunklen blieb. Dennoch war das genau die Stimmung in der die Atmosphäre der Kompositionen gediehen konnte.

Die wogten mit einer Mischung von Urgewalt und weiten Momenten durch den Raum und sorgten sofort für reichlich Fanreaktionen in der bereits gut gefüllten Halle. Da sich die Abordnung unseres Magazins oben auf der Tribüne befand, da nur von dort aus Photos möglich waren blickte man schon bald auf ein Meer von Hörnern. Doch nicht nur die abgespreizten Finger gingen in die Luft, auch Trinkhörner und Signalhörnern, die beim Jubel kräftig geblasen wurden. Neben fast der kompletten Aufführung von "Jumalten Aika" gab es sonst nur je einen Song eines weiteren Albums, wobei leider nichts vom Klassiker "Verisäkeet" zum Besten gegeben wurde.

Ähnlich wie die Menge war auch die Band bestens gelaunt, wobei sich vor allem, der sich zuvor im Interview schon als sehr sympathisch erweisende Mitja Harvilahti den meisten Alarm machte. Mal ließ er den Arm in der Townsendschen Windmühle über seine Flying V kreisen, dann die Haare bei den rasanten Parts. Sein etatmäßiger Axtpartner Henri Sorvali wurde wie gewohnt live von Janne Perttilä ersetzt, mit dem Harvilahti aber ebenso gut harmonierte. Beide nutzten den Platz, den die Bühne bot ausgiebig, während sich Frontmann Sorvali deutlich stoischer gab. Dafür krächzte er seine Vocals mit Hingabe ins Mikro, dass es einen ins Mark erschütterte.

Keine Ahnung, ob er sich bei seiner Forderung nach Circle Pits vom Publikum inspirieren ließ, welches diese Übung schon reichlich praktizierte. In meinen Augen ist dies ob der Atmosphäre der Musik ziemlich unpassend, aber man soll die Kinder spielen lassen, weswegen mir die Vogelperspektive nichts ausmachte. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch, eher im Gegenteil, MOONSORROW wurden ordentlich abgefeiert und durften sich noch über einen Gastauftritt von Jonne Järvela freuen. Schönes großes Kopfkino im Lebendformat, das einen richtig ergriff, wobei das mit dem Kino noch weiter gehen sollte.

Setlist MOONSORROW:
Jumalten Aika
Raunioilla
Suden Tunti
Kuolleiden Massa
Ruttolehto incl. Päivättömän Päivan Kansa
Ukkosenjumalan Poika
Ihmisen Aika (Kumarrus Pimeyteen)
Sankaritarina

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KORPIKLAANI
Nachdem bei der ersten Band des Abends die Stimmung schon prächtig und das Auditorium gut gefüllt war, gab es nun auch oben auf der Empore kaum noch Plätze. Mit mehr als 1000 Besuchern in der elsässischen Provinz dürfen die Protagonisten mehr als zufrieden sein. Und die Post ging da erst so richtig ab, als Jonne Järvelä und seine Mannen auf die Bühne kamen. Da ich die Truppe schon länger nicht mehr gesehen habe, war ich überrascht, dass der Sänger sich mittlerweile auf die Frontmannrolle beschränkt. Somit steht bei dem Sechser nur noch die Gitarre von Kalle Savijärvi zur Verfügung, was sich im Gesamtsound etwas negativ bemerkbar machte da diese nicht so zur Geltung kamen.

Die Bühnenpräsenz indes lebte von den neuen Freiheiten Jonnes, der wie ein Derwisch herum wirbelte. Optisch ging er mit seinen Rastas, den Lederhosen und dem schwarzen Hemd wie eine finnische Mischung aus Jim Morrison und Bob Marley durch. Zum Glück trug er kein Kopftuch, das hätte seinen Coolnessfaktor deutlich auf Jack Sparrow-Niveau gesenkt. Er ließ keinen Zentimeter der Bühne aus, suchte oft Tuchfühlung zu seinen Fans und war klar der Chef im Ring.
Seine Mitstreiter standen allerdings auch nicht untätig rum, sondern machten auch ihre Meter. Akkordeonspieler Sami Perttula und die scheinbar neue Geigerin waren neben dem immer sehr hibbeligen Sarvijärvi am agilsten. Bassist Jarkko Aaltonen schlurfte die ganze Zeit eher barfuß herum und gab den Blick auf seine riesigen Füße frei. Mit seinem Bart müsste er im nordamerikanischen Wald aufpassen, nicht als Bigfoot gejagt zu werden.

Beim Programm setzte man überraschend auf eher neuere Songs wie „Lempo“, „Sahti“ oder „Rauta“. Dafür blieb so mancher Gassenhauer der Frühwerke wie „Cottages And Saunas“ oder „Happy Little Boozer“ in den 95 Minuten außen vor. Das tat dem Bewegungsdrang der Fans keinen Abbruch, immer wieder entwickelten sich Pits, die in der breiten, aber eher kurzen Halle schnell alle Reihen mit einbezogen. Nicht nur auf dem Boden herrschte ständig Alarm, es verging kein Augenblick, in dem nicht ein Crowdsurfer unterwegs gewesen wäre.

Das Problem bestand eher darin, dass es keinen Fotograben gab und die Leute nicht so recht wussten, wohin mit den Kameraden. Manche plumpsten vor der Bühne herunter, andere wiederum wurden da oben abgestellt. Doch sie mussten sich beeilen, selbst von dort wieder herunter zu kommen. Zuerst war es Järvelä selbst, der sie im Freiflug zurück ins Publikum beförderte, später übernahm die ein bulliger Roadie. Machte man nicht schnell genug den Diver, hatte dieser einem im Genick wie ein Karnickel und beförderte ihn in die Menge.

Sein Kollege indes war nur damit beschäftigt, die Mikrofonständer, die Monitore und die Kabel wieder zu richten. Ein herrliches Schauspiel, von oben betrachtet schöner als Kino. Am penetrantesten erwies sich ein junger Bursche mit einer etwas albernen blauen Fellmütze, der immer wieder lange gestikulierte, man möge ihn doch bitte auffangen. Irgendwann wurde es Wachhund Bully zu dumm, kurz nach vorne gesprintet, den Typen geschnappt, ihn unter den Arm geklemmt und unter lautem Gejohle der ganzen Halle von der Bühne getragen.

Vom Unterhaltungswert mal abgesehen konnten KORPIKLAANI aber nicht ganz an die musikalische Klasse von MOONSORROW heran reichen. Gegenüber Markus Tarvonens wuchtigen Schlägen war das hektische Geklöppel von Matti Johansson auf Dauer zu eintönig, der Takt war eben durchweg auf Party gebürstet. Auch Fidel und Schifferklavier waren zu präsent, da fehlte irgendwann der Überraschungseffekt, ein wenig mehr Riffgewalt für die Nackenmuskulatur wäre mir lieber gewesen.
Dem Publikum war es egal, sie feierten den Waldclan ordentlich ab und zeigten dass diese Art von Metal noch lange nicht am Ende ist. Zumindest hitverdächtig war das meiste Material, dass rausgeballert wurde, finnisch mitzusingen ist aber für Franzosen so eine Sache. Das holten sie dann bei. Das machten sie bei den Trinkliedern am Ende wieder wett, den Namen alkoholischer Getränke wie „Beer Berr“ und Vodka“ kennt an einem Samstagabend jeder. (Pfälzer)

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Alle Photos von Cindy

 

 

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