Nightwish + Arch Enemy + Amorphis (16.12.2015, Esch-sur-Alzette (LUX))

live 20151216 0001Nachdem mir schon das aktuelle Album von NIGHTWISH überaus gut gefallen hat, kann ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, auch die Tour zu besuchen. Dabei war ich zum einen in Oberhausen und nun auch noch im Dienste des Neckbreaker im (fast) heimischen Esch-sur-Alzette. Und als wenn NIGHTWISH alleine nicht schon gut genug wären, haben die Finnen dieses Mal mit ARCH ENEMY und ihren Landsmännern AMORPHIS auch noch wirklich hochkarätige Vorbands im Gepäck. Da bin ich ja fast (nein, wirklich) traurig, dass ich nur zwei Konzerte der Tour besuchen konnte. Interessanterweise beginnt das Konzert in Luxemburg, obwohl es unter der Woche stattfindet, aber eine ganze Stunde später als das Konzert in Oberhausen am Wochenende. Mal sehen, ob da auch die Spielzeiten gekürzt werden.


AMORPHIS

Schon kurz vor 20:00 Uhr betreten AMORPHIS die Bühne, um dem Publikum gleich ordentlich einzuheizen. Dabei konzentrieren sie sich natürlich hauptsächlich auf ihr aktuelles Album „Under The Red Cloud“, aber auch noch 3 andere Alben werden mit jeweils einem Song bedacht. Das freut vor allem die älteren Fans. Ich muß gestehen, daß ich mit den neuen Songs noch nicht so ganz warm geworden bin. Live kommen die aber trotzdem richtig gut. Und das, obwohl die Band auf der großen Bühne doch etwas verloren wirkt. Da würde etwas mehr Bewegung gut tun. Auch Sänger Tomi Joutsen verschanzt sich meist hinter seinem ausladenden Mikroständer (der vermutlich ein Produkt einer Garagenaufräumaktion ist) und dem noch ausladenderen Mikro, so daß sein Gesicht oft gar nicht zu sehen ist. Auch die Ansagen sind eher spärlich gesät, aber im Grunde braucht man die auch nicht. Die Songs sprechen da ihre eigene Sprache. Ein Highlight ist natürlich auch „Silverbride“ vom 2009er „Skyforger“-Album, das ich live auch schon länger nicht mehr gehört habe. Und ganz zum Schluß gibt es dann die neue (ok, so neu dann auch wieder nicht) Bandhymne „House Of Sleep“, bei der Tomi von NIGHTWISHs Marco Hietala am Mikro unterstützt wird. Das gab es in Oberhausen noch nicht und ist daher auch für mich eine schöne Überraschung.

Setlist AMORPHIS:
Death of a King
Sacrifice
Hopeless Days
Bad Blood
The Smoke
Silver Bride
The Four Wise Ones
House of Sleep

live 20151216 0104 amorphis1live 20151216 0101 amorphis1



ARCH ENEMY

Eine ganze Ecke härter wird es dann mit ARCH ENEMY. Nach dem üblichen „Khaos Overture“-Intro steigen die mit „Yesterday Is Dead And Gone“ gleich richtig hart ein und Sängerin Alissa White-Gluz fegt in ihrer Glitzerrüstung von der ersten Sekunde an wie ein Derwisch über die Bühne und steht keine Sekunde lang still. Leider ist der Sound bei der Band von Anfang an nicht wirklich prickelnd, der Bass zu dominant und insgesamt brummelt es etwas vor sich hin. Doch die Truppe läßt sich von so etwas nicht aus der Ruhe bringen und zieht ihr Set durch. Alissa versucht permanent, das Publikum zu animieren, aber das ist heute besonders zäh. Da klappt es auch mit dem Mitsingen nicht so wirklich, obwohl sich die Sängerin alle Mühe gibt. Aber in Luxemburg sind die Zuschauer nun mal immer besonders träge. Auch bei ARCH ENEMY muss ich sagen, daß die neuen Songs noch nicht so wirklich bei mir angekommen sind, dafür freue ich mich umso mehr über die älteren Songs, die es in die Setlist geschafft haben sowie über Neuzugang Jeff Loomis, den ich nun auch erst zum zweiten Mal mit der Band sehe. Die Schweden, die mittlerweile immer weiter amerikanisieren, können – zumindest unter denen, die auch wegen dieser Band auf dem Konzert sind – ordentlich Stimmung machen, allgemein kommt das Publikum aber nicht wirklich in Fahrt. Schade.

Setlist ARCH ENEMY:
Khaos Overture (Intro)
Yesterday Is Dead And Gone
War Eternal
Ravenous
Stolen Life
You Will Know My Name
As The Pages Burn
Under Black Flags We March
Avalanche
No Gods, No Masters
Nemesis
Enter the Machine (Outro)

live 20151216 0207 archenemy1live 20151216 0208 archenemy1



NIGHTWISH

Und dann, mittlerweile ist es 22:00 Uhr, fällt endlich der schwarze Vorhang, der in der Umbaupause aufgehängt wurde und die Hauptakteure des Abends stürmen die Bühne mit Feuer und Getöse. In den ersten vier Songs wird an Pyros abgefeuert, was die Dinger hergeben. Sieht von hinten bestimmt stark aus – wir Fotografen stehen am Eingang zum Graben und warten darauf, dass wir zum fünften Song dann auch endlich rein dürfen. Aber egal. Der Auftritt beginnt mit „Shudder Before The Beautiful“ und man fragt sich, wie ein NIGHTWISH-Konzert jemals mit einem anderen Song beginnen konnte. Beim brutalen „Yours Is An Empty Hope“ verschwindet Floor Jansen spektakulär im Nebelsturm (wie kann man da drin atmen, geschweige denn singen?) Und schon ganz am Anfang packt man mit „Everdream“ einen alten Song aus, bei dem Floor Jansen beweisen kann, daß sie problemlos auch die Tarja-Songs singen kann. Was man vom Publikum nicht gerade behaupten kann. Das hat mächtige Anlaufschwierigkeiten und das Mitsingen klappt nicht so wirklich. In meiner Ecke bin ich die Einzige, die mitsingt. Nun denn. Luxemburg halt.

Die permanenten bewegten Bilder auf dem Backdrop kennt man ja schon von der letzten Tour, sie passen aber einfach zu den „Imaginaerum“-Songs wie „Storytime“ am besten. Dafür sind jedoch die opulenten Orgelpfeifen am Keyboard verschwunden und das Bühnenbild erinnert eher – wenn auch sehr dezent – an einen Wald. Passend dazu darf „My Walden“ natürlich nicht fehlen; ein Song, den ich sehr mag. Die größte Überraschung des Abends stellt für mich jedoch „While Your Lips Are Still Red“, bei dem Marco Hietala im Vordergrund steht, dar. Schließlich ist das gar kein „richtiger“ NIGHTWISH-Song, sondern ein Stück das von Tuomas und Marco für den finnischen Film „Lieksa!“ geschrieben wurde. Von daher hätte ich ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, daß ich diesen Song einmal live erleben würde. In Oberhausen wurde stattdessen „The Islander“ gespielt, was eines meiner Lieblingsstücke der Band ist und bei dem Marco einen fantastischen Soloauftritt hingelegt hatte. Da ist es schon schade, daß dieser Song in Esch aus der Setlist geflogen ist. Aber egal welcher Song – Marco Hietala hat es einfach drauf. Sei es jetzt musikalisch oder in Sachen obskure Ansagen. Trotzdem – meinen Hund werde ich nicht küssen, Herr Hietala!

live 20151216 0308 nightwish1live 20151216 0311 nightwish1

Zum eher getragenen „While Your Lips Are Still Red“ stellt das fröhliche, lebensbejahende „Élan“ einen ziemlich krassen Gegensatz dar, allerdings schafft Floor Jansen, was ihre Vorgängerinnen nicht so gut konnten: Auf der Bühne Gefühle zeigen und vor allem diese auf das Publikum übertragen. Und bei „Weak Fantasy“, das von Richard Dawkins Worten per Einspieler eingeleitet wird, geht sogar Tuomas Holopainen mal richtig ab. Schön. Auch bei „Alpenglow“ schafft es Floor, die herrlich positive Stimmung des Songs authentisch auf die Bühne zu bekommen. „The Poet And The Pendulum“ ist ein weiterer Song, den es in Oberhausen nicht zu sehen gab. Dort gab es stattdessen „Sleeping Sun“ (auch ein Song, bei dem ich nicht damit gerechnet hätte, den mal wieder live zu sehen und der genau deswegen auf dem Weg zum Konzert bei mir im Auto lief – ich sollte das öfter so heraufbeschwören). So komplex der Song auf Platte ist, so perfekt können ihn NIGHTWISH auf die Bühne bringen (teilweise bieten ihn Marco, Floor und Troy Donockley vor dem Drumkit sitzend dar). Da fragt man sich schon, warum das Stück eigentlich nicht fest in der Setlist ist.

Der nächste Song dagegen ist seit Jahren nicht mehr aus der Setlist wegzudenken. Mit „Nemo“, damals noch mit Tarja Turunen, wurden NIGHTWISH richtig groß, und auch bei diesem Stück kann Floor Jansen glänzen. Ganz im Gegensatz zum Publikum, das noch nicht einmal diesen Song mitsingen kann. Mehr als leises Gemurmel kommt da schon im vorderen Drittel nicht zustande. Da schämt man sich ja richtig, daß man Teil dieses stummen Ganzen ist. So schwer isses doch nicht… Aber dafür gibt es jetzt den Song, den ich in Oberhausen am meisten vermisst habe. Das großartige „I Want My Tears Back“. Wenn ich auf den auch hier hätte verzichten müssen, dann wäre ich aber schon etwas grantig geworden. Lange angehalten hätte das aber nicht, denn schon setzt Marco Hietala wieder zu einer seiner formvollendeten Ansagen an. Dieses Mal behauptet er, der Weihnachtsmann zu sein, der durch den Schornstein zu uns in die Häuser kommen wird. Was Floor Jansen aus dem Konzept bringt, denn bei der Vorstellung, wie Marco nach so einem Schornsteindurchtritt wohl aussehen mag, läßt sie so sehr lachen, daß sie sich erst mal sammeln muß, um mit „Stargazers“ den ältesten Song in der Setlist darzubieten.

Über „Ghost Love Score“ arbeitet man sich dann zu „Last Ride Of The Day“ vor, der auf der letzten Tour stets das Set beendet hat. Dieses Mal jedoch nicht. Denn beschlossen wird der Auftritt der Band vom großartigen Opus Magnum „The Greatest Show On Earth“. Auch ein 20-Minuten-Song kann auf der Bühne funktionieren, wobei die letzten Minuten dann als Outro vom Band verwendet werden. Eine Zugabe gibt es nicht, aber die würde auch die Magie von „The Greatest Show On Earth“ zerstören, von daher ist das vollkommen in Ordnung.


Setlist NIGHTWISH:
Shudder Before The Beautiful
Yours Is An Empty Hope
Ever Dream
Storytime
My Walden
While Your Lips Are Still Red
Élan
Weak Fantasy
7 Days To The Wolves
Alpenglow
The Poet And The Pendulum
Nemo
I Want My Tears Back
Stargazers
Ghost Love Score
Last Ride Of The Day
The Greatest Show On Earth

live 20151216 0310 nightwish1live 20151216 0309 nightwish1

Wie schon in Oberhausen, so haben NIGHTWISH auch in Esch-sur-Alzette eine fabelhafte Show abgeliefert. Der Sound war – außer bei ARCH ENEMY – sehr gut und auch mit Licht und Pyros wurde nicht gegeizt. Auch Kai Hahto, der den wegen Krankheit längerfristig ausgefallenen Jukka Nevalainen ersetzt, schafft es, sich perfekt in die Band einzufügen. Aber Kai Hahto kann eigentlich alles spielen. Einzig, es wollte nicht so recht Stimmung aufkommen, was jedoch weniger an der Band als mehr am Publikum lag. Mitsingen ist nicht so das Ding in Luxemburg. Da mußte man schon ganz genau hinhören, um da jemanden mitsingen zu hören, während in Oberhausen der Gesang des Publikums schon fast ohrenbetäubend war. Gut, dort waren zwar mehr Leute, die haben aber eben auch alle mitgesungen und mitgemacht und bei „The Islander“ die König-Pilsener-Arena in ein Lichtermehr verwandelt. In der Rockhal hingegen konnte man ja schon froh sein, wenn es die Zuschauer mal schafften, die Arme zu heben. Schon traurig. Aber naja, das Publikum in Luxemburg ist ja traditionell eher steif. Aber nicht nur deswegen bin ich froh, zwei Konzerte der Tour besucht zu haben, sondern auch, weil die Band gleich 3 Songs der Setlist ausgetauscht hatte und ich somit mehr Songs live sehen konnte. Und bei einer Spielzeit von rund 2 Stunden kann man nun auch wirklich nicht meckern. Und bei der nächsten Tour bin ich auf jeden Fall wieder dabei.

Text: Anne
Fotos: Anne

 

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden