Drucken

CannibalCorpse European Tour160pxEin Mittwochabend-Konzert, ja warum eigentlich nicht. Wenn so hochkarätige Bands wie letztens NEW MODEL ARMY oder heute CANNIBAL CORPSE aufspielen, sollte das doch ein gelungener Abend werden - dachte ich zumindest. Leider ist dem nicht immer so.

Verdächtig wenig Zuschauer hatten sich an diesem Mittwoch in die Garage verirrt. Die Halle war abgeteilt und es hätte auch höchstens ein Drittel sein müssen. Nun ja, so blickt die erste Band immerhin nicht in klaffende Lücken, sondern in fröhliche Gesichter junger und alter Headbanger.

AEON
Die Schweden von AEON waren auch schon 2006 mit CANNIBAL CORPSE auf Europatour und sichtlich stolz wieder dabei sein zu können. Ihr Death-Metal ist zwar unspektakulär, aber besitzt eine erdige Grundstimmung. Zudem ist Bewegung auf der Bühne und die Typen sind äußerst sympatisch, wenn sie sich über Publikumsreaktionen freuen. Sänger Tommy hat eine tolle Präsenz und sucht immer wieder den Kontakt mit den schon Anwesenden. Mit Gitarrist Zeb spielt er seit 1999 unter verschiedenen Bandnamen zusammen und die Jungs wissen, wie man dem Publikum eine fesselnde Show bietet. Trotzdem stehen die allermeisten Zuschauer nur herum und der Applaus nach dem knapp halbstündigen Set hält ungefähr fünf Sekunden. Ich schaue wahrscheinlich genauso verdutzt hinter mich, wie Sänger Tommy von der Bühne. Der zuckt kurz mit den Achseln und die Band räumt das Feld für REVOKATION.

live 20141022 0101 aeonlive 20141022 0102 aeonlive 20141022 0103 aeon






 










REVOCATION
Nach kurzer Umbauphase steht die Band aus Boston/USA parat, den Fans in den Allerwertesten zu treten. Die Truppe ist meines Wissens noch nicht in unsere Gegend geraten und Sänger David versucht den Leuten Dampf zu machen. Der Sound ist leider etwas komplex und der technische Death Metal gepaart mit Thrash nicht sehr zugänglich. Die Schwankungen im Gesang zwischen Growling und kraftlosem Klargesang machten deutlich, dass man sich hier heute Abend nicht sonderlich anstrengen will, wenn die Leute weiter so teilnahmslos herumstehen. Es jubeln auch immer nur die gleichen gefühlten zehn Menschen im Publikum. David spricht die Leute immer wieder direkt an, aber es bleibt bei vereinzelten Reaktionen. Ich finde nicht wirklich Zugang zum Stil der Band und teste deshalb mal schnell den Pizza-Stand im Foyer. Zwischen den komplexen Stücken mit den vertrackten Strukturen ist nur das Gemurmel der Leute zu hören, die sich schon auf CANNIBAL CORPSE einstimmen. Nach gut 40 Minuten räumen REVOKATION dann auch das Feld und die "Umbauarbeiten" lassen gut zwanzig Minuten Zeit, um noch ein Bier zu fassen.

live 20141022 0201 revocationlive 20141022 0202 revocationlive 20141022 0203 revocation















CANNIBAL CORPSE

Viel umzubauen gibt es bei den Gore-Königen ja eh nicht, denn im Hintergrund der Bühne steht schon alles parat. Warum es dann so lange dauert, bis die altgedienten Musiker ihren Arbeitsplatz entern, ist nicht einmal zu erahnen. Ich vermute Aufwärmübungen, denn das gnadenlose Geknüppel steckt man mit Ende vierzig nicht einfach mal so weg. Das Licht wird leicht heller und Paul besetzt sein Drumkit. Die anderen gehen wie auf Kommando zu ihrer Position, von der sie sich den Rest des Abend nicht wegbewegen, außer um mit dem Rücken zu den Zuschauern ihre Stirn und ihre Instrumente abzuwischen. Mit "Staring Through the Eyes of the Dead" starten sie in ihr Programm. Ich habe das aktuelle Album ja schon im Vorfeld bewertet und bin gespannt, welche Songs den Weg ins Liveset finden. Ein Block aus gerade Mal drei Songs, von denen ich nur zwei ganz gut finde, schafft es dann letztendlich das Publikum auf Reaktionen zu testen. Der Corpsegrinder geht von einem eher auf ältere Schinken eingestelltes Publikum aus und liefert prompt. Da ich von mehr neuerem Material ausgehe, ermüde ich recht schnell. Die Band spult ihr Programm ab, macht sehr lange Pausen und sieht nach der Hälfte des Gigs schon aus, als würde sie in den Seilen hängen. Das Bühnenlicht passt nicht wirklich zur Show und stagniert meist im einfarbigen Bereich, ohne großartige Bewegung der Scheinwerfer. Was mich diesmal enorm ärgert ist der Umstand, dass kaum Interaktion mit dem Publikum stattfindet. Das ist in den Jahren vorher schon besser gewesen. Dass die Musiker wie ein Magnet auf ihrem Platz kleben und auch untereinander nicht wenigstens einmal posen oder scherzen, nervt mich das erste Mal ganz gewaltig. Noch nichtmal das übliche Gore- und Horrorgelaber findet statt. Mag ja sein, dass das Konzept ist, aber ich will sowas nicht mehr sehen. Es wiederholt sich scheinbar jedes Jahr und jetzt ist es mir eben aufgefallen. Nach dem Klassikerset "A Skull Full of Maggots" und "Hammer Smashed Face" gibt es noch die unaufgeforderte Zugabe "Devoured by Vermin". Ein wenig ratlos lässt mich der Gig ja schon zurück. Die Band performt brutal, jedoch kommt bei vielen davon nichts an. Da ich wenig Lust habe, mich mit Genussmitteln in Stimmung zu bringen erwarte ich, dass mich die Spielfreude und der Enthusiasmus der Band mitreißt. Die paar Leute, die im Kreis rennen oder Headbangen - geschenkt. Das waren letztes Jahr jedenfalls viel mehr und der Auftritt war ebenfalls unter der Woche. Die Leute erwarten mittlerweile schon etwas mehr, als reine Beschallung. Dazu gehört auch die persönliche Ansprache und das Gefühl, dass man der Band als Fan wichtig ist. Sollte CANNIBAL CORPSE diesen Balanceakt nicht schaffen, werden sie vermutlich Sang und Klanglos von den Bühnen dieser Hemisphäre verschwinden - was äußerst Schade wäre. (Andreas)

live 20141022 0301 cannibalcorpselive 20141022 0302 cannibalcorpselive 20141022 0303 cannibalcorpse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Setlist:
Staring Through the Eyes of the Dead
Fucked With a Knife
Stripped, Raped and Strangled
Kill or Become
Sadistic Embodiment
Icepick Lobotomy
Scourge of Iron
Demented Aggression
Evisceration Plague
Dormant Bodies Bursting
Addicted to Vaginal Skin
The Wretched Spawn
Pounded into Dust
I Cum Blood
Disposal of the Body
Make Them Suffer
A Skull Full of Maggots
Hammer Smashed Face
Devoured by Vermin

Fotos: Klaus


Submit to FacebookSubmit to Twitter
Anmelden