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live 20140627 00Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob es Absicht war oder purer Zufall, aber es hätte definitiv schlechtere Termine für das VANDEN PLAS Heimspiel in Kaiserslautern geben können als den ersten spielfreien Tag der Fußball-WM seit dem 12. Juni (buh!). 15 Tage in Folge regierte König Fußball, da sei es der besten deutschen Progressive Metal Band gegönnt, dass sie zumindest am 27.06. im wahrsten Sinne des Wortes den Ton angeben durfte. Ausgesucht hatte sie sich dafür einen speziellen Ort, denn die Kammgarn (oder sagt man das Kammgarn?) ist nicht nur ein weit über die Stadtgrenzen bekanntes und geachtetes Kulturzentrum, sondern auch für die Band etwas besonderes, weil man dort bereits häufiger gespielt hatte.

Die Kammgarn war auf jeden Fall ganz ordentlich besucht an diesem Freitag Abend und betrachtete man zu Beginn das bunt gemischte Publikum, vom kleinen Knirps bis zum Rentnerehepaar war alles dabei, dann wurde einem wieder bewusst, dass VANDEN PLAS inzwischen viel mehr sind als eine Heavy Metal Band. Die jahrelange Zusammenarbeit mit dem Pfalztheater in Kaiserslautern hat definitiv seine Spuren in zwei Richtungen hinterlassen, die Band hat einen exzellenten Ruf auch bei Menschen, die sonst nichts mit Krachmusik am Hut haben, dadurch hat man aber seine Basis vernachlässigt.

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WINTERLAND

Wie so oft im Leben gibt es eben auch die Kehrseite der Medaille, so etwas wie die Kehrseite des Abends sollte die Supportband WINTERLAND sein, die man nur bei genauerer Suche im Vorfeld überhaupt als Vorband ausfindig machen konnte und vermutlich nur deshalb auftreten durfte, weil erstens nichts besseres zu finden war (SUPERIOR wären klasse gewesen als Support) und zweitens weil VANDEN PLAS Keyboarder Günter Werno auf dem aktuellen Album „Ein Leben Lang" mitgewirkt hatte. Diese indirekte Kritik bezieht sich nun weniger auf die Band selber, ihre Musik passte eben nur gar nicht zum Headliner, was zur Folge hatte, dass bereits nach dem zweiten Song der erste Schwall an Besuchern den Rückzug in den Vorraum oder vor die Tür antrat, und von Minute zu Minute sollten es mehr werden.

Verdient hatten das WINTERLAND, die es in ihren Ursprüngen bereits seit 1996 gibt, eigentlich nicht, denn sie hinterließen zumindest einen soliden Eindruck, ohne groß Stimmung zu verbreiten. Das was sie machen, melancholisch-melodischer Poprock mit deutschen Texten und ohne große Theatralik irgendwo zwischen JOACHIM WITT und UNHEILIG (bitte versteht das nur als eine grobe Einordnung!), machen sie ganz gut und vor allem die rockigeren Stücke gegen Ende („Domino", „Aus Und Vorbei") sowie das PURPLE SCHULZ Cover „Sehnsucht" blieben mir vom gut 45-minütigen Auftritt in Erinnerung.

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VANDEN PLAS
A propos „sich erinnern": Wenn ich an das letzte Konzert von VANDEN PLAS zurückdenken will, das ich besucht habe, dann muss ich mich ganz schön anstrengen, denn das war am 17.01.2003, als VANDEN PLAS im Zuge der Veröffentlichung von „Beyond Daylight" (dem meiner Meinung nach besten Output) zusammen mit FLOWING TEARS (inzwischen leider aufgelöst) und RAZOR'S EDGE (glaube auch aufgelöst) in der Illinger Illipse spielten. Verdammt ist das lange her!
Das Konzert damals war ganz ok, wenn auch nicht so gut wie ein halbes Jahr vorher im Pirmasenser Quasimodo. Wieder im Hier und Jetzt angekommen, wird einem erst einmal wieder bewusst, dass bei VANDEN PLAS an diesem Abend nicht nur die fünf gleichen Musiker auf der Bühne standen wie damals (2003), sondern auch die gleichen, die 1994 das Debütalbum „Colour Temple" eingespielt haben. Über 20 Jahre in unveränderter Besetzung, da fallen einem nicht gerade viele Bands ein, die das geschafft haben!

Andy Kuntz, Stephan Lill, Günter Werno, Torsten Reichert und Andreas Lill sind also ein eingespieltes Team und das merkte man auch bei diesem Gig, der vielleicht nicht in die Geschichtsbücher eingehen wird, aber auf jeden Fall viel Spaß machen sollte, gerade auch weil das Publikum mit zunehmender Spielzeit „aufgetaut" ist.

Den direkten Beginn des Konzertes hätte man sicherlich etwas besser gestalten können, das Intro, zu dem die fünf Musiker nacheinander die Bühne betraten, fiel etwas zu lang aus und auch die „The Seraphic Clockwork" Nummer „Holes In The Sky" erwies sich als suboptimaler Opener. Gleich danach nutzte Sänger Andy Kuntz die Möglichkeit, sich bei den circa 700 anwesenden Zuschauern zu bedanken, dass sie sich nicht für eines der anderen Events in und um Kaiserslautern herum entschieden haben (u.a. spielten auch DIE APOKALYPTISCHEN REITER auf dem Asta Open Air der Uni) und die ein oder andere Fußballmetapher (unter anderem fiel das Wort „Schlachtenbummler") durfte natürlich auch nicht fehlen.

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Nach dieser ersten längeren Ansage, ging es natürlich mit guter Musik weiter und VANDEN PLAS machten den ersten Abstecher in ihre eigene Vergangenheit zu den Alben „Far Off Grace" und „The God Thing", als man noch normalen Progressive Metal spielte und noch keinen Musical Metal wie auf den letzten Albumproduktionen. Bereits da ahnte man, dass es einen gewissen Generationswechsel bei den Fans gegeben hat, denn sowohl „Far Off Grace" als auch der Bandhit „Rainmaker" sind fantastische Songs, aber so richtig Leben in die Bude kommen wollte nicht.

Zu diesem Zeitpunkt musste man bereits befürchten, dass das Ganze in einem Fiasko enden würde, denn so überraschend wie es war, dass besagtes „Rainmaker" nicht vollends abgefeiert wurde, so verwunderter war man kurz später, dass die Leute in den ersten Reihen bei all den folgenden „Chronicles Of The Immortals" Songs plötzlich mitgingen und für richtig tolle Stimmung sorgten. Und ich muss zugeben, dass „The Black Knight", „Godmaker" und vor allem „Misery Affection" und „Soul Alliance" live um einiges besser und mitreißender funktionieren als in der Studiofassung, obwohl die Chöre und die klassischen Instrumente fehlen bzw. teilweise eben notgedrungen eingespielt wurden. Da bleibt zu hoffen, dass die ganze Produktion nochmal im Theater aufgeführt wird, auf das Albumhighlight „Inside" verzichtete man leider, aber ohne den Gesang von Julia Steingass und den kompletten Chor hätte der Song vermutlich live eher enttäuscht als begeistert.

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Im Anschluss an diesen in sich geschlossenen „Chronicles Of The Immortals" Teil, machten VANDEN PLAS einen Schritt zurück zu „Christ 0" („Silently") und „The Seraphic Clockwork" (das großartige „Scar Of An Angel"), wobei VANDEN PLAS ihre Solos clevererweise in die Nummer „Silently" integrierten. Das sparte Zeit und wirkte nicht ganz so vorhersehbar. Danach verabschiedeten sich die Lauterer Jungs, früher als erwartet, zum ersten Mal, kehrten aber selbstverständlich nach kurzer Unterbrechung wieder zurück auf die Bühne, um mit dem akustisch wie elektrisch gespielten „How Many Tears" (dieser Song ist wie gemacht für die Bühne"), und den nicht minder genialen „Frequency" und „Postcard To God" dann schlussendlich doch noch auf eine akzeptable Spielzeit von 105 Minuten zu kommen, was für mich persönlich bedeutet, dass ich VANDEN PLAS in diesem Jahr auf jeden Fall nochmal live sehen möchte, dann hoffentlich auch mit Nummer(n) von „Beyond Daylight" (Maik)


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Annes Avatar
Anne antwortete auf das Thema: #13654 9 Jahre 8 Monate her
Also ich hab' auch zu denjenigen gehört, die Winterland vor die Tür gespielt haben. Also musikalisch schlecht war das ja nicht, aber mir ging das einfach zu sehr in Richtung Schlager. So gar nicht mein Fall.

VANDEN PLAS fand' ich dagegen großartig (warst du 2007 nicht in der Illipse, als sie dort zusammen mit RAGE gespielt haben?). Ich bezweifle aber, daß es die Stücke nochmal auf eine Theaterbühne schaffen, schließlich kommen sie von dort. Muß man halt mal gucken, ob "Blutnacht" nochmal läuft.

Auf jeden Fall ein sehr feines Konzert. Und recht günstige Preise beim Merch, 15€ für ein T-Shirt sieht man heutzutage nur noch selten.