Paul Di´Anno + Gravety (08.03.2012, Saarbrücken)

flyer_paul_dianno_gravetyEs gibt Leute, die kennt eigentlich jeder, nur von großem Interesse sind sie heute nicht mehr. Paul Di´Anno ist so einer, vor dreißig Jahren sang er die beiden ersten IRON MAIDEN-Alben ein, bevor er nicht mehr so ins Konzept passte. Von dem Ruhm zehrt er zwar noch heute, aber seine Vergangenheit lässt ihn ebenso wenig los. Was er auch in den zurückliegenden Jahrzehnten versuchte, er wurde stets an seinen Großtaten gemessen und das war es auch was das Publikum von ihm hören wollte. Auch wenn er selbst eher anderen Songs den Vorzug geben würde, er hat sich mittlerweile damit arrangiert, weil er so weniger Probleme hat seinen Lebenswandel zu finanzieren.
An dem Abend gastierte er im kleinen Club der Saarbrücker Garage, nachdem er ein paar Jahre zuvor schon einmal Station im Saarland gemacht hatte. So verblasst scheint sein Ruhm nicht zu sein, denn der Schuppen war so pralle voll wie noch nie zuvor. So stiegen die Temperaturen schnell auf Sauna-Niveau, auch wenn es draußen um den Gefrierpunkt war, ein kuscheliger Abend war vorprogrammiert. Den Support-Slot ergatterten sich die einheimischen Hopefuls von GRAVETY, die hier ihre Pre-Release-Party feierten.

 

 

GRAVETY
Und auch bei ihnen sollte der Kuschelfaktor hoch sein, zumal die meisten Zuschauer schon zur Anfangszeit aufgelaufen waren. Unterdessen war es auf den Brettern auch nicht viel besser, denn diesmal standen gleich zwei Drumkits auf der Bühne. Als wäre die nicht ohnehin schon klein genug, musste man sich deutlich einengen. Von dem Standpunkt aus gesehen war es ein paar Wochen zuvor wohl weitaus angenehmer, als man das Vorprogramm für POWERWOLF im großen Saal bestritt.
Die Jungs mussten sich alle in die vordere Bühnenreihe drängen, während Schlagwerker Lukas in die linke hintere Ecke verfrachtet wurde. Beim derartigen Platzangebot konnte noch nicht einmal das dünnste Gitarrenduo der Welt die Seiten wechseln, so dass jeder auf seinem Flügel ausharren musste.

Sehr interessant war dieses Mal auch das Outfit der Lokalmatadoren, man hatte sich extra in Schale geschmissen. Während die beiden Sechssaiter und der Mann in der Ecke schwarze Hemden trugen und damit den düster-doomigen Anspruch unterstrichen, stach Sänger Kevin noch mehr heraus. Seine Weste kann man in etwa als eine Mischung aus Dracula und Freibeuterkapitän bezeichnen, auf alle Fälle chic. Lediglich Basser Simon bediente das Klischee und trug ein Metalshirt auf, dabei hätten ihn viele gerne in einer Mönchskutte gesehen.

Musikalisch konnte man an die zuletzt gezeigten Leistungen anknüpfen und präsentierte ein starkes Set. Die gut verlaufenen Aufnahmen zu ihrer ersten CD scheinen den Fünf zusätzlich Selbstvertrauen zu geben. Vor allem der Frontmann wirkt immer souveräner und weiß seine Stimme ausdrucksstärker einzusetzen. Auch seine frühere Zurückhaltung hat er abgelegt und kommuniziert mehr mit dem Publikum als nur der Aufforderung zur "Epic Fist". Zur Feier des Tages wurde dann auch dem falschen Heiligen, der mal den Präsidenten mimen wollte, "False Messiah" gewidmet. Mögen die knackigen Riffs der Herren Gebhard und Albert die Vuvuzelas der Schaulustigen dort vor Ort noch unterstützt haben.

Setlist GRAVETY:
Stroke Of Fate
Judge Your God
False Messiah
Into The Grave
Summoning Ritual
Asylum
Decay Of Life
Axe Of Execution

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PAUL DI´ANNO

Nach doch etwas längerer Umbaupause ertönte dann endlich das wohl jedem Anwesenden bekannte Intro "The Ides Of March", welches schon den zweiten IRON MAIDEN-Longplayer einläutete. Die Band war schon oben, erst als der Basslauf des eigentlichen Openers ertönte stieg der NWOBHM-Veteran auf die Bühne. Und wie ein Veteran sieht er heute auch aus, nur bleibt die Frage aus welchen Krieg. Sein Krieg war das Leben und da hat er alles mitgemacht was geht. Der Mann ist ein Unikat, ein ähnlich kultiges Raubein wie Lemmy, nur nicht so populär.
Schon steigerte sich die gute Stimmung, die bei GRAVETY herrschte, noch einmal ordentlich. Beim ersten Refrain sang das Publikum direkt lautstark mit. Klar, die Dinger kennt jeder auswendig und als es im Anschluss noch ein Song des IRON MAIDEN-Debüts rausgehauen wurde ging es richtig ab. Der frühere Frontmann scheint seinen Fokus klar auf dem songdienlicheren Erstwerk zu haben, denn bis auf den Titelsong wurde das komplett gezockt. Aber das eine Wort, das verweigert er weiterhin konsequent.

Als Backingband fungierte dieses Mal eine Truppe aus deutschen Musikern. Der Mann hat verschiedene Begleitkapellen über den Globus verstreut und reist meist nur mit seinem Assistenten während je nach Auftrittsort die passenden Mucker rekrutiert. Und bei der heutigen Truppe gab es ein Stelldichein mit einem weiteren Local Hero, die eine Axt bediente: Joey Siedl, der normalerweise bei den Alternative-Proggies CHEENO in die Saiten greift. Probleme damit, überall Musiker zu finden dürfte PAUL DI´ANNO sowieso nicht haben, spielen können die Nummern eh viele, weil die meisten eben genau damit angefangen haben. Und die Chance mit ihm zu spielen lässt man sich nicht so leicht entgehen, und das war auch an der Spielfreude zu sehen.

Weniger Freude hatte der Chef im Ring anfangs mit seinem Mikrofonständer, der sich dauernd in zwei Teile auflöste. Erst einmal wurde das Malheur mit Humor und Sprüchen wie "like fucking Freddy Mercury" überspielt, doch dann wurde er zusehends ungehaltener. Erst als das Gerät endlich ausgetauscht wurde war Paul Di´Anno wieder zufrieden. Schon große Kunst, der größte Poser zu sein, wenn man mit Joey Siedl auf der Bühne steht.
Auch sonst bekamen bei seinen verbalen Rundumschlägen einige ihr Fett ab. Diverse Probleme bei dem Russland-Abstecher quittierte er mit dem doppelten Mittelfinger für das Land. Und der Dame, die versucht hatte die Bühne zu erklimmen warf er auch noch ein paar nette Worte hinterher. Klar, mit derartigem offensiven Auftreten waren schon seine früheren Kollegen unzufrieden. Um den ganz großen Erfolg zu erreichen wollten sie weg von der rustikalen Art und verpflichteten den weitaus intellektuelleren Bruce. Doch das ist seine Art, einfach rauszusagen was er denkt ohne viel zu überlegen, diese Direktheit macht ihn irgendwo sympathisch.

Von der Gesangsperformance hängt er seinem Nachfolger sowieso hinterher, was auch seinem Lebenswandel geschuldet ist. Sicherlich ebenso ein Grund für das Ende seines Engagements bei den Jungfrauen, denn allzu lange Touren verkraftet er so wohl nicht. Sein Timbre ist sehr viel rauer und auch seine Stimme weniger klar. Doch in so einem kleinen Venue mit dem alten, härteren Material, da passt das. Hier werden die Klassiker ohne viel Schnickschnack, aber dafür mit weit mehr Intensität, roh, ursprünglich rausgeknallt. Da stellt sich eher das Feeling der damaligen Aufbruchzeiten wieder ein als beim Stadiongig.

Dem Publikum gefiel es, zwischendurch baute er immer wieder ein Stück aus seiner Solokarriere ein, die sich auch nicht verstecken müssen. An die Klasse der Titel, welche auch die meisten hören wollten kommen sie nicht ganz ran. Von dem Bekanntheitsgrad ganz zu schweigen, denn schon nach dem ersten Takt brandete immer wieder Jubel auf. Zwei Coverversionen gab es ebenfalls zum Besten, vor allem die abschließende ist mittlerweile Standard bei ihm. Hat er eigentlich nicht nötig, ein paar Zuschauer hätten sich sogar noch ein paar Solosachen gewünscht.
Gegen Ende herrschte dann großer Klassiker-Alarm und die Menge ging noch einmal richtig aus sich heraus. Bei einer derartigen Enge mal kurz eine Pit anzuzetteln ist schon mutig, aber wem ist es zu verdenken bei Songs, wo so viele Erinnerungen dran hängen, mal richtig auszurasten. Lautstarke Zugabe-Rufe wurden waren der verdiente Lohn, die auch ordentlich abgefeiert wurden, auch wenn der Schweiß schon aus allen Poren tropfte. Kultiger Abend im Sinne des ursprünglichen Heavy Metals! (Pfälzer)

Setlist PAUL DI´ANNO:
The Ides Of March/Wrathchild
Prowler
Marshall Lockjaw
Murders In The Rue Morgue
Strange World
The Beast Arises
Children Of Madness
Genghis Khan
Remember Tomorrow
Faith Healer
Song For You
Charlotte The Harlot
Killers
Phantom Of The Opera
Running Free
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Transylvania
Blitzkrieg Bop

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