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Platz vier in den deutschen Media-Control-Charts für das neue Album "No Guts. No Glory.", das ist doch mal eine Ansage. Anscheinend haben die Australier AIRBOURNE auch in Mitteleuropa Fuß gefasst, auch wenn man ihnen musikalisch nicht gerade Innovativität bescheinigen kann. Braucht der größte Hype der letzten Jahre scheinbar nicht, denn ihr traditioneller Rock´n´Roll zündet auf alle Fälle, da ist anderes eher nebensächlich.
Nun hatte NECKBREAKER endlich die Chance sich von den vielgerühmten Live-Qualitäten des Vierers zu überzeugen. An dem Abend gastierte die Formation im luxemburgischen Esch-sur-Alzette unweit der Grenze, gut das ist es überall im Fürstentum. Ins Vorprogramm hatten sie ihre Labelmates TAKING DAWN gepackt (bekommen), welche bisher noch nicht so sehr in Erscheinung treten konnten, zumal sie bislang nur ihr Debüt "Time To Burn" vorgelegt haben.

Und die Jungs aus Las Vegas kamen stilecht oder soll ich besser sagen großspurig zu einer eingespielten Mixtur aus der Rocky-Hymne "Eye Of The Tiger" und Michael Buffer-Ansagen auf die Bühne. Als sie da lostürmten und schon vor dem ersten Ton mit ihren Arbeitsgeräten posten, als gäbe es kein Morgen mehr, konnte man eine hungrige Band erwarten.
Eher in Streetrock-Klamotten als dem zu ihrer Musik passenderen Glam-Outfit legten sie mit "Like A Revolution" los. Doch der Anfangselan schien ein wenig abgeflaut, wenn man seine Instrumente erst mal bedienen muss, dann frisst das schon einiges der Konzentration. Ihnen jetzt Stehgeigerei vorzuwerfen wäre ebenfalls verfehlt, sie bemühten sich auf das Publikum einzugehen, feuerten es immer wieder an. Dafür ernteten sie gebührend Beifall und gereckte Hände in den vorderen Reihen.

Weiter hinten war der Club noch nicht so gut gefüllt, viele zogen ein Bier dem Gemisch aus RATT, MÖTLEY CRUE und THIN LIZZY vor. An den Doppel-Leads der Briten versuchten sie sich des Öfteren, mit wenig durchschlagendem Erfolg, hundertprozentig eingespielt schien mir die Truppe nicht zu sein. Auf der anderen Seite ging davon viel im undifferenzierten Sound unter, der sich über die gesamten 35 Minuten nicht merklich bessern konnte.
Zwar taute die Band im Verlauf immer mehr auf und traute sich an den Bühnenrand, wo sie den Zuschauern ihre Äxte präsentierten, sich dabei auch etliche Fingerabdrücke einfingen.
Berührt hätten einige weibliche Fans gerne auch Leadgitarrist Mickey Cross, der oben ohne eine gute Figur machte. Ebenso beachtlich war das sehr engagierte Spiel von Skinsman Alan Doucette, der wie ein Berserker auf sein Kit eindrosch. Doch über die üblichen Standards kamen Titel wie "Endlessly" und "The Chain" nicht hinaus. Ebenfalls nervig erwiesen sich die massig eingesetzten Stroboskop-Lichter, die kaum Effekte brachten, aber streckenweise schon irritierten.

So vor zwanzig Jahren in meinem kleinen Stammclub hätte ich die Truppe an einem Samstagabend noch gut gefunden, unterhaltsam war ihre Show sicherlich. Doch auf der großen Bühne wirkten sie nicht ausreichend und auch das Songmaterial blieb kaum hängen. Was unterscheidet nun TAKING DAWN von all diesen Combos, die es nie geschafft haben, während die Amerikaner einen Deal bei Roadrunner ergattern konnten? Kann sein, dass die Mucke momentan wieder zieht, aber solche Bands findest Du an jeder Ecke. Aber die US-Abteilung ihres Labels ist ja schon öfter durch ansatzweisen Realitätsverlust aufgefallen und auch da bin ich gespannt, was man von den Jungs noch hören wird.

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Eine halbe Stunde später war dann der ausverkaufte Saal so richtig prall gefüllt und es war klar für wen alle Anwesenden gekommen waren. Als Introtape gab es nun das Terminator-Thema, was ich schon ein wenig origineller finde. Und sie sollten alles zerstören, kaum hatten sie ihre Plätze hinter den Mikroständern eingenommen, kurz angezählt gab es kein Halten mehr. Luxemburg ging steil und die Herren von "Down Under" gab der Meute Saures.

Fußball kann so einfach sein und Musik auch, drei Akkorde und ab dafür. Dabei brauchte die Truppe noch nicht einmal lange zu bitten wie ihre Vorband, einmal die Hand heben reichte und schon flog ihnen ein Meer von Fäusten entgegen. Kurze Ansage und weiter ging es im gestreckten Galopp. Die vier standen da oben stolz, breitbeinig und unerschütterlich in zerrissenen Jeans und einfachen Shirts oder auch gar keinem. Zumindest bei Frontmann Joel O´Keefe machten sich da seine irischen Wurzeln bemerkbar, als Anhimmelobjekt für das schwache Geschlecht taugt er aber eher für die kernigere Sorte dieser Gattung.
Seine Nebenleute David Roads und Justin Street posieren ebenso mächtig und stimmen bei den Refrains immer die rotzigen Chöre an, die vom Publikum noch lautstärker unterstützt werden. Ansonsten schütteln sie ihre Matten und geben ordentlich Gas, so dass nach zwei Songs alles durchgeschwitzt ist. Immer wieder gehen sie geschlossen nach vorne um ihre Stärke zu demonstrieren und feiern fast inmitten des Publikums, laut meinem Kollegen Maik soll der Photograben nicht der breiteste gewesen sein.

Während der Soli begeben sich der Basser und der Rhythmusklampfer dezent nach hinten vor die Marshall-Wand, während O´Keefe seine Entertainerqualitäten ausspielt. Und was da ausgepackt wird ist schon echt verrückt. So steigt er kurzerhand von den Brettern, läuft durch das Publikum, um auf dem Mischerpult weiterzuspielen. Dabei lässt er aber zu keiner Zeit sein Spiel außer Acht.
Noch eine Spur durchgeknallter gibt er sich bei der Zugabe. Man hat ja als Metalhead Bierdosen schon auf die ungewöhnlichsten Arten geöffnet, aber durch bloßes draufschlagen über dem Kopf, das habe ich noch nicht erlebt. Als der dadurch stark geschüttelte Gersteninhalt dann weit heraus spritzte verteilte er ihn über die Zuschauer, um dort anschließend das Behältnis zu entsorgen. Wer nun nicht mehr an eine Steigerung dachte lag ziemlich falsch, als beinharter australischer Stahlkochersohn kann man die Dinger auch mittels an den Kopf schlagen auf bekommen, irre!

Musikalisch gesehen war der Auftritt aber ebenfalls bemerkenswert. Die Setlist wechselte schön zwischen Nummern der beiden Alben, wobei die Hits vom Debüt den Abschluss bildeten. Beeindruckend ist die Geschlossenheit mit der AIRBOURNE vorgehen, selten so eine tighte Formation gesehen, der Vierzylinder schnurrte auf vollen Touren. Von hinten angetrieben durch O´Keefe-Bruder Ryan, der stoisch seinen fetten Groove durchzieht, der unablässig nach vorne pumpt.
Bei den Intros oder den Schlussakkorden fiel man öfter in kurze Jams, bei denen die Grundthemen geschickt variiert wurden, was die Dynamik noch weiter steigerte. Hier konnte man auch leicht ein paar Blues-Wurzeln erkennen, wenn es auch ein lauter Blues war. Aber hieran kann man erkennen, dass hinter der Band nicht nur Kalkül steckt, sondern, dass eben diese Roots authentisch vererbt sind. Zugute kam ihnen noch der druckvolle und enorm laute Sound, der nun wesentlich deutlicher aus der PA kam.

Nach 80 Minuten voller Power, Adrenalin und Schweiß war dann schon Schluß, aber wer hält diese Intensität viel länger durch. Die Jungs vom fünften Kontinent bewiesen, dass sie ihre Vorschusslorbeeren absolut verdient haben, die Halle kochte am Ende, ein freundlicher Pit tobte die ganze Zeit.
Bleibt nur abzuwarten wie es mit AIRBOURNE weiter geht, denn ihre musikalische Limitiertheit könnte schon bald zum Verhängnis werden, denn ausbrechen können sie schlecht ohne Fans zu verlieren. Doch kann man sich in unseren schnelllebigen Zeiten noch mit der immer gleichen Mucke über Jahrzehnte an der Spitze halten? Ich bezweifele das stark, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Es wäre einmal ein Schritt in die richtige Richtung. (Pfälzer)

Setlist AIRBOURNE:
Raise The Flag
Hellfire
Chewing The Fat
DiamondsIn The Rough
Blonde, Bad And Beautiful
Girls In Black
What´s Eatin´ You
Born To Kill
Cheap Wine & Cheaper Women
Steeltown
Heartbreaker
No Way But The Hard Way
Too Much, Too Young, Too Fast
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Runnin´ Wild
Stand Up For Rock´n`Roll

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Alle Bilder von Maik. Weitere Bilder findet ihr in unserer Galerie.

 

 

 

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