live_20100224_01.jpgWie heißt es so schön im Volksmund, man soll die Kuh melken so lange sie noch Milch gibt. Übertragen auf die fahrende Festivalreihe Paganfest bedeutet das, so schnell wie möglich an den Erfolg der ersten beiden Auflagen anzuknüpfen, wer weiß wie lange dieser Boom der Heiden noch anhält. Somit schickte die veranstaltende Agentur Rock The Nation noch nicht einmal ein halbes Jahr nach dem letzten Paganfest, erneut einige mehr oder weniger dem Pagan-Genre zuzurechnende Bands für mehrere Wochen quer durch Europa. Dieses Mal waren am Start: FINNTROLL, ELUVEITIE, DORNENREICH, VARG und ARKONA – ein durchaus abwechslungsreiches Billing. Und wie in der Vergangenheit machte der Tourtross erneut im Saarland Halt, was sicherlich nicht selbstverständlich war, nachdem die Show im vergangenen Jahr in Illingen sehr schlecht besucht war. Simone und Maik waren in der Saarbrücker Garage vor Ort, um für euch vom feierlichen Geschehen zu berichten.

ARKONA:
Den Anfang an diesem Abend machte die russische Folk-Band ARKONA, die sich während der gesamten Tour den Openerslot mit VARG teilte, und die mit ihrem letztjährigen Album „Goi, Rode, Goi!“ zumindest einen Achtungserfolg landen konnte. In Saarbrücken waren sie es also, die so gegen 18 Uhr als erstes auf die Bretter mussten, was für mich der erste Schlag ins Gesicht war, denn zu diesem frühen Zeitpunkt befand ich mich als der schreibende Teil des Neckbreaker Duos noch nicht einmal auf dem Weg hin zur Garage. Dabei hätte ich ARKONA zehn mal lieber gesehen, als die als nächstes aufspielenden Bayern von VARG. Kann man eben nichts machen, dank dem strikten Curfew von 23 Uhr, beginnen die Konzerte mit vielen Bands in der Garage halt immer (viel) zu früh. Zwei Dinge dürften aber feststehen: Wenn der Sound bei ARKONA genau so bescheiden war wie bei den restlichen vier Bands (dazu später noch mehr), dann wird’s kein großes Vergnügen gewesen sein, den vielschichtigen Kompositionen zu lauschen, und bei diesem sibirischen Bühnenoutfit (siehe unten) muss Sängerin Maria ganz schön geschwitzt haben.

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VARG:
Somit waren die bayerischen Wölfe von VARG die erste Band des Abends, die ich mitbekommen habe. Wie ARKONA auch hatten die fünf Mannen in Kriegsbemalung eine halbe Stunde Zeit, sich, ihre Songs und ihre Ansichten zu präsentieren. Gerade wegen Letzterem sind VARG derzeit eine der heiß diskutiertesten Bands in der deutschen Black/Pagan-Metal Szene. Da gibt’s Unterstellungen und Gegendarstellungen, die einen sagen „rechts“ und „Nazis“, die anderen halten dagegen mit „unpolitisch“ und „jugendlicher Leichtsinn“. Die Wahrheit liegt vermutlich wie so oft irgendwo in der Mitte, wer provoziert, muss auch mit Gegenwind rechnen, in Saarbrücken bezog der Fronter jedenfalls klar Stellung; ob das ehrlich war kann ich nicht beurteilen. Am Besten macht sich jeder ein eigenes Bild von der Diskussion, ich kann nur sagen, dass VARG rein von der musikalischen Seite her an diesem frühen Mittwoch Abend einen überzeugenden Gig auf die Bretter legten, der vom Publikum gut aufgenommen wurde, erhobene Fäuste und kreisende Köpfe inklusive.

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DORNENREICH:
Dass die österreichische Avantgarde-Metal Band DORNENREICH anschließend von einem Teil des Publikums abgefeiert werden würde, ich denke das war vorher schon klar, denn in dem, was es macht, ist das Duo Eviga/Inve die bekannte Speerspitze. Dass das im Rahmen einer Tour, die mehr eine rauschende Party sein soll, nicht allen gefällt, dürfte genau so klar sein, und so leerten sich die Reihen vor dem DORNENREICH Auftritt etwas, die mit ihren anspruchsvollen Songs die klaren Außenseiter waren. Mit einer fiesen Rückkopplung stiegen Eviga und Inve um kurz nach halb acht mit den ruhigen Klängen des „In Luft Geritzt“ Openers ein, doch wer geglaubt hatte, DORNENREICH würden sich nur auf die akustischen Songs konzentrieren, wurde bereits beim zweiten Song „Jagd“ eines Besseren belehrt, als Eviga die akustische mit der elektrischen wechselte und ein mir unbekannter Schlagwerker hinter den Kesseln Platz nahm. DORNENREICH haben anscheinend genug von den rein akustischen Shows und wieder Lust wild und laut auf der Bühne abzugehen, und LAUT war's definitiv...VIEL ZU LAUT! Die Drums machten jeglichen Feinschliff zunichte und die Geige stand so dermaßen weit im Vordergrund, dass man vom Gesang teilweise kaum was hören konnte. Und das stand den Kompositionen, die mehr zum lauschen als zum abgehen verleiten, nicht wirklich gut zu Gesicht.
Der Band selber, das heißt den drei Mannen auf der Bühne, kann man dabei eigentlich keinerlei Vorwurf machen, die Setlist stimmte, neben den beiden „In Luft Geritzt“ Songs kam auch noch älteres Material wie „Wer Hat Angst Vor Einsamkeit“ und „Schwarz Schaut Tiefsten Lichterglanz“ oder der Song über die Hexe vom „Hexenwind“ Album zum Zuge, und Eviga stellte einmal mehr unter Beweis, dass er seine Songs auf der Bühne im wahrsten Sinne des Wortes zelebriert. Es hätte großes Kino für die Ohren werden können, der Mann am Mischpult hatte da leider was dagegen.

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ELUVEITIE:
Damit war die schwere Kost beendet und es wurde Zeit für den heimlichen Headliner des Abends ELUVEITIE, die dank dem Hype durch Nuclear Blast und ihrem unaufhaltsamen Touren in aller Munde sind. Auch die zwischenzeitlichen Wechsel im Line-Up scheinen den Schweizern nichts ausgemacht zu haben, man präsentierte sich in Saarbrücken als routinierte Einheit und schien sichtlich Spaß zu haben bei seinem „pure fucking folkmetal“. Kein Wunder, bei keiner Band des Abends (selbst bei FINNTROLL später nicht) waren die Reaktionen von Seiten des Publikums so euphorisch, was für Saarbrücker Verhältnisse bedeutet, dass man den ein oder anderen Crowdsurfer und ein paar kleinere Pits bestaunen durfte. Auch wenn die Band mehrmals lobende Worte in Richtung seines Publikums richtete, scheinen das nicht mehr als typische Floskeln gewesen zu sein, um die Leute bei Laune zu halten. Im Vergleich zur ausverkauften Show im schweizerischen Pratteln zum Tourauftakt kann das hier nur ein laues Lüftchen gewesen sein.
Nachdem man zu Beginn erst einmal einige Nummern von neuen Album „Everything Remains As It Never Was“ zum Besten gab, war es dann an „Inis Mona“ zum ersten und einzigen Mal für kollektives Ausrasten zu sorgen; zumindest fast, ein paar erhobene Mittelfinger wurden auch gesichtet. Gerade bei diesem Song wird mal wieder das eigentliche Problem von ELUVEITIE deutlich, denn das restliche Material ist im Vergleich zu diesem Hit eher durchschnittlicher Natur. Die „überbewertet“ Vorwürfe sind von daher nicht nur einfach aus der Luft gegriffen. Wie auch immer, Spaß hatten die meisten Leute, und das ist bekanntlich immer noch das Wichtigste.

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FINNTROLL:
Für so einige schien der Auftritt von ELUVEITIE bereits das Highlight gewesen zu sein, denn zu FINNTROLL lichteten sich überraschenderweise erneut etwas die Reihen, dabei haben diese doch gerade mit ihrem neuen Album „Nifelvind“ bewiesen, dass man immer noch auf sie zählen kann. Zum Intro dieser Scheibe („Bloodmarsch“) betraten die sechs Finnen die Bühne, doch wer als nächstes das überragende „Solsagan“ erwartete, musste sich noch eine Zeit lang gedulden, erst mal war's Zeit für andere neue Songs wie „Drap“ und „Den Frusna Munnen“, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Vielleicht war das ein Fehler, denn den Finnen gelang es bei weitem nicht so gut wie zuvor ELUVEITIE die Meute zur Action zu animieren. Da passte es ganz gut, dass man seinen größten Hit „Trollhamaren“ bereits unerwartet früh losließ. Neben den neuen Songs kamen natürlich auch noch einige weitere ältere zum Zuge, wobei bei der Gelegenheit einem wieder bewusst wird, wie ähnlich sich doch alle FINNTROLL Songs sind. Nach etwa einer Stunde hatte das muntere Treiben dann sein Ende, wirklich traurig dürfte darüber niemand gewesen sein, denn erstens hat man FINNTROLL aus der Vergangenheit besser in Erinnerung und bei einem solch miesen Sound, den auch FINNTROLL hatten, machte das Ganze eh nur zur Hälfte Spaß.

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Was bleibt ist ein insgesamt unterhaltsamer Abend, der von der musikalischen Seite aus betrachtet nur bedingt Laune machte, was vor allem am Sound lag, der bei allen Bands irgendwo zwischen katastrophal und miserabel lag. Dem verantwortlichen Mischer sollte man mal ein Berufsverbot erteilen! Nachdem auch das dritte Paganfest im Saarland im Vergleich zu anderen Stationen eher schlecht besucht war, bleibt abzuwarten, ob diese Festivalreihe im Saarland eine Zukunft hat. Erst einmal aber steht im September das zweite Heidenfest vor der Tür mit ENSIFERUM, EQUILIBRIUM, SWASHBUCKLE und HEIDEVOLK und auch von diesem wird NECKBREAKER mit Sicherheit berichten. (Maik)

Alle Bilder von Simone. Mehr Bilder findet ihr in unserer Galerie!
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