Am 14.10.2008 hatten sich zwei absolute Rocklegenden in der Saarbrücker Garage angesagt. Niemand geringeres als URIAH HEEP und THIN LIZZY, die beide schon seit fast 40 Jahren unterwegs sind, fanden sich zu ihrer gemeinsamen Tour ein. Dass beide Bands in der heutigen Musiklandschaft auch in Zeiten von Metalcore und derbstem Geprügel immer noch relevant sind, zeigt sich darin, dass der Laden an dem Abend gut gefüllt war.
Viele dieser extremen Acts heutzutage nutzen oft zweistimmige Leads im Gitarrenbereich. Schaut man in der Musikgeschichte zurück und sucht den Ursprung dieser Spieltechnik so bleibt man zwangsläufig beim Namen THIN LIZZY stehen, denn neben WISHBONE ASH hat keine andere Formation mehrstimmige Gitarren so geprägt wie die Briten mit irischem Ursprung. Doch auf der Konzertreise sollten sie nur das Vorprogramm bestreiten, was wohl daran liegt, dass man seit der Reunion 1999 kein Studio-Album mehr veröffentlicht hat. Der Headliner URIAH HEEP war ebenso lang ohne neue Songs unterwegs, was auch sehr gut funktionierte. Dennoch begab man sich im letzten Herbst ins Studio und legte mit „Wake the Sleeper" Longplayer Nummer 21 vor. Und den galt es an dem Tag zu promoten, was sie auch ausgiebig taten.

Doch bevor es soweit war, enterte zuerst einmal ein Mann namens ANDREW PAUL WOODWORTH mit seiner Gitarre die Bühne. Bekannt wurde er mit Alternative-Rockbands wie ELEPHANT RIDE oder VIRGIL, denen aber nie großer kommerzieller Erfolg beschieden war. Heute präsentierte er uns Material aus seinem Soloalbum „Eddy ate Dynamite, Good-Bye Eddy", allerdings in abgespeckter Form. Ganz im Stile eines Singer/Songwriters stand er da oben und versuchte mit Titeln wie „I hate music" die Menschen zu erwärmen.
Das hörte sich zwar nett an, singen kann der Mann auch und gelegentlich versprühte er ein wenig Aggressivität, doch wirklich überzeugen konnte er niemanden. Zu unbekannt war das Material gegenüber dem, was kommen sollte, zu trocken die Vortragsweise. So blieb es dann nach vier Stücken bei nicht mehr als einem Höflichkeitsapplaus.

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Ganz anders war dann die Stimmung als das Saallicht ein zweites Mal ausging und die Sirenen ertönten. Die konnten nämlich nur eins bedeuten: "Red Alert: Jailbreak!" Kaum waren die vier von THIN LIZZY auf der Bühne krachten die Sechssaitigen mächtig mit eben jenem Song los. Und sie rockten, von Beginn von der Meute angetrieben, als wären sie noch die jungen Hüpfer in den Siebzigern. Dazu präsentierten sie auch bald das was sie einst berühmt gemacht hat, diese wunderbaren Doppel-Leads, die sich durch fast alle Songs ziehen. Die beiden Männer an den Äxten rückten dabei stets eng zusammen und harmonierten punktgenau.

Unbestrittener Mittelpunkt seit der Reunion ist Sänger und Gitarrist John Sykes, der den viel zu früh verstorbenen Phil Lynott beerbt. Sein raues Rockorgan ist dem des ewig präsenten Masterminds ziemlich ähnlich, wenngleich ein wenig der schwarze Soul-Einfluss fehlt. Bei seinem unvergleichlichen Gitarrenspiel, welches mich schon seit WHITESNAKE´s „1987" fasziniert, wirft er sich gerne in seine typische Pose, sein Spielgerät vor die Hüfte gehalten und den Kopf in den Nacken geworfen. Doch auch andere Rockstar-Gebärden sind ihm nicht fremd ebenso wenig wie das kontaktieren mit seinem Publikum. Obwohl das an dem Tag kaum noch eine Aufforderung brauchte.
Sein Nebenmann Scott Gorham war wie immer ein kongenialer Partner, der sich ständig mit ihm blind abwechselte. Mit seinem neuen stilischen Kinnbart wirkte er sogar noch ein wenig jünger als bei seinen letzten Auftritten. Und so manches Mal musste er sich zusammen reißen um nicht vor lauter Euphorie die Kontrolle zu verlieren.

Die Songauswahl schien anfänglich dieselbe zu sein wie bei den letzten Touren, doch nachdem nach ein paar Songs die Stimmung am Überkochen war, streute man einige ruhigere Stücke ein. Dabei kam die größte Überraschung des Tages in Form von „Dancing in the Moonlight", welches auch ohne Saxophon bestens ankommt. Mit „Sha la la" kam dann ein weiteres lange verschollenes Lied zu Ehren, an dessen Ende Tommy Aldridge sein Solo zelebrieren durfte.
Und zelebrieren ist hier das richtige Wort, denn kein anderer Drummer bringt mit seinen Alleingängen die Massen so zum Kochen wie der Lockenkopf. Schon während der Show sah man von dem Derwisch nur die Haare und die Stöcke hinter dem Kit fliegen. Dabei haute er auf die Felle wie ein Verrückter, nach fast jedem Song musste ein Roadie irgendetwas festzurren. Doch der Höhepunkt ist immer dann, wenn alle Augen auf ihn gerichtet sind, da wackelte die Schiessbude, da vibrierte der Riser, dass einem fast bange wurde. Wenn man dachte, jetzt lässt er nach, schraubt er das Tempo noch einmal höher. Irgendwann richtete er sich auf, ließ sich kurz feiern, warf seine Sticks ins Publikum und trommelte mit den bloßen Händen weiter, unfassbar.

Zum Schluss spielten sich THIN LIZZY in einen wahren Rausch, auch wenn der Sound etwas übersteuert war und in den vorderen Reihen die Gitarren arg laut waren. Es kann sein, dass einige bemängeln konnten, dass bei den ruhigen Momenten ein wenig zu arg in die Saiten gegriffen wurde. Doch die Band wollte rocken und das tat sie auch mit Hingabe. Der junge Basser Francesco DiCosmo muss sich doch wie im Traum vorkommen mit solchen Legenden, die eine derartige Spielfreude an den Tag legen eine Bühne teilen zu dürfen. Wer nur Klassiker auf der Speisekarte hat, der kann auch nur solche servieren, THIN LIZZY taten das heute mit einer ungeheuren Power, da muss man sich als Hauptact schon strecken um solche Publikumsreaktionen zu erhalten.

Setlist THIN LIZZY:
Jailbreak
Waiting for an Alibi
Don´t believe a Word
Are you ready?
Dancing in the Moonlight
Still in Love with you
Sha la la
-Drumsolo-
Emerald
Cowboy Song
The Boys are back in Town
----------------------------------
Cold Sweat
Black Rose

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Und URIAH HEEP taten sich zu Beginn schwer da einen drauf zu setzen, obwohl der Sound klarer war als zuvor. Dennoch war in den vorderen Reihen der Gitarrenmonitor erneut zu dominant. Das hielt die Truppe aber nicht davon ab ein Feuerwerk ihrer reichhaltigen Geschichte zu zünden. Dabei machten sie es den Zuschauern aber zu Beginn  mit drei neuen Songs schwer, denn viele hatten zu dem Zeitpunkt das aktuelle Album „Wake the Sleeper" noch nicht. Angesichts der Qualität der Songs werden das zwar viele nach dem Gig am Merchandise-Stand ändern, dennoch muss man sich erst einmal in das Material rein finden.
So platzte der Knoten erst als der markante Basslauf von „Stealin" erklang. Nun hob sich die Stimmung gewaltig, Frontmann Bernie Shaw hatte keine Mühe mehr die Leute zu animieren. Der Mann ist nach all den Jahren immer noch sehr gut bei Stimme, erreicht problemlos die schwierigen Höhen und obendrein ein erstklassiger Entertainer. Ständig unterwegs, sein Mikro oft in das Holster an seiner Hose gesteckt, bemühte er sich um jeden Fan, während er die Geschichten der Songs mit der alten Magie füllte.

Rechts neben ihm stand der scheinbar auch nicht älter werdende Mick Box, mit seinem typischen akzentuierten Gitarrenspiel gesegnet. Immer ein Lächeln auf den Lippen, immer mit Kontakt zum Auditorium haute er seine Riffs und Soli fast blind heraus. Gerade bei den Soloparts bewegte er oft eine Hand gestikulierend in der Luft, während er mit der anderen seinem Instrument die Töne entlockte. Dabei zeichnete er die Melodien in der Luft nach oder baute seine altbekannten Faxen ein.
Da konnten Trevor Bolder am Langholz und der baumlange Phil Lanzon an der Hammond auch mithalten. Während der eine vom Podest aus ebenfalls jeden Ton nachempfand, warf der andere sein Arbeitsgerät während dem Spiel in die Luft und fing es wieder auf, ohne daneben zu greifen. Der neue Schlagzeuger Russell Gilbrook bringt sogar ein wenig mehr Härte in den Sound der Hardrock-Urgesteine, haut ein gutes Stück mehr in die Becken als sein Vorgänger Lee Kerslake, der aus gesundheitlichen Gründen den Hocker räumte.

Allerdings war auch ersichtlich, dass sich nach den Klassikern die Stimmung wieder abkühlte, denn URIAH HEEP machten ihre Ankündigung wahr und spielten das komplette neue Album in drei Blöcken durch. Das hat zwar seine Stärken, trotzdem bringen nicht alle Songs das hohe Niveau auf die Bretter. Zwar scheint so etwas in letzter Zeit zum Trend zu mutieren, doch man muss es den Künstlern auch zugestehen. Schließlich gastierte man, seit man das letzte Album vorgestellt hatte, noch mindestens dreimal im Saarland mit dem Greatest Hits-Programm.

Bei den neuen Stücken wirkte man auch ein wenig introvertierter als der gleichwertige Support. Hier und da war man zu sehr in der Atmosphäre der Songs gefangen, kann sein, dass die Nummern eben noch nicht so in Fleisch und Blut übergegangen sind als die Tausend mal gespielten Evergreens. Diese lieferte die Formation dann zum Ende des Sets und wurde dafür zu recht mächtig abgefeiert. Wer kennt diese Nummern eigentlich nicht im Schlaf, und so durfte am Ende dann der eine Song nicht fehlen, der sie weltberühmt gemacht hat und der auch noch die Zeit zur übernächsten Platte überdauern wird. Keiner in der Halle, der nicht lauthals mitsang und so für den würdigen Abschluss eines großartigen Konzertabends sorgte. (MetalPfälzer)

Setlist URIAH HEEP:
Wake the Sleeper
Overload
Tears of the World
Stealin`
Sunrise
Heaven´s Rain
Book of Lies
Light of a thousand Stars
-Keyboardsolo-
Gypsy
Look at yourself
-Gitarrensolo-
What Kind of God
Ghost of the Ocean
Angels walk with you
Shadow
War Child
July Morning
Easy Livin´
------------------------------
Lady in Black

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Alle Bilder von Maik, mehr davon gibt es in der Galerie .

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