Paganfest (Ensiferum, Korpiklaani, Moonsorrow u.a.) (21.04.2008, Saarbrücken)

paganfest.jpgPagan-Metal heisst das Zauberwort der Stunde. Bevor die Metal Core-Welle abebbt, muss ein neues kommerzielles Zugpferd in der Hartwurst-Szene gefunden werden.
Die vielen jungen Zuschauer in der Garage sprechen deutlich dafür - was die Qualität der Bands natürlich nicht in Frage stellen soll.
Denn mit ENSIFERUM und KORPIKLAANI hatte man als Headliner auf das richtige Pferd gesetzt und mit MOONSORROW, TYR und ELUVEITIE ein abwechslungsreiches Aufwärmprogramm auf das Billing gesetzt.
Wie mittlerweile so üblich, wurde per Internet-Voting zu jeder Show ein lokaler Opener gewählt. Und auch hier konnte es mit HERALDER, DER saarlänidischen Pagan-Institution keinen passenderen Sieger geben.

An anderer Stelle versuchten verwirrte Antifaschisten das Festival und ihre teilnehmenden Bands als Nazis abzustempeln und das Konzert in Berlin und andererorts zu Falle zu bringen. Befürchtungen, dass übereifrige "Moral-Wächter" (Wer hat Angst vor Schwester Jenal?) auch hier das Konzert in Frage stellen würden, erwiesen sich zum Glück als haltlos. Frei nach Dieter Nuhr gilt gerade bei dem Thema Heidentum der Spruch: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!" Danke. Bitte.

Da das Paganfest unter der Woche stattfindet und dazu noch mit 6 Bands aufwarten kann, findet man sich schon ziemlich früh in der Garage in Saarbrücken ein. Die Kapazität des Veranstaltungsortes ist zwar noch nicht annähernd ausgeschöpft, jedoch lassen sich die Anwesenden  Menschen nicht zweimal bitten, sich vor der Bühne zu versammeln und den Abend zusammen mit HERALDER zu eröffnen. Die achtköpfige Band, die sich als eine der wenigen Gruppen im Saarland dem Paganmetal verschrieben hat, legt einen fulminanten Start hin. Dichtes Gedränge herrscht zwar nur vor der Bühne, jedoch kann man erkennen, das vom ersten Song an mitgenickt und weiter vorne auch das Haupthaar belastet wird.
Dargeboten werden Songs der aktuellen Platte „Twilight Kingdom" und es wird amtlich gerockt zu Nummern wie „Twilight Entrance", „Queen Of The Snowfall" oder aber „Battleground". Die Songs kommen durchweg gut bei den Saarbrückern an - einzig der Sound ist etwas dünn, so dass man die beiden Sängerinnen kaum verstehen kann.
Nach 30 durchweg sehr guten Minuten ziehen sich HERALDER auch schon wieder zurück und haben bewiesen, dass eine große Bühne und eine große Halle für diese Horde kein Hindernis darstellt.
(Reini)

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Eine kurze Umbaupause und ein oder zwei Bier später geht es weiter mit einer der größten Hoffnungen der Paganszene. ELUVEITIE, die nicht umsonst als die Begründer einer neuen Welle des Paganmetal gehandelt werden, betreten die Bühne. Der schweizerische Achter rund um Frontmann Christian Glanzmann legt gleich mit ihrer aktuellen Single „Inis Mona" los, so dass vor der Bühne (wo sich jetzt gut und gerne doppelt so viele Menschen befinden wie bei HERALDER)direkt Stimmung herrscht und man sich beim Anblick der feiernden Meute direkt zum Mitmachen inspiriert fühlt.
Die Schweizer können mit ihrer Mischung aus skandinavisch angehauchtem, melodischen Deathmetal und dem Einsatz keltischer Lyrik und mittelalterlicher Instrumente beim Saarbrücker Publikum punkten.
Die interessanteste Beobachtung des Abends stellen für mich wohl die gesetzteren Generationen vor der Bühne da: da sieht man Menschen, die schon steil auf das Rentenalter zugehen mit ELUVEITIE-Shirts und geladener Pommesgabel springen und feiern - grandios!
Es wird eine gute Mischung aus den Songs des aktuellen Brechers „Slania" und der vorhergegangenen Scheibe „Spirit" dargeboten und man sieht deutlich, dass man mit der Songauswahl punkten kann. Vor der Bühne bricht bei Songs wie „Your Gaulish War" und „Bloodstained Ground" ein ums andere mal ein fulminanter Pit aus, sodass nach en bisschen mehr als 30 Minuten die Band zufrieden die Bühne räumt und ein zufriedenes, wenn auch durstiges und verschwitztes Publikum zurücklässt.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal bei dem Kerl bedanken, der mir über meine Notizen gekotzt hat: vielen, vielen Dank!
(Reini)

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Nach der schon recht ausgelassenen Stimmung war es klar, dass TYR es mit ihrem getragenen und vertrackterem Material schwerer haben würden beim Publikum zu landen. Der halbnackte Dreier plus neuem Drummer zog sich aber amtlich aus der Affäre. "Wings of Time", "Ramund hin unge" und der Klassiker "Hail to the Hammer" ließ so manche Faust in die Höhe recken und zauberte bei Heri und Co ein Lächeln ins Gesicht. Auch wenn viele der party-suchenden Kids nicht viel mit den Songs der Färinger anfangen konnten, gab es dennoch wohl gesonnenen Applaus. Auch der Ausblick auf das kommende Album "Land" verspricht weitere nordische Epen ohne Kitsch.
Immerhin lernte das junge Gemüse somit, daß eine Verbindung von Folklore und Rock nicht im Gedudel mittelalterlicher Instrumente untergehen muss, sondern hymnische Schlachtgesänge auch anders intoniert werden können. Ich fand´s jedenfalls gut.
(Brix)

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Mein Favorit des Packages, MOONSORROW, war dann an der Reihe. Nachdem ich vom Auftritt letztes Jahr auf dem WFF morgens um Drei promillebedingt nicht mehr viel sonderlich in Erinnerung behalten hab (Asche auf mein Haupt!), war dies quasi meine Live-Premiere mit den Finnen.
Leider passte sich der Fünfer dem Rest des Billings an und ließ ein wenig die unheilvolle und schwarzmetallisch-düstere Atmosphäre ihrer Studio-Alben vermissen. Natürlich sollte ein Live-Gig Spass machen, aber ein wenig mehr Düsternis hätte zumindest mir gefallen.
So kam das Quintett aus Helsinki auch bei den Hörner-Schwingern bestens an und sorgte mit den gekürzten Versionen von "Kylän Pääsä", "Sankarihauta" und "Jotunheim" für Stimmung. Dabei wurde geposed, was das Zeug hält und reihte sich nahtlos in die Feierlaune der Anwesenden ein. Ich glaube, MOONSORROW funktionieren meiner Vorstellung nach entweder nur auf Konserve oder bei einem kleineren Club-Gig, wo man die "bösen" Songparts eher zur Geltung lassen kann. Ich war dann doch ein wenig enttäuscht...
(Brix)

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Mit den Saufnasen KORPIKLAANI sollte die Party-Stimmung dann ihren Höhepunkt erreichen. Wer Songs wie "Beer Beer", "Happy little Boozer" und "Let´s drink" zum Besten gibt, zielt nur auf das feucht-fröhliche Thema ab. Quasi die finnischen Humppa-ONKEL TOM.
Dementsprechend viel Bier wurde während dieses Gigs auch gesoffen, verschüttet, verspritzt-teilweise verschwenderisch sah man die guten Getränke die Crowd und den Garage-Boden besudeln...Augenkrebs! Das Zeuch ist zur oralen Aufnahme da, Kinners!
Über die musikalischen "Fähigkeiten" der Mannen aus Suomi lässt sich sicherlich streiten, aber Stimmung können sie machen, diese Waldschrate. Ab sechs Bier im ausgelaugten und hungrigen Arbeitnehmer-Korpus beginnt das Ganze sogar mir Spass zu machen und ich wippe und tippel automatisch mit. Aber auf Dauer wird das Gehoppel dann doch zu eintönig und zum Ausraten im Pit lädt es mich dann doch nicht ein. Immerhin gab es sogar die schamanischen Ausflüge aus den Anfangstagen der Band und brachten zumindest ein wenig "Wald-Gefühl" auf.
Den Publikumsreaktionen nach konnte man meinen, den Headliner schon gesehen zu haben, die Pit-Action und die Crowdsurfer nahmen schon größere Formen an. Mal schauen, ob ENSIFERUM ihrem Hauptband-Status gerecht werden konnten.
(Brix)

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Auch wenn sich die Garage nach KORPIKLAANI beängstigend leerte (Flüssigkeitsausgleich und Raucher-Vorraum sei Dank), waren zu ENSIFERUM wieder so gut wie alle zurück. Bis auf ein paar Songs bin ich mit dem schwert-tragenden Fünfer aus (woher wohl?) Finnland nie so recht warm geworden. Die Verbindung von Power Metal mit Schlachtgesang und Kreisch-Vocals war mir in Album-Länge immer zu öde. Immerhin haben Burschen ein paar richtig gute Songs, die natürlich alle ihren Weg in die Setlist gefunden haben: "Token of Time", "One more magic Potion" , "Hero in a Dream" sind wirklich gute Stücke, keine Frage. Aber auf Dauer wiederum sind mir auch ENSIFERUM zu gleichförmig und ein wenig ausgelutscht. Ausserdem kam es mir vor, als ob seitens der Band irgendwie nie so wirklich Spontanität oder richtige Spielfreude aufkommen könnte. Das wirkte mir ein wenig ZU routiniert. Dass sich während der Vorbands oder nach Ende des Abends  keiner der Band am Merch oder in der Halle blicken ließ (entgegen aller anderer Bands!) spricht für mich Bände.
A propos Merch: Da wird im Moment scheinbar der große Reibach gemacht. Shirts ab 20 € empfinden die Kids wohl als normal. Man muss die Kuh halt ausschlachten, solange es geht.

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Alles in allem wieder so ein Abend, wo ich mich sehr zwiegespalten fühlte. Wie viele der trendbewussten Kids haben wirklich verstanden, worum es im Heidentum geht? Angesichts der johlenden und feiernden Menge wohl kaum einer. Ich bin bestimmt keiner, der sich als "Heide" bezeichnet und alte Religionen verehrt, Met säuft und sich damit "anders" als der Rest verhalten will.
Aber wenn man schon einem Trend in dem Sinne folgt, sollte man sich doch ein wenig mit der Materie auskennen und nicht die Mucke für Feierwut und Saufen missbrauchen. Da reicht es noch lange nicht, ein schickes Trinkhorn, nen Odin-Hammer und ein Lederarmband zu tragen.

(Brix)

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