Uriah Heep (14.09.2022, Luxemburg)

20220914 UriahHeep 00 UriahHeepDem Lockdown war es geschuldet, dass die Urgesteine des Hardrocks, URIAH HEEP, ihre Tour zum 50-jährigen Bandjubiläum auf das Jahr 2022 verschieben musste. Mitbegründer Mick Box hatte deshalb um so mehr vor: Anlässlich der viermonatigen Europatournee, die 61 Konzerte in 28 Länder umfasst, war heute die „Rockband der ersten Stunde“ zu Gast in der Rockhal in Luxemburg. Und die Legenden waren jugendlich frisch in Rocklaune, nach dem Motto, „vom Lockdown zum Rockdown“.

 

 

 

 

 

 

 

Im bestuhlten kleinen Saal der Rockhal fanden sich die ca. 200 Gäste im zumeist fortgeschrittenen Alter ein, während nebenan in der Main-Hall „HELLOWEEN und HAMMERFALL“ ihren Auftritt hatten. Aber ich hätte auf keinen Fall tauschen wollen, denn ein legendäres Konzert für die wenigen Auserlesenen erwartete die URIAH HEEP Fans; eine einzigartige Zeitreise durch die unglaubliche Bandgeschichte.

Endlich mal ohne lästige Support-Band beginnt eine Videoeinspielung, in der alle namhaften Rockgrößen, z.B. JUDAS PRIEST, DEF LEPPARD, IRON MAIDEN, KISS, ALICE COOPER, BLUE ÖYSTER CULT, JETHRO TULL und viele viele andere Künstler den Protagonisten zu ihrem 50-jährigen Jubiläum gratulieren und deren Bedeutung für die Rockmusik huldigen.

Dann erscheinen Mick Box, Bernie Shaw, Phil Lanzon, Russel Gilbrook und Davey Rimmer und nehmen ihren Platz auf bereitgestellten Hockern direkt am Bühnenrand ein, absolut puristisch. Bestens gelaunt begrüßt Bernie Shaw das Publikum in französischer Sprache und erklärt, dass sich das heutige Konzert von anderen unterscheiden wird.

Und Set 1 beginnt, akustisch und essenziell, mit Songs, die URIAH HEEP mittlerweile kaum noch live darbieten, da im Laufe der Jahre der progressive Ansatz doch immer mehr dem straighten Hardrock gewichen ist. „Circus“ vom 73er „Sweet Freedom“-Album und das melancholische Tales vom legendären „The Magician`s Birthday“-Longplayer sind Einsteiger, die zum wirklichen Zuhören animieren. Nach den zwei Songs ist bereits klar, warum Bernie Shaw mittlerweile über 35 Jahre Sänger dieser großartigen Band ist. „Unplugged“ zeigt sich seine klare, herausragende Stimme in voller facettenreicher Stärke. Und heute muss sich der Kanadier, der immer noch die dünner gewordenen, schneeweißen Haare fliegen lässt, wohl endlich nicht mehr mit dem Original-Ausnahmesänger David Byron vergleichen lassen. Natürlich konnte niemand die elegischen „Heep-Balladen“ in der extremen Falsett-Lage singen, aber das ist halt auch fast 50 Jahre her und würde Byron noch leben, hätte er wahrscheinlich, ähnlich wie Ian Gillan, die Stimmgewalt der Jugend längst eingebüßt. Nein, Bernie Shaw ist fantastisch. Leise und harmonisch ist die Band integriert, Mick Box spielt seine Akustik-Gitarren entspannt, Phil Lanzon spielt zumeist Klavier und reduziert Syntie-Klänge, Drums und Bass unterstützen gedämpft.

Mick Box holt das Publikum zum ersten Mal erfolgreich mit „Free Me“ vomvon den Stühlen, um es dann aber erneut zum Zuhören zu bewegen. „Come Away Melinda“, „Waters Flowin“, dem bis dahin einzigen jüngeren Song vom „Living The Dream“-Album, und vor vor allem das melancholische, äußerst selten gespielte und eigentlich sehr auf Byron zugeschnittene „Rain“ von 1972, sorgen für ergebene Stille und Demut bei den Zuhörern. Damit ist es dann aber auch vorbei, denn bei dem tollen Medley „The Wizard/Paradise/Circle Of Hands“ ist das Publikum wieder voll dabei. Der Nummer 1 Hit, „Lady In Black“ , beschließt dann nach knapp einer Stunde das grandiose akustische Set. Die Besucher sind ausnahmslos stehend im Freudentaumel und singen den Refrain noch minutenlang als die Band schon die Bühne verlassen hat.

Nach 30 Minuten Pause leitet erneut ein Video über die Historie der Band mit allen großen Momenten, Ausschnitten von randvollen Stadien in den Siebzigern, verstorbenen Bandmitgliedern wie eben David Byron, Gary Thain, dem unvergleichlichen Ken Hensley oder Lee Kerlake, das zweite, „elekrische“, Set ein. Von Anbeginn bis zum Schluss heißt das auch fürs Publikum: Nichts mehr mit hinsetzen. Hier beginnt ein knallhartes, hochenergetisches Hardrock-Konzert mit einem mitreißenden Entertainer Bernie Shaw, einem perfektionistischen, die schwarze Les Paul in die entlegendsten Sphären führenden Mick Box, einem Keyboarder der den perfekten Hammond-Orgel und Synthie-Sound („Sweet Lorraine“) erzeugt, dem kraftvollen Drummer Gilbrook, der permanenten Druck macht und dem coolen „jungen“ Bassisten (53 Jahre) Rimmer, der die langen, noch schwarzen Haare ständig kreisen lässt

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Die jüngeren Songs die „What Kind Of God“, „Beetween Two Worlds“ oder „Too Scared To Run“ kommen klasse aber die Highlights sind die vom älteren Publikum frenetisch gefeierten Songs der erfolgreichsten Phase der Band. Damit feiern wohl die meisten auch die vergangene eigene Jugend. Und diese Perlen bringt Bernie Shaw mit einer Inbrunst dar, die klar macht, dass der Shouter perfekt in jedem Song lebt. „Stealin“ und „Sunrise“ sind sensationell aber bei „July Morning“ ist der Perfektionismus, gepaart mit dem verspielten Syntesizer-Klanggewand und der brachialen Gitarre von Mick Box, kaum mehr zu überbieten. Shaw katapultiert sich bei „Traveller In Time“, vom 72er „Demons And Wizards“-Album, in höchste Tonlagen und bringt die Lässigkeit des Blues in das ursprünglich von John Lawton gesungene „Free N Easy“. Nach dem kürzesten Stück, dem legendären „Easy Livin“, endet ein Konzert mit nicht endendem Applaus, dass ich, der tatsächlich zu jung ist, um David Byron erlebt zu haben (aber John Lawton), mit Glücksgefühlen niemals vergessen werde und den übrigen Besuchern wird es ähnlich ergangen sein.

Wir haben keine Rockveteranen gesehen, die sich im Legendenstatus sonnen, sondern eine jugendlich frische Band, die für ihre Musik lebt und alles gibt, auch wenn sich nur 200 Zuhörer im Saal befinden. In dieser intimen Clubatmosphäre, ohne Overdubs und Playback, wuchsen Band und Publikum zu einer Einheit zusammen. Und der berühmte Chorgesang, die exzellenten Melodien und die Fähigkeiten der Musiker machen URIAH HEEP auch heute noch zu einer richtungsweisenden Band. (Bernd Eberlein)

 

Setlist:

Set 1: Acoustic Show
Circus
Tales
Free Me
Come Away Melinda
Waters Flowing
Confession/Rain
The Wizard/Paradise/Circle Of Hands
Lady In Black

Set 2: Electric Show
Against The Odds
Hanging Tree
Beetween Two Worlds
What Kind Of God
Stealin`
Too Scared To Run
Sweet Lorraine
Return To Fantasy
Sunrise
Gypsy
Free & Easy
July Morning
Grazed By Heaven
Easy Livin

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(Fotos: Bernd)

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