Letzten Herbst hatte ich ja noch Hoffnung, dass es mit den Konzerten endlich wieder los geht. Ich war dann auch tatsächlich noch auf relativen vielen Veranstaltungen, diversen Festivals drinnen und draußen und auch auf Konzerten. Das letzte Konzert habe ich am 08.12. besucht. Dann war mal wieder Schicht im Schacht und Deutschland und Europa wurde von der Omikronwelle überrollt. Täglich grüßt das Murmeltier. Da war die Reise auf die Färöer, die bis dahin von Corona immer weitestgehend verschont geblieben waren, schon geplant. Doch Omikron machte für die Färöer keine Ausnahme und überrollte die Inseln dermaßen, dass sie teilweise die weltweit höchste Inzidenz aufwiesen. Auch auf den Färöern wurden – mal wieder – alle Veranstaltungen abgesagt. Lange Zeit war nicht klar, ob das geplante Konzert überhaupt würde stattfinden können – dann gab es endlich Entwarnung. Die Färöer lockern – trotz hoher Fallzahlen – und das Konzert kann stattfinden. So habe ich erst knapp drei Wochen vorher überhaupt gebucht – und etwas mulmig war mir dennoch.
Doch das soll jetzt alles vergessen sein, denn hier soll es ja in erster Linie um das Konzert gehen. TÝR haben zum großen Jubiläumskonzert geladen, gefeiert wird der 20. Geburtstag des ersten Albums. Zu diesem Anlass sind die üblichen Verdächtigen (= Bekloppten) aus ganz Europa angereist, die sich zum großen Teil schon seit Jahren kennen, da man sich ja immer wieder über den Weg läuft. Es gibt aber auch so einige auswärtige Gäste, die ich nicht kenne (und die sich auch nicht zu erkennen geben). Sogar aus den USA sind einige Leute angereist. Und einige Pechvögel haben es aufgrund des schlechten Wetters und abgesagter Flüge leider nicht auf die Inseln geschafft. Schade für diejenigen. Wir haben zum Glück mit genügend Vorlaufzeit geplant, so dass unser verschobener Flug, der auch erst mal wieder nach Bergen abdrehen musste, uns nicht aus der Bahn wirft.
Bei einem Konzert, das speziell einem bestimmten Album gewidmet ist, würde man eigentlich erwarten, dass das dann auch in Gänze gespielt wird. Wird es aber leider nicht, das ist aber schon im Vorfeld bekannt. Das kann ich jetzt nicht wirklich verstehen, denn ich würde viele dieser Songs wirklich nochmal gerne live hören. Nun ja. Aber dafür hat man sich allerlei Gäste eingeladen, um diesen Geburtstag gebührend zu feiern. Fast alle ehemaligen färöischen Bandmitglieder sind vor Ort, um den ein oder anderen Song mit dem Vierer zu spielen.
Den Auftakt macht Terji Skibenæs, langjähriger Gitarrist, der schon zum Intro „Hel’s Prelude“ auf die Bühne muss, da es dann sofort mit dem von ihm geschriebenen „Blood Of Heroes“ weiter geht. Sänger Heri Joensen, der heute offensichtlich einen Clown gefrühstückt hat, meint dazu, dass sie ganz offensichtlich aus Gewohnheit den falschen Gitarristen mitgebracht haben, den sie jetzt ganz schnell gegen den „richtigen“ austauschen müssen und so kommt Hans Hammer auf die Bühne, der seit letztem Jahr das neueste und jüngste Bandmitglied ist.
Eine große Überraschung gibt es in der Setlist zunächst nicht, es wird eher das übliche Konzertprogramm runtergespult, vom Publikum, dem es nach großen Liveveranstaltungen dürstet, aber trotzdem abgefeiert. Auf den Färöern bekommt man TÝR ja gar nicht mal so oft zu sehen. Aprospos dürsten: Wir dachten ja, wir seien schlau und haben uns eine Unterkunft in der Nähe der Veranstaltungshalle gemietet, so dass wir nach dem Konzert nicht mehr Auto fahren müssen. Was wir dabei nicht bedacht haben: Runavík liegt im färöischen Bible Belt – und hier wird die Moral noch hoch gehalten. Kein Alkohol für Menschen, die böse Musik hören. Doch nicht nur das – es gibt überhaupt nichts zu trinken. Die meisten Färinger wissen das und haben sich ihre Getränke einfach selbst mitgebracht…wir sitzen auf dem Trockenen. Zumindest Wasser hätte man ja vielleicht mal anbieten können. Aber gut, wer kein Geld verdienen will…
Egal, weiter im Programm: Zu „Gates Of Hel“ kommt Terji noch einmal auf die Bühne und man hat den Eindruck, dass Bassist Gunnar Thomsen daran von allen am meisten Spaß hat. Dann geht es mit den Gästen Schlag auf Schlag. Zu „Hail To The Hammer“ nimmt Gründungsmitglied Kári Streymoy, der seit fast 10 Jahren keinen Auftritt mehr mit der Band hatte, hinter dem Drumkit Platz (er kann es noch! Und wie!) und auch Pól Arni Holm, Sänger auf den ersten Album, kommt auf die Bühne. Das sorgt bei dem ein oder anderen langjährigen Fan für ordentlich Gänsehaut, denn hier steht nun quasi die Urbesetzung der Band wieder gemeinsam auf der Bühne. Dass man das erleben darf, das ist schon ein ganz besonderer Moment. Dass hier nicht alles reibungslos klappt – geschenkt.
Deutlich besser klappt das alles bei „Ormurin Langi“, dem Song, mit dem TÝR seinerzeit auf den Färöern und Island groß geworden sind, und den man außerhalb eigentlich nie zu hören bekommt. Und hier auf den Inseln ist dann ja immer Pól Arni mit am Start – „Ormurin Langi“ ohne ihn? Unvorstellbar. Für mich persönlich wird die Setlist jetzt immer besser. Sowohl „Regin Smiður“ als auch „Ramund Hin Unge“ gehörten von Anfang an zu meinen Lieblingssongs. Und „Sinklars Vísa“ steht ja auch ganz vorne in dieser Reihe. Hier gibt es auch wieder einen Gast: Amon Djurhuus setzt sich hinter die Drums, er war von 2014 bis 2016 bei der Band. Wie alle außer Kári bleibt auch Amon für zwei Songs und nimmt auch „Shadow Of The Swastika“ noch mit.
Dann gibt es mit „How Far To Asgaard“ die erste wirkliche Überraschung. Abgesehen von der enttäuschenden Ankündigung, nur drei Songs vom Debütalbum spielen zu wollen, waren zwei von drei Stücken ja auch sofort klar. „Ormurin Langi“ und „Hail To The Hammer“ dürfen ja auf keiner Show, vor allem keiner einheimischen, fehlen. Da ist dieses Stück dann im Grunde die einzige Überraschung des Abends und definitiv eines der Highlights. Was man von den meisten der übrigen Songs nicht sagen kann, denn sowohl „By The Sword In My Hand“ also auch „Hold The Heathen Hammer High“ gehören nun eher nicht zu meinen Lieblingssongs. Aber egal, dem Publikum gefällt es und sofort wird von der ausverkauften Halle noch eine Zugabe gefordert.
Alles in allem war dies ein toller Abend, bei dem man richtig Mühen in den Bühnenaufbau gesteckt, der aber eben vor allem von seinen Gästen gelebt hat. Ein Wiedersehen mit all den alten Weggefährten war nicht nur für die Bandmitglieder, sondern ganz besonders für die Zuschauer etwas richtig Schönes. Da konnte man noch einmal für einen kurzen Moment in alten Zeiten schwelgen. Womit wir auch schon wieder beim Thema wären, den von den alten Zeiten hätte ich gerne mehr gehabt. Wenn man das Konzert schon mit Jubiläumskonzert zu einem Album bewirbt, dann sollte man dieses Album in der Setlist auch entsprechend würdigen und mehr als nur drei Songs spielen. „How Far To Asgaard“ hat doch so viele tolle Songs. Wie wäre es mit „The Rune“ , „God Of War“ oder „Sand In The Wind“ gewesen? Hier hat man etwas verschenkt, finde ich. Aber naja, die Jubiläen von zwei tollen Alben stehen ja erst bevor, da hat man ja noch ein paar Jahre Zeit, um die entsprechenden Songs zu üben. Und wehe, wenn nicht! (Anne)
Setlist TÝR:
Hel’s Prelude
Blood Of Heroes
Mare Of My Night
Ragnars Kvæði
Gates Of Hel
By The Light Of The Northern Star
Tróndur Í Gøtu
Hail To The Hammer
Ormurin Langi
The Lay Of Thrym
Regin Smiður
Evening Star
Ramund Hin Unge
Sinklars Vísa
Shadow Of The Swastika
How Far To Asgaard
By The Sword In My Hand
Valkyrja
Hold The Heathen Hammer High
