Wucan + Küenring (08.10.2021, Linz (AT))

202110 wucankapu200px

Wenn der Herbsturlaub zufällig in den Zeitraum fällt, in dem eine der persönlichen Lieblingsbands eine kleine Tour macht, dann fällt es dem Fan-Gesindel natürlich nicht schwer alles so zu planen, dass man diesen einen Termin auch besuchen kann.
Und so will es der glückliche Zufall, dass WUCAN einen Auftritt in Linz, im benachbarten Österreich haben. Dass es dann auch noch im berühmten „Kapu“ stattfindet, in dem vor über dreissig Jahren schon NIRVANA einen Gig absolvierten - perfekt.

Da meine Frau und ich dann eine Woche Linz geplant haben, watscheln wir ganz gemütlich am Tag vor dem Konzert mal grob in Richtung „Kapu“. Dort angekommen treffen wir auf Tom, der mich fotografieren sieht und mir anbietet sein Auto wegzufahren, damit ich ein schöneres Bild von der Fassade machen kann. Ich lehne dankend ab, dass er sich wegen mir keine Umstände machen soll. Ich frage neugierig wo denn das Plakat vom Konzert am nächsten Tag hängt und er bittet uns in den Vorraum, wo dieses unglaubliche Kunstwerk an Konzertplakat im halbdunkel hängt. Wir hatten schon bei der Schnitzeljagd nach den Plattenläden festgestellt, dass da nirgends in Linz Konzertplakate hängen, aber sei’s drum.

Tom ist so freundlich und bietet an, uns den ganzen Laden zu zeigen und so stiefeln wir von Erdgeschoss bis unters Dach durch die „Kapu“. Da gibt es viele große Räume, Büros, ein Tonstudio, in dem schon so einige tolle Musik eingetütet wurde und eine „Schatzkammer“. In dieser Schatzkammer liegt unter anderem ein fotografisches Zeugnis des Auftritts von NIRVANA, grob eingerahmt. Bei YouTube findet man dazu ein Video.

Vollgepackt mit diesen Eindrücken, machen wir uns von dannen und freuen uns auf den kommenden Abend. 

 Als wir dann am folgenden Abend gegen 20 Uhr eintreffen, ist vor der Tür und drinnen im Gaststättenbereich schon einiges los. Draussen flackert heimelig ein Feuer in einer Tonne, in die jemand „Kapu“ reingeflext hat. Die Stimmung ist gut und ständig kommen mehr Leute. 21 Uhr soll Einlass sein und es herrscht ein herrliches Treiben. Die Veranstaltung findet nach wie vor unter Pandemie-Bedingungen statt, was in dem Fall Einlass mit „2,5G“ (PCR-getestet, geimpft, genesen) bedeutet und Voraussetzung für ein Konzert „Trommelwirbel“ wie früher im Stehen und dich beieinander schwitzend, tanzend und singend ist. Keine Rockquadrate, Punkte, Stühle! Einfach rumstehen und feiern - toll!

KÜENRING
So und in diesem bis zum Anschlag mit hungrigen Freaks gefüllten Konzertraum legt dann recht pünktlich KÜENRING los, die schon zu oft gesehenen aber dennoch beliebten Niederösterreicher spielen eine Mischung aus NWOBHM und Hardrock, haben ihr neues Album „Neon Nights“ dabei und anscheinend auch geübt - also vor allem Fäuste in die Luft recken, haha. Spass beiseite, hier wird leidenschaftlich gerockt und das SCORPIONS-Shirt von Sänger und Basser Stefan zeigt nicht umsonst „Savage Amusement“. Ich kenne zwar die Songs nicht, aber der Sound geht gut in Ohr und Nacken.Tolle Truppe, die sollte ich mal im Auge behalten! Die Leute gehen enthusiastisch mit und ich rette mich mit meiner Fotografiererei nach hinten. Nach einer guten Stunde schliesst KÜENRING unter großem Gejubel des Publikums ihr Set ab und wünscht viel Spass mit WUCAN.

 

live 20211008 0101 kuenringlive 20211008 0102 kuenring

WUCAN
WUCAN stehen wie gewohnt schon bereit die Bühne für ihren Gig vorzubereiten. Es wird geschraubt, verkabelt sowie mit Desinfektionsspray und Jägermeister von innen und aussen (und umgekehrt) desinfiziert. 

Ohne lange zu fackeln jammen sich WUCAN in ihren ersten Song „Kill (the King?)“. Es grooved, rockt und fetzt. Die Nebelmaschine setzt ein („ist ganz neu“, „bloß auf Stufe eins“) und lässt den anstehenden Herbst erahnen („hust…“). Nach einer fetzigen Version von „Father Storm“ kommt für mich überraschend mit „Looking in the Past“ nochmal ein älteres Stück, was mich sehr freut.

Anschliessend wird ein neuer Song von vier (oder sogar fünf?) namens „Don’t Break The Oath“ präsentiert - eine lupenreine Heavy Metal-Nummer, die Menge johlt und tobt. Francis’ Stimme ist heute Abend top in Form. Manchmal vor Enthusiasmus auch mal „over the top“, aber das macht nix und fällt vermutlich bloß mir auf. Es folgt das schon öfters bei WUCAN gehörte Cover der systemkritischen DDR-Gruppe RENFT (die Band wurde 1975 verboten) „Zwischen Liebe und Zorn“, bei dem Gitarrist Tim ebenfalls am Gesang beteiligt ist. Die Nummer passt wie Faust auf’s Auge zu WUCAN. Darauf folgt das Stück „Fette Deutsche“, welches wohl auch auf dem neuen Album landet. Eventuell verstehe ich den Text dann dort. Fakt ist, der Song ist hart und wütend und hat selbstverständlich Flöte drin.

live 20211008 0201 wucanlive 20211008 0202 wucan

Nach dem schon bekannten Song „Night To Fall“ kommt die aktuelle Veröffentlichung „Far And Beyond“ bevor es mit „Wandersmann“ auf eine gut zwanzig-minütige Seelenreise geht. Immer wieder gut, denn da ist einfach alles an Sound drin, was WUCAN zu bieten hat.
Die Menge johlt und fordert eine Zugabe und bekommt das unvermeidliche „Am I Evil“ um die Ohren gehauen. Da gäbe es doch auch noch die ein oder andere Nummer, die auch zum Set von WUCAN passen würde, meinen kritische Stimmen. Vielleicht sollte man das per Volksentscheid herausfinden - haha.

Wie auch immer, nach dem Gig torkeln die Leute beseelt oder betrunken aus dem Konzertraum und ich habe das Gefühl es hätte besser nicht sein können. Die lange Konzertpause tat jedem Konzertgänger weh. Solche Veranstaltungen sind für die Szene einfach der Boden, auf dem diese Musik wächst.
Ich freue mich jetzt jedenfalls auf das neue Album von WUCAN, an dem die Band nach wie vor feilt und welches im nächsten Jahr erscheinen wird. Bis dahin wird sich die Konzertszene sicherlich soweit stabilisiert haben, dass WUCAN ihre neuen Songs im angemessenen Rahmen präsentieren können. (Andreas)

 

(Fotos: Andreas)

Kategorie: Konzerte