Auch wenn der Motor langsam wieder anzulaufen scheint, stehen Live-Konzerte nach wie vor auf der Liste der schmerzlich vermissten Dinge eines jeden Musikliebhabers. Die RIVAL SONS haben sich zum Ausgleich nun dazu hingegeben, im altehrwürdigen “Catalina Casino” zwei Shows aufzunehmen und diese Aufnahmen live über die Plattform Veeps zu übertragen.

Neben der besonderen Location hat die Band auch die Setlist zu etwas Besonderem gemacht. Passend zu den Re-Releases ihrer vergriffenen ersten beiden Scheiben (Debütalbum “Before The Fire” und der selbstbetitelten EP) über das nun eigene Plattenlabel Sacred Tongue Records, wurden genau diese beiden Platten in ihrer Vollständigkeit zelebriert.

Night 1: Pair of Aces: Live from the Historic Catalina Casino - "Before The Fire"

Der erste Abend steht voll und ganz im Zeichen von “Before The Fire” und der hat es in sich, denn die RIVAL SONS sind wahrhaftig “On Fire”. Der Gitarrensound von Scott Holiday kommt in bester Page-Fuzz-Manier daher und startet “Tell Me Something” in ungeahnter Klasse. Sänger Jay Buchanan ist wahnsinnig gut bei Stimme, was sehr viel Vorfreude auf das ziemlich wahrscheinliche neue Album erzeugt. Denn Songs geschrieben hat der Gute in der Zwangspause von Live-Konzerten definitiv. Obwohl der Livestream keineswegs das Live-Erlebnis eines Konzertes ersetzen kann, ist die Atmosphäre dennoch besonders. Nicht ohne Grund hat sich die Band diese Location ausgesucht. In der Mitte des Raumes aufgestellt kommt eine ziemlich heimische und gemütliche Atmosphäre auf, die einen nah bei der Band wirken lässt.

Die Schnitte sind zwar häufig, aber nicht zu hektisch, was das Konzert gut einfängt und die einzelnen Songs glänzen lässt. Regisseur, Cutter und die Kamera-Leute haben hier in jedem Fall gute Arbeit geleistet und meine größte Sorge an das Projekt war unberechtigt. Denn zu viel Schnitt-Hektik kann die beste Liveaufnahme völlig zerstören.

Es ist schön zu sehen, wie die Band ihre Frühphase nochmal aufleben lässt und neu dazu gewonnene Akzente setzt. Zu 100% wie damals auf Platte klingt diese Aufnahme nämlich nicht, und somit entwickelt die strenge Setlist einen ganz eigenen Charme. Die Band zeigt sich spielfreudig und harmoniert sehr gut miteinander. Natürlich wird das Verlustgefühl des Live-Erlebnisses dadurch nicht besser, aber insgesamt baut mich das Live-Video eher auf und erzeugt Vorfreude auf hoffentlich bald wieder stattfindende Konzerte. Noch nie hab ich mich mehr auf Bier im Plastikbecher gefreut wie derzeit.

Die Setlist lässt natürlich wenig Überraschungen offen und die Band explodiert förmlich mit dem Abschluss “Nanda-Nandana”. Es fühlt sich falsch an noch weitere Stücke herauszustellen, denn insgesamt ist “Before The Fire” eine runde Sache und jeder Song ist großartig. Zumal die Band sich hier und da der Musik völlig hingibt, so spielt sie unter anderem auch eine ureigene Version des Klassikers “Baby Please Don’t Go”, die völlig aus dem Nichts erscheint. Ein sehr gelungener erster Abend, der mir einmal mehr vor Augen hält, wie stark diese Band bereits in ihren Anfangstagen war.

Setlist Night 1 "Before The Fire": 

Tell Me Something
Lucky Girl
Memphis Sun
Angel
Pocketful Of Stones
The Man Who Wasn't There
Pleasant Return
On My Way
I Want More
Flames Of Lanka
Nanda-Nandana

Night 2: Pair of Aces: Live from the Historic Catalina Casino - "Rival Sons"

Als ich erfuhr, dass die selbstbetitelte EP in ihrer Vollständigkeit gespielt wird, hob es mich nicht ohne Grund aus den Socken. Hier war sofort klar, dass die Band sehr viel Spielraum hat, was Jams angeht. Und genau dies ist letzten Endes auch der Fall. Diesmal positioniert sich die Band nicht inmitten eines Raumes, sondern klassisch auf einer Bühne. Diese ist passend ausgeleuchtet und auch hier leistet das Aufnahme-Team ganze Arbeit. Technisch gibt es erneut nichts auszusetzen.

Die Band spielt sehr tight und der zweite Stream entwickelt sich schnell zu meinem Favoriten. Was mich persönlich nicht weiter verwundert, denn mit der EP und allen voran mit “Torture” hat meine Liebe zu den RIVAL SONS begonnen. Mehr als einmal fühlt es sich bei diesem Konzert so an, als würde die Band das Luftschiff nochmal fliegen lassen (wie es ein Kollege einst gekonnt ausdrückte). Dabei verliert sich die Band aber nicht in zu langen und ausufernden Jams, sondern kommt immer absolut auf den Punkt. Mit sehr viel Leidenschaft spielt die Band die sechs Songs in jeweils längeren Fassungen, wobei die Setlist minimal umgestellt wird. “Sacred Tongue” wird am Schluss zunächst akustisch inszeniert mit Aufnahmen des wunderschönen Catalina Islands. So endet der zweite Mitschnitt sehr gefühlvoll und ist erneut großartig inszeniert. Etwas, dass die RIVAL SONS inzwischen sehr gut können und gelernt haben zusammen mit ihrer Musik zu nutzen. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Live-Kritiken, bei denen der Band vorgeworfen wurde, sie wüssten die Bühne nicht so recht für sich zu nutzen. Jeder, der dies einst kritisierte, kann sich hier nun vom Gegenteil überzeugen lassen.

Beide Livestreams haben mir genau das gegeben, was ich derzeit so schmerzlich vermisse. Ich kann die hoffentlich bald anstehende Europa-Tour gar nicht mehr erwarten, ganz zu schweigen von einem neuen Album. Die Band hat sich stets weiterentwickelt und bietet so viel Dynamik in ihrer Musik wie kaum eine andere. Auch das wird bei diesen beiden Mitschnitten mehr als deutlich. Die Songs werden nicht einfach nur spröde runtergerattert, hier wird noch viel improvisiert und die Band zelebriert ihre Musik. So wie es eigentlich sein sollte. “Pair Of Aces” für mich ein voller Erfolg, hoffentlich erscheint der Mitschnitt irgendwann auf Blu-Ray oder DVD, es wäre sehr schade, wenn es bei dieser digitalen Veröffentlichung bleiben würde oder der exklusiv während des Streams verkauften Vinyl-Mitschnitte. (Pascal)

Setlist Night 2 "Rival Sons":

Get What's Coming
Torture
Radio
Sleepwalker
Soul
Sacred Tongue (Akustik)

(Fotos: Veeps-Livestream Screenshots )