Fish + Doris Brendel (14.11.2018, Saarbrücken)

fish touflyerIrgendwie scheint der schottische Hüne bei seinem eigenen Bühnenabschied zu spät zu kommen, denn der zieht sich länger hinaus als gedacht, was seine Fans erfreuen dürfte. Das letzte Album "Weltschmerz" lässt immer noch auf sich warten, als Appetithäppchen gab es schon mal die EP "A Parley With Angels" und weitere Konzertreisen sind angekündigt. Schließlich will so etwas irgendwo gefeiert werden und im nächsten Jahr hat sein Debüt dreißigstes Jubiläum. Auf der laufenden Tournee ist es mit "Clutching At Straws" das letzte MARILLION-Album, dass zu solchen Ehren kommt und entsprechend die Setlist füllt. Man darf ohnehin gespannt sein, wie lange es FISH letztendlich wirklich auf den Brettern hält, welche die Welt bedeuten, zumal er mit seiner Truppe schon lange unterwegs ist. Saarbrücken war das 38ste Konzert in 44 Tagen und NECKBREAKER war für Euch vor Ort, wo DORIS BRENDEL das Vorprogramm bestritt.

DORIS BRENDEL
Mit der Dame hatte ich bereits zu Jahresbeginn das Vergnügen, als sie mit ihrer Band WISHBONE ASH supportete. Gerade zu jenen beiden Truppen scheint sie eine besondere Beziehung zu haben, ist sie doch öfter mit ihnen unterwegs, und hat obendrein auf den jüngsten FISH-Aufnahmen die Backing Vocals eingesungen. Solo setzt sie auf ihre bewährte Band, in der Gitarrist Lee Dunham ihrer wichtigster Partner ist, und vor allem auf Songs ihrer beide letzten beiden Alben "Upside Down World" und "Eclectica".
Der Titel des aktuellen Longplayers beschreibt auch ungefähr die Musik, denn so richtig einordnen kann man das nicht, vieles ist in der Neoklassik beheimatet, was vielleicht auf die musikalische Vergangenheit ihres Vaters zurück zu führen ist. Folk mischt sich auch viel mit ein, was vor allem bei den Passagen durchscheint, in denen Brendel die Flöte auspackt. Die Vielzahl der Klangfarben war schon interessant, bereits der Opener "Losing It" überzeugte mit Vielschichtigkeit und ein paar Wechseln.

Doch die Freude am Experiment machte die Songs weniger griffig, obwohl alles sehr melodisch gehalten wurde, ein wenig mehr Durchschlagskraft hätte nicht geschadet. Am stärksten kam da noch das ihrer Mutter gewidmete "The Last Adventure" mit seinem eruptiven Refrain. Hier packte Dunham wie desöfteren die Klampfe aus, während er an der Elektrischen auch gerne mal mehr Gas gegeben hätte. Bei manchen Soli oder kleinen Riffs schien es schon, als ob er gerne von der Kette gelassen werden würde. Ebenso bemerkenswert war auch das getragene "A Little Act Of Defiance", in dem Bassist Hugh Mackintosh über einen E-Kontrasbass strich. Und das Drumgewitter am Ende mit "The One" sorgte schon im Ducsaal für ordentliche Stimmung wobei die Formation die Menge richtig anfeuerte.

Optisch haben die Fünf ebenso einiges zu bieten, ihr Outfit ist stark im Steam Punk verwurzelt, wenn auch mit einer dezenten Schlagseite zum eher viktorianischen Stil. Hüte und Brillen waren eher edel und nicht ganz so Mad Max-artig wie vieles in dem Stil, die Einheitlichkeit und die vielen Details machten wirklich etwas her. Das Kostüm der guten Doris war sehr raffiniert gestaltet, eine Mischung aus Schnallenoberteil, Rüschenrock und verzierten Leggins, dazu kniehohe Stiefel.
Mit ihren stechenden Augen war sie ohnehin eine auffällige Erscheinung, die oft selig lächelte, wenn sie sich im Klang ihrer Kompositionen wiegte. Oft kam ihr langjähriger Partner zu ihr über, um die Stücke gemeinsam zu zelebrieren, ab und an gab sie aber auch die Bühne für Dunham und Mackintosh zum Posen frei. Damit konnte man das Publikum schon ein wenig aus der Reserve locken, die Bühnenfreiheit, die man Anfang des Jahres nicht hatte, konnten die Musiker hier nutzen.

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FISH
Ein wenig seltsam kam einem das Bühnenbild schon vor, als das Licht ausging, eigentlich ging man davon aus, dass Schlagzeug und Keyboards noch etwas in die Mitte geräumt werden. Doch der Mann wollte seinen Fans einen ungehinderten Blick auf die Projektionen im Hintergrund bieten. Überhaupt war er sehr darauf bedacht, dass alle einen guten Blick hatten, denn bereits nach zwei Songs wurden Photographen streng ermahnt, ihre Kameras unten zu halten. Ohne die Bewegung im fehlenden Photograben keine leichte Aufgabe für die Knipser, doch der Schotte stellt sich seine eigenen Shows sehr genau vor. Das gilt auch für etwaige Störer während seinen Ansagen, die wiederum ihre eigene Ansage bekamen.

Die erste musikalische Ansage kam indes vom letzten MARILLION-Album mit seiner Mitwirkung, jener Trinkspruch, der dem Titel seinen Namen gab erschallte wie schon zu Beginn vieler Konzerte. Wobei der gute Tropfen aber während des Gigs brav im Schrank blieb, ebenso wie der Pali. Ersteres wohl weil der Mann gesundheitlich nicht mehr in bester Verfassung ist, Zweiteres weil er auf sein Outfit im Gegensatz zur Vorband wenig Wert legte. So kam er herrlich uneitel rüber, ihm war es egal, ob sein geblümtes Hemd öfter mal hoch rutschte und den etwas rundlichen Bauch freilegte, er konnte auch so von seiner Ausstrahlung zehren, mit der er die Bühne füllte.

Stimmlich hat er ebenso gelitten, die hohen Töne schaffte er nicht mehr, doch von der Eindringlichkeit hatte er wenig eingebüßt. Und eindringlich war auch der Songreigen an dem Abend, denn stilistisch knüpft "Weltschmerz" an "Clutching At Straws" an, schöne Songs mit weit weniger schönen Inhalten. FISH zelebrierte dies in seiner unnachahmlichen Art, beim ersten Song des kommenden Albums ging er an einem Stock über die Bühne, hob diesen immer wieder drohend an, oder auch so als wolle er uns den Weg zeigen. Er war der unbestrittene Mittelpunkt der Show, während seine Mitmusiker vom Stageacting recht blass blieben und in ihr Spiel vertieft auf ihren Positionen verharrten.

Ob mahnend oder flehend, ob flüsternd oder mit Inbrunst, seine wenig salbungsvollen Lyrics verpackte er immer wieder in die richtigen Töne, damit sie bei den Zuhörern ihre Wirkung entfalten. Seine Gestik dazu war oft ein wenig schräg, was aber sehr gut zu seiner etwas kauzigen Art passte, ein gewisses Augenzwinkern war ebenso nicht zu verleugnen. Denn auch wenn er bei seinen Ansagen gerne mal den Zustand der Welt thematisierte, so wusste er stets, dass er sein Publikum auch zu unterhalten hatte. Witzige Anekdoten und spontane Späße wechselten sich immer ab mit bedeutungsstarken Lamentos, der Frontmann fand immer die nötige Balance zwischen beiden Polen, wobei er teils minutenlang mit dem Auditorium sprach.

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Dabei mischte er die neuen Stücke, von denen eines nicht auf "A Parley With Ghosts" enthalten war mit den Tunes seines Ausstandwerkes, bei welchem er auch nicht die Songreihenfolge einhielt. Doch die bekannteste Single der Scheibe beendete bereits so viele Show, so dass sie auch wieder an das Ende befördert wurde. Sicher eine gute Position, doch mittendrin wäre auch nicht falsch gewesen, streckenweise war man schon von der Atmosphäre erdrückt, möglicherweise versuchte FISH deswegen die Stimmung verbal etwas zu erhellen.
Seine Mitstreiter legten ein starkes Fundament, wobei sich speziell Foss Patterson immer wieder mit seinem Piano - und Synthesizerspiel hervorhob. Robin Boult schaffte es leider nicht ganz die Magie der Rothery-Stücke zu erhalten, doch das erreichen nur wenige. Ein möglicher Kandidat für dessen Nachfolge in der Rockhistorie verließ uns vor zweieinhalb Jahren viel zu früh, ansonsten hätte Pjotr Grudzinski am kommenden Samstag im nahen Neunkirchen auf der Bühne gestanden. Die vier lebten vor allem von ihrem Zusammenspiel, weniger von de Einzelleistungen und arbeiteten die Arrangements der neuen Stück live noch besser heraus.
Die Backgroundvocals übernahm auch hier die gute DORIS BRENDEL, die nun ebenso schlicht gekleidet war wie die übrigen Musiker, da fiel mir noch mehr auf, dass sie gegenüber Januar ein paar Kilos verloren haben scheint. Gerade beim Schlussepos von "Clutching At Straws", welches das reguläre Set beschloss lieferte sie sich ein tolles Duell mit dem Schotten. Auf der Zielgeraden nach fast zwei Stunden kam dann mit dem einzigen Titel, der nicht von einem der zwei Platten stammte noch eine Überraschung, die dankend angenommen wurde. Mit solch tollen Liedern konnte dieses auch den Trübsal feiern, den diese versprühten. (Pfälzer)

Setlist FISH:
Slainthe Mhath
Man With A Stick
Hotel Hobbies
Warm Wet Circles
That Time Of Night (The Short Straw)
Little Man What Now
Torch Song
White Russian
Just For The Record
The C Song
Going Under
Sugar Mice
Waverly Steps
The Last Straw
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Tux On
Incommunicado

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